Sonntagsbrief zum11. Sonntag im Jahreskreis, 18. Juni

16. Juni 2023 von Luise Mayr-Hendl

Gegen den Strich

Schwestern und Brüder!
Christus ist, als wir noch schwach waren, für die zu dieser Zeit noch Gottlosen gestorben. Dabei wird nur schwerlich jemand für einen Gerechten sterben; vielleicht wird er jedoch für einen guten Menschen sein Leben wagen. Gott aber erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren. Nachdem wir jetzt durch sein Blut gerecht gemacht sind, werden wir durch ihn erst recht vor dem Zorn gerettet werden. Da wir mit Gott versöhnt wurden durch den Tod seines Sohnes, als wir noch Gottes Feinde waren, werden wir erst recht, nachdem wir versöhnt sind, gerettet werden durch sein Leben. Mehr noch, ebenso rühmen wir uns Gottes durch Jesus Christus, unseren Herrn, durch den wir jetzt schon die Versöhnung empfangen haben.

Röm 5, 6-11, Einheitsübersetzung

 

 

Gegen den Strich

 

So wie mir dieser Text gegen den Strich geht, möchte ich versuchen, ihn gegen den Strich zu lesen.

 

Ist Jesus, der Christus, tatsächlich für die damals noch Gottlosen gestorben? Ist er nicht eher in den Tod getrieben worden von denen, die genau zu wissen meinten, was sie Gott schuldeten? Und ist es tatsächlich Gott, der uns seine Liebe zu uns darin zeigt, dass er Jesus, unseren Christus, für uns sterben lässt?

Wie können wir durch sein Blut gerecht gemacht werden? Wie können wir durch seine Hinrichtung, sein Blutvergießen Gerechtigkeit erlangen? 

 Wie können wir versöhnt werden mit Gott durch seinen Tod?

 

Das sind Fragen, die sich mir immer wieder stellen, vor denen ich auch schon oft davon gelaufen bin, auf die ich immer wieder Antworten suche und dann doch selbst wieder nur Fragen habe. Ich versuche es mit den ersten drei Fragen.

Zunächst möchte ich anmerken, dass Jesus auf jeden Fall erst einmal gelebt haben muss. Und was für ein Leben. Mit diesem Leben hat er den Menschen die Liebe Gottes verkündet, in vielen Facetten, mit Worten und Taten, mit seinem Leben hat er Menschen bekehrt, hat sie be – geist – ert, hat er ihnen seinen Gott nahe gebracht. Mit seiner Botschaft und ihrer Wirkung missfiel er den Mächtigen, denn damit stellte er Herrschaftsstrukturen in Frage und erhöhte die Niedrigen. Er störte den faulen Frieden, auf den sich die Besatzer, die politische und die theologische Elite Israels damals eingelassen hatten. - Und Jesus wusste genau, dass er ein Störenfried war und damit ein lebensgefährliches Leben führte. Er lebte sein Leben hingebungsvoll. Bis in den Tod.

Und dann ist da noch die Frage, ob dieser Gott, den Jesus den Menschen damals und auch uns nahe gebracht hat, tatsächlich diesen Opfertod wollen konnte. Damit kann ich mich nicht abfinden. Für mich ist die Gottheit Jesu ein Gott des Lebens. Die Liebe Gottes lebt im Leben Jesu. Jesu Leben lebt in uns, wenn wir seine Botschaft ernst nehmen. Mit seinem Vor - Leben hat uns Jesus den Weg zur Erlösung, zur Lösung aus der Verstrickung in Schuld oder Lieblosigkeit gezeigt. 

 

Luise Mayr-Hendl

 

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