Sonntagsbrief zum Sonntag nach dem 6. Januar, Taufe des Herrn, 8. Januar 2017

7. Januar 2017 von Magnus Lux

Dieses ist mein geliebtes Kind

Dies ist mein geliebtes Kind © I, DavezelenkaDa kam Jesus von Galiläa an den Jordan zu Johannes, um sich von ihm taufen zu lassen. Johannes versuchte ihn davon abzuhalten und sagte: „Ich habe es nötig, von dir getauft zu werden, und du kommst zu mir?“ Jesus antwortet ihm: „Lass es zu, jetzt! Denn auf diese Weise erfüllen wir die ganze Gerechtigkeit Gottes.“ Da gab Johannes nach. Als Jesus getauft war, stieg er gleich aus dem Wasser. Und seht, die Himmel öffneten sich, und er sah die Geistkraft Gottes wie eine Taube herabschweben und auf sich kommen. Und seht, eine Stimme sprach aus den Himmeln: „Dieses ist mein geliebtes Kind, ihm gehört meine Zuneigung.“

Mt 3 13-17
Bibel in gerechter Sprache

Vor etlichen Jahren entspann sich im Unterricht einmal ein interessantes Gespräch. Es ging um die Wunder Jesu und etlichen Schüler_innen war klar: Das ist doch kein Problem! Jesus war Gottes Sohn und damit allmächtig. Meine Einlassung brachte erst einmal Verwirrung: Jesus war ein Mensch wie wir auch. Darauf: Aber die Bibel sagt doch ganz was anderes! Und da sind wir wieder einmal bei der Sprache angelangt und wie wir uns durch Sprache verständlich machen. Wenn wir davon ausgehen, dass die Menschen zur Zeit Jesu keinen anderen Draht zu Gott hatten als wir, dann müssen wir danach fragen, wie sie ihre Gottesbeziehung ausgedrückt haben. Sie sind in dem Mann aus Nazaret offenbar einem Menschen begegnet, für den die alltäglichen Ausdruckmöglichkeiten nicht genügten. Und so suchten sie danach, wie sie ihn benennen könnten, und  fanden ganz viele Begriffe, die sie aus der Heiligen Schrift schon kannten: Sohn Davids, Menschensohn, König, der neue Adam, der neue Moses und eben auch Sohn Gottes. Wenn wir Heutigen "Sohn Gottes" sagen, dann denken wir die Glaubensentwicklung der Jahrhunderte mit - und finden die Geburt Jesu trefflich im Psalm 2 vorhergesagt: Mein Sohn bist du, heute habe ich dich gezeugt. Freilich blenden wir da aus, dass dieses Wort dem König von Juda gegolten hat. Die Bibel in gerechter Sprache sagt statt "Sohn" einfach "Kind". Mit der Bezeichnung "Kind" haben wir kein Problem, sehen wir uns doch auch als "Kinder Gottes". Und doch sagt uns die Botschaft von Mattäus mehr: Die Geistkraft Gottes kam auf ihn herab und eine Stimme sprach: Dieses ist mein geliebtes Kind, ihm gehört meine Zuneigung. Gott hat Jesus sozusagen adoptiert. Und so konnte er aus diesem innigen Miteinander uns Menschen sagen und vorleben, wie Gott uns haben möchte. Hören wir eigentlich hin, was er uns zu sagen hat - oder begnügen wir uns mit dem Gewirr von hochkomplizierter Theologie und tausenden von Vorschriften im kirchlichen Gesetzbuch, die den Blick auf Jesus mehr verstellen als ihn weiten?

Magnus Lux

Bildnachweis: Dies ist mein geliebtes Kind © Von I, Davezelenka, CC BY 2.5, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=2420206

Zurück