Nicht unberührt bleiben

Am Abend dieses ersten Tages nach dem Sabbat, als die Jüngerinnen und Jünger hinter geschlossenen Türen saßen aus Angst vor der jüdischen Obrigkeit, da kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte zu ihnen: „Friede sei mit euch!“ Als er das gesagt hatte, zeigte er ihnen die Hände und die Seite. Da freuten sich die Jüngerinnen und Jünger, dass sie Jesus den Lebendigen sahen. Jesus sagte noch einmal zu ihnen: „Friede sei mit euch! Wie mich Gott gesandt hat, so sende ich euch.“ Und als er das gesagt hatte, blies er sie an und sagte ihnen: „Nehmt die heilige Geistkraft auf. Allen, denen ihr Unrecht vergebt, ist es vergeben. Allen, denen ihr dies verweigert, bleibt es.“


Aber Thomas, einer der Zwölf, der Didymos oder Zwilling genannt wurde, war nicht bei ihnen, als Jesus kam. Die anderen Jüngerinnen und Jünger sagten zu ihm: „Wir haben Jesus den Lebendigen gesehen.“ Er aber sagte zu ihnen: „Wenn ich nicht die Wunden der Nägel in seinen Händen sehe und meinen Finger in die Nägelwunden lege und mit meiner Hand in seine Seite greife, dann werde ich nicht glauben.“

Nach einer Woche saßen die Jüngerinnen und Jünger wieder drinnen und Thomas war bei ihnen. Jesus kam – die Türen waren verschlossen – und trat in ihre Mitte und sagte: „Friede sei mit euch!“ Dann sagte er zu Thomas: „Lege deinen Finger hierher und sieh meine Hände an und nimm deine Hand und greife in meine Seite und sei nicht ungläubig, sondern gläubig!“ Thomas antwortete und sagte zu ihm: „Ich verehre dich und will dir gehorchen, du bist der Lebendige, mein Gott!“ Jesus sagte zu ihm: „Weil du mich gesehen hast, glaubst du. Glücklich sind, die nicht sehen und trotzdem glauben.“ Jesus tat noch viele andere Wunderzeichen vor seinen Jüngerinnen und Jüngern, die nicht in diesem Buch aufgeschrieben sind. Dieses hier aber ist aufgeschrieben, damit ihr glaubt, dass Jesus der Messias ist, der Erwählte Gottes, und als Glaubende in seinem Namen Leben habt. 

Joh 20,19-31 Bibel in gerechter Sprache

 

Nicht unberührt bleiben

 

Der „Ungläubige Tomas“ ist u.a. das heutige Thema des Evangeliums. -- Dieser widerborstige Thomas imponiert mir mit seinem eingeklagten Rechtsanspruch, Bedingungen zu stellen, für den von ihm geforderten Glauben.- Sein Prozess zum Glauben soll, so ist sein Denken, über die Berührung der Wunden führen. 

Dieser Spur will ich folgen, sozusagen als um-gekehrte Auslegung. – Ich will diesen, von den Mit-Jüngern damals und heute, so aufmüpfig empfundenen Thomas aus der „VERURTEILUNG der Meinungen holen, die an diesem Tag in vielen Versionen über ihn geäußert werden. Als Ideal wird vermittelt: den unbewiesenen, blinden, treuen Glauben zu zeigen, ohne gesehen zu haben, berührt zu haben; ohne gerührt zu sein...etc

 

Thomas will die Wunden berühren. Klipp und klar. „sonst glaube ich nicht.“ – Ich kann jetzt schon die Umkehrung des so genannten „ungläubigen Thomas“ ´aufsagen`: Thomas klärt in mir eine Neue Wahrheit, die unbedingt zu Jesus passt: Der Pfad zum Glauben führt über das BERÜHREN der Wunden – und über das Berührt-Sein von den Verletzungen meiner Mitmenschen und Mitwelt. In unseren Tagen ist ein solcher Weg zum Glauben wichtige Priorität für die von uns zu setzenden Worte und Taten, Belehrungen oder gar Gesetze.

Heute wird der Sonntag der Barmherzigkeit gefeiert. * Der gerade verstorbene Papst Francisco wurde nicht müde, zu sagen: „GEHT AN DIE RÄNDER“. Ja, das sind die Orte der Wundmale. Ein solcher Aufbruch zum Glauben ist uns allen und der Gesamtheit der Kirchengemeinschaft einschließlich ihre „Vorsteher“ abverlangt. Es tut dem Glauben und letztendlich der Glaubwürdigkeit gut, Taten dieses Couleurs zu setzen...

 

Ich lese in dem Artikel *: „Die Werke der Barmherzigkeit führen zur Mitte des Glaubens.“ 

Das Evangelium beantwortet die Frage, wie Menschen Christus nachfolgen können:

„Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.“ – Also: GEHT AN DIE RÄNDER! Schaut hin, geratet in die Nähe der Verwundeten, lasst Euch von Ihren Lebenssituationen anrühren! – Ich sage absichtlich nicht: ´Schicksal`.

 

Wie sähe umgekehrt die gespiegelte Einforderung an uns aus: der Verfasstheit unserer Kirche gegenüber?Ich versuche eine fragende Auflistung:

 

Barmherzigkeit mit den „armseligen“ und GEIST-losen Anteilen unserer Kirche üben ?Aussteigen? Sich selbst abgrenzen? Protest üben? Austreten? Brandmarken? Sich selbst als unschuldig fühlen?

 

Oder uns in die Eigene Zeugnis-Kraft stellen? –in dem Sinne: Ja ich gehöre in diese Kirche ...lege meine Hände in ihre Wundmale...; auch in jene Wunden, die sie selbst schlägt, – durch ihre Verfasstheit und ihre oft ´in die Irre führende spirituelle Verbohrtheit`.

 

Ich möchte meine Gedanken ausrichten, auf die Kuppel der Kirche und auf Viele der in ihrer Gemeinschaft stehenden Menschen, welche nicht hinschauen mögen... Nein! ich bin nicht heilig, – doch will ich „rüstig“ bleiben, wie auch entrüstet; möchte Gerüst-Beitrag zur ´Erbauung` von Brücken sein, Brücken zwischen den Verwundeten und den Leid-Zufügenden. Ich möchte die Gnade des Glaubensweges einspuren in mein Leben: Eine Gnade, welche mit der Berührung der Wunden in der Welt, bei Menschen, Pflanzen und Tieren, in der gesamten Schöpfung, zu tun hat. – Ich lerne auf dem Weg, zu bekennen, dass auch ich von Wunden gezeichnet bin; mit Verwundungen, die bis zum heutigen Tag, nach Trost bzw. Heilung lechzen. – 

  

Gleichzeitig berühren mich die Verletzungen, die ich Anderen zugefügt habe, welche gleichfalls nach Heilung u. Versöhnung rufen; sie stehen schon allzu lange auf meiner To-Do-Liste. Besonders erkenne ich meine eigenen Wunden des Unglaubens; nämlich: ´Werke der Barmherzigkeit` in meinem Leben nicht als Auf-und Einzeichnung verwirklicht zu haben: gemäß der biblischen Aufforderung (Offb 1,9-11a.12-13.17-19 –17 ) von heute: 

„Schreib alles auf, was DU mit mir erlebt hast...und die Worte; die Dir von mir überliefert wurden...“

 

Als ich ihn sah, fiel ich wie tot zu seinen Füßen. Er legte seine Rechte auf mich und sagte: „Fürchte dich nicht! Ich bin der Erste und der Letzte und der Lebende. Ich war tot, und da! Ich bin lebendig bis in alle Ewigkeiten. Ich habe die Schlüssel des Todes und des Totenreichs. Schreib nun, was du gesehen hast und was ist und was danach geschehen wird! 

 

Schlussbemerkung: Ich habe die Worte Jesu nicht vergessen: „Glücklich die nicht sehen und doch glauben“.Dennoch habe ich keine Hemmungen, den Kommentar so zu senden. Wir haben alle noch einige Zeit, darüber NACH-zu-denken. Die Spannung ist nicht aufgehoben zwischen dem Sich-Einlassen auf die verwundete Realität und dem Vertrauen auf Jesu Wort. – Doch, davon keine Notiz zu nehmen und an der erschreckenden Realität vorbeiglauben zu wollen, wiegt schwerer als jeder Zweifel an verlangtem bzw. abgefordertem Glauben... 

 

VERFRÜHTES ALLELUJA 

Den Karfreitag 
verdrängen wir 
in unserer Angst
 
und verkünden 
breite Osterwege.

So bleibt das Alleluja,

zu früh

zu laut

zu oft

an der falschen Stelle 
gesungen,
als unbedeutende r
lauer Hauch 
unter uns
und über
 den Städten der Armen

in der Luft hängen.

 
                                 Aus: C. Orzechowski.Seine kleine Gegenwart

 

 

Und nun Euch allen. eine berührende nachösterliche Zeit.

Cristy Orzechowski

 

* Am Barmherzigkeitssonntag blickt die römisch-katholische Kirche auf den auferstandenen Jesus Christus, der in seinem Tod und seiner Auferstehung Sünde und Tod besiegt hat. Seine Wundmale sind das bleibende Zeichen seiner Liebe, die er uns in seiner Barmherzigkeit geschenkt hat. Im gekreuzigten und auferstanden Herrn scheint uns daher die Barmherzigkeit Gottes auf. Webseite EB KÖLN https://www.erzbistum-koeln.de/presse_und_medien/magazin/Der-Sonntag-der-goettlichen-Barmherzigkeit/

Aus, vorbei – oder: ein neuer Weg!

Und siehe, zwei von ihnen wanderten an diesem Tag in ein Dorf, das von Jerusalem 60 Stadien entfernt war, namens Emmaus; und sie redeten miteinander über alle diese Ereignisse.  Als sie miteinander redeten und nachdachten, da näherte sich Jesus selbst und ging ein Stück Weg mit ihnen.  Ihre Augen aber wurden mit Kraft davon abgehalten, ihn zu erkennen. Er sprach zu ihnen: „Was sind das für Worte, die ihr unterwegs miteinander wechselt?“ Und sie blieben niedergeschlagen stehen.  Derjenige, der Kleopas hieß, antwortete ihm: „Bist du der Einzige, der in Jerusalem weilt und nicht erfahren hat, was sich in diesen Tagen da ereignet hat?“  Er sagte zu ihnen: „Was?“ Sie antworteten ihm: „Das mit Jesus von Nazaret, der ein Prophet war, mächtig in Tat und Wort vor Gott und dem ganzen Volk;  wie ihn die Hohenpriester und unsere Obrigkeit zum Todesurteil ausgeliefert haben und sie ihn gekreuzigt haben. Wir aber hofften, er sei es, der Israel befreien sollte. Aber bei dem allem ist es schon der dritte Tag, seit dies geschehen ist. 


Aber auch einige Frauen aus unserer Mitte haben uns erschreckt. Nachdem sie früh am Morgen bei der Gruft gewesen waren und seinen Körper nicht gefunden hatten, kamen sie und sagten, sie hätten gar eine Erscheinung von Engeln gesehen, die sagten, dass er lebe! Einige von uns gingen hin zur Gruft und fanden es so, wie die Frauen gesagt hatten. Ihn selbst aber haben sie nicht gesehen.“  Er sprach zu ihnen: „Oh, ihr seid ja unverständig und zu schwer von Begriff, um darauf zu vertrauen, was die Prophetinnen und Propheten gesagt haben! War es nicht notwendig, dass der Gesalbte dies erlitten hat und in seinen Lichtglanz hineinging?“ Und er begann bei Mose und allen prophetischen Schriften und erklärte ihnen überall, was dort über ihn stand.

Und sie näherten sich dem Dorf, wohin sie unterwegs waren, und er tat so, als ob er weiterwandern wollte. Sie nötigten ihn mit den Worten: „Bleibe bei uns, denn es will Abend werden, und der Tag hat sich schon geneigt.“ Und er ging mit, um bei ihnen zu bleiben. Als er mit ihnen zu Tische lag, nahm er das Brot, dankte; brach es und gab es ihnen.  Da wurden ihre Augen aufgetan, und sie erkannten ihn. Er aber verschwand.  Und sie sagten zueinander: „Brannte nicht unser Herz in uns, als er auf dem Weg mit uns sprach, und als er uns die Schriften erklärte?“ In dieser Stunde standen sie auf und kehrten nach Jerusalem zurück. Dort fanden sie die Elf und ihre Gefährtinnen und Gefährten versammelt. Diese erzählten: "Der, dem wir gehören, der ist wirklich auferweckt worden und dem Simon erschienen.“  Und sie selbst erzählten, was auf dem Weg geschehen war und wie er beim Brotbrechen von ihnen erkannt worden war.



Aus, vorbei – oder: ein neuer Weg

Aus, Schluss, vorbei! Alle Hoffnungen zerschlagen, alle Sehnsucht brutal gekappt und vernichtet, wie Sand zwischen den Fingern zerronnen. Eine große Leere macht sich breit, es ist zappenduster um mich herum. Wie soll es nur weitergehen, wenn alles plötzlich so sinnlos geworden ist. So muss es wohl den Emmaus-Jüngern gegangen sein. Sie hatten so große Hoffnungen auf diesen Jesus gesetzt und nun das: Verbrechertod am Kreuz, das Grüppchen der Getreuen verängstigt. Wie soll die Zukunft aussehen? Worauf soll man jetzt noch bauen? Aus, Schluss, vorbei!

Die gängige Erklärung der Emmaus-Geschichte war, dass Jesus seinen Jüngern beweist, dass er auferstanden ist – auch wenn wir zugeben müssen, dass wir sie nicht ganz nachvollziehen können. Die Schrift war eben „unter der Eingebung des göttlichen Geistes“ unfehlbar und damit wörtlich zu verstehen, auch wenn Pius XII. schon 1943 den Theologen die historisch-kritische Methode ans Herz gelegt hatte. In meiner Schulzeit hatte ich freilich nie etwas davon gehört. Umso verwirrter waren wir jungen Theologie Studierenden, vom evangelischen Theologen Willi Marxsen zu hören: „Jesus ist ins Kerygma (in die Verkündigung) auferstanden“, was bedeutet: „Die Sache Jesu geht weiter.“

War das alles? „Jesus lebt!“ hatten wir doch immer wörtlich genommen. Konnte es sein, dass sich die Menschen damals das so zurechtgelegt und dazu Geschichten erfunden haben, die diese Überzeugung verdeutlichen sollten? Verwirrend, wenn andere meinten: Tot ist doch tot! Es ist noch nie jemand zurückgekehrt. Diesen Jesus hat es ja dann auch nicht auf Erden gehalten so, wie er vorher gelebt hat, letztendlich ist er „in den Himmel aufgefahren“, was immer das auch bedeuten mag. Mitten in diese Grübeleien tauchten Flugblätter auf: „Che Guevara lebt!“ Moment mal! Der neben Fidel Castro berühmte kubanische Rebellenführer war doch erschossen worden, hingerichtet; sein Bild ging durch alle Zeitungen der Welt. So mussten wir uns unausweichlich der Frage stellen: Was heißt für uns heute „Jesus lebt“?

Da kam uns Karl Rahner, der große Theologe des 20.Jahrhunderts, zu Hilfe. Er sprach von der „intellektuellen Redlichkeit“, das heißt: Die biblischen Aussagen dürfen der Vernunft nicht widersprechen. Und so fragten wir: Was will uns denn Lukas mit dem Emmaus-Bericht – nein, der Emmaus-Erzählung sagen? Wir benutzen ganz selbstverständlich Sprachbilder, um das auszudrücken, was uns innerlich bewegt: Wir klammern uns an den rettenden Strohhalm, wenn uns das Wasser bis zum Hals steht. So haben die Menschen damals wohl auch gedacht und gesprochen. Und so fanden wir eine Deutung, die uns die Erzählung tiefer verstehen ließ: Als die zwei Jünger verstört und verzweifelt von Jerusalem weglaufen, da geht ihnen ein Licht auf. Sie sehen als fromme Juden diesen Jesus im großen Zusammenhang ihres Glaubens. Sie lesen die Schrift (für uns das Alte Testament) neu und deuten sie im Hinblick auf die neue Situation. Und sie erkennen, dass alles Erlebte seine Bedeutung und seinen Sinn hat. Und als sie dann zu Abend essen, gehen ihnen die Augen auf: Ja, dieser Jesus lebt!

Und was heißt für uns heute: „Jesus lebt“? Was heißt für uns heute: „Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt, und jeder, der lebt und an mich glaubt, wird auf ewig nicht sterben.“ Das kann und darf nicht alles nur graue Theorie sein, ohne Auswirkung auf unser Leben.

Da wurde uns klar: Wir müssen die Welt mit anderen Augen sehen. Wenn wir als Glaubende im Hier und Heute leben und handeln wie dieser Mann aus Nazaret, den wir als den Christus bekennen, dann hat das Bedeutung und Wirkkraft über den Tod hinaus. Glauben heißt fest verwurzelt sein, glauben heißt aus einem Ur-Vertrauen heraus leben, ein Vertrauen, das uns in jeder Lebenslage hält, das auch über die größte Verzweiflung hinwegträgt und einen neuen Weg eröffnet. Und noch viel mehr: Ein unerschütterlicher Glauben denkt nicht nur an sich und das eigene Wohlbefinden, sondern sieht in allen Menschen Brüder und Schwestern. Glaube ist die Kraft, die die Welt verändern kann; Hoffnung ist die Kraft, die uns niemals aufgeben lässt; Liebe ist die Kraft, die jedem Menschen das zukommen lässt, was er braucht. „Brannte nicht unser Herz“, erinnerten sich die Emmaus-Jünger und kehrten zurück nach Jerusalem. Sie machten sich nicht nur von neuem auf den Weg, sondern sie gingen einen neuen Weg. Machen wir es ihnen gleich und gehen wir als Christen und Christinnen neue Wege als Gemeinde des Herrn: weg vom Tod zum Leben, abseits von der vielfach verstaubten und erstarrten Institution Kirche mit ihren Machtansprüchen, abseits vom überholten und rechthaberischen Dogmatismus, abseits vom moralisierenden Zeigefinger. Den verstörten Anhängern wird klar: Was Jesus gesagt und getan hat, hat Bedeutung über seinen schmählichen Tod am Kreuz hinaus; Gott hat ihn nicht der Bedeutungslosigkeit ausgeliefert, nein, er hat ihn auferweckt, er hat sein Leben als richtig bestätigt. Auferstehung heißt, sich ganz neu auf den Weg machen in der Überzeugung „Jesus lebt!“

Magnus Lux

Jesus wohnt in unsrer Straße, wohnt da ganz am End',
und ich fragte: „Du, wie kommt es, dass dich keiner kennt?“
Gestern bin ich ihm begegnet, und er sah mich an und sprach:
„Wer weiß denn schon, wer weiß denn schon,
dass ich in dieser Straße wohn, gleich um die Ecke nebenan?“

Rudolf Otto Wiemer

Jesus - unauffindbar, aber gerettet: Halleluja!

Jesus - unauffindbar, aber gerettet: Halleluja! 

Am ersten Tag nach dem Sabbat kam Maria aus Magdala früh, als es noch dunkel war, zum Grab und sah, dass der Stein vom Grab weggenommen war. Da lief sie los und kam zu Simon Petrus und dem anderen Jünger, dem, den Jesus liebte. Sie sagte zu ihnen: „Sie haben den Rabbi aus dem Grab weggenommen und wir wissen nicht, wo sie ihn hingebracht haben.“ Da gingen Petrus und der andere Jünger los und kamen zum Grab. Die beiden liefen zusammen, aber der andere Jünger lief schneller als Petrus und kam zuerst zum Grab. Er bückte sich und sah die Tücher daliegen, aber er ging nicht hinein. Simon Petrus, der ihm folgte, kam auch, ging in das Grab hinein und sah die Tücher daliegen, aber das Tuch, das seinen Kopf bedeckt hatte, lag nicht bei den anderen Tüchern, sondern zusammengefaltet für sich an einem eigenen Ort. Dann ging auch der andere Jünger, der zuerst zum Grab gekommen war, hinein und er sah und glaubte. Allerdings wussten sie noch nicht aus der Schrift, dass er von den Toten auferstehen musste. Die beiden Jünger gingen wieder zu sich.

Johannes 20, 1-9 Bibel in gerechter Sprache

(Alle Lesungen der Ostergottesdienste finden Sie beispielsweise hier: Schott Erzabtei Beuron 

 

 

Jesus - unauffindbar, aber gerettet: Halleluja!1

 

Veni vidi vici – Er kam, sah und siegte. 

Mit diesem arroganten Cäsarenspruch werden Blitzsiege verkündet. Feldherren sorgen für klare Stärke-Verhältnisse. Plutarch berichtet vom Blitzsieg Cäsars (47 v. Chr.) in nur vier Stunden über die Truppen des Pharnakes II. von Pontus. Der wurde dann auf der Krim ermordet. Keine Sieger ohne Verlierer.

Kommen, sagen, siegen ist das neue Motto in den USA. Alle haben wir den historischen Eklat vom 28. Februar 2025 im Oval Office vor uns, in dem der ukrainische Präsident von einem „Cäsar“ vor aller Weltöffentlichkeit gedemütigt wurde. Tolles Schauspiel!  Trump erklärt den Präsidenten des von Putin überfallenen Landes zum Kriegstreiber, denunziert ihn als „Diktator“. Danach fliegt Trump zum Candlelight-Dinner in sein pompöses Märchen-Resort. Pöbelherrscher fordern von anderen Manieren und „Respekt“ für ihre enthemmte Ruchlosigkeit. Sie praktizieren Mafia-Methoden mit Schutzgelderpressung, jederzeit bereit zu obszönen Deals. Inzwischen ist die (freie) Welt erschüttert und empört, dass ein Diktatfrieden über den Köpfen der Ukrainer schwebt und Trumps Zölle-Zick-Zack-Zirkus die Börsen beben lässt. 

Was verbindet Machtkomplizen wie Putin und Trump? 

Autokraten bauen ein „Lügenimperium“ auf. Lügen legen ein Minenfeld aus Ressentiments. Überall explosive Affekte eines Unterlegenen, der seine Kränkungen konserviert und sich durch Abwertung anderer aufbaut. Lügen zerstören die Basis der Werte: das Vertrauen. Deshalb ist ihnen und deren Nutzern nicht zu trauen. Ein Trost: Was sie an der Wahrheit kürzen, lässt sie stürzen. Weil sie Korrektur-Kritik ausschalten, verdummen sie. Amoralische Skrupellosigkeit, Machtkalkül, Selbstüberschätzung gehören zum Selbstbild beider. Sie halten das Volk für manipulierbare Masse. Verfügbarkeit ist ihr Machtprogramm. Widerspruch wird kategorisch ausgeschaltet. Sie haben sich umgeben mit hörigen Loyalen, Fakten als Müll erklärt. Sie gebärden sich als Pseudo-Messiasse und stümpern vor sich hin. Sie vergessen: Die Würde als eigene Erhabenheit kann (nach Kant) durch keine physische Macht und Gewalt zerstört werden.

Wie sich nicht hineinziehen lassen „in den Sog einer gegenseitigen Verfeindung“ (Habermas) ohne das Gegengift der Vernunft? Wie herauskommen aus prinzipienloser, „sprunghafter Ellbogenpolitik“ - ohne Bezug zur Wahrheit? Unter Ausschluss von Empathie? Das Letzte, was die Welt braucht, sind imperiale Gesten, Handelskriege und Cäsarenwahn mit zynischen Zügen. Trump zerstört im irren Dekret-Tempo die Balance des Rechts und die fragile Weltordnung. Ein Epochenbruch. Wie sagt Nestroy zu bösen Überraschungen aller Art: „Wirklichkeit ist immer das schönste Zeugnis für die Möglichkeit.“  

 

2

Er kam, sprach und - scheiterte. 

Da kam einer, sprach wie keiner, Unerhörtes, was den Menschen blüht, wenn sie samaritanisch die Caritas leben, und scheiterte zwangsläufig an den religiösen und weltlichen Machtverhältnissen. Unverfügbarkeit ist sein Lebensprogramm. Die freie Kraft der Liebe provoziert die Machtverliebten. Mit der Goldenen Regel bringt er Licht ins Chaos der Verdrehungen. Ressentiments sind ihm fremd. Er strahlt aus: souveräne Gelassenheit, Klarheit, Interesse, Mitgefühl, Vertrauen, Kreativität (siehe Gleichnisse), vor allem Mut, stets verbunden mit dem Dreiklang der Gebote. Jesus vertritt „die Sache Gottes in der Welt“. (Hans Küng). Das Reich Gottes, in dem die Letzten die Ersten sein werden, aus Erbarmen mit den Armen, ist seine Botschaft. Weil er am Kreuz der Letzte ist, ist er als Auferstandener der Erste. 

Die Anhänger*innen Jesu müssen seinen Schandtod erst verkraften. Wie können die ersten Christen leben mit der Schande ihrer Flucht aus Angst und Entsetzen, und wie können sie schweigen von dem, was sie in ihrer Existenz zutiefst getroffen hat? Sie können sich nicht ewig aus Furcht vor den Juden (oder Römern) einschließen. Dunkel war’s, als die Frauen zur Grabhöhle gehen. Der Stein ist weg. Maria Magdalena holt Petrus und den „Lieblingsjünger“. Petrus fällt auf durch Langsamkeit: Er war nicht so schnell! Darf man das heute auf den Vatikan beziehen, auf dessen Trägheit in historischen Mitvollzügen!?  

Petrus hat traditionell den Vorrang ins Grab zu gehen. Bei Markus und Matthäus nicht. Da geschieht Kosmisches, da entsteht ein Erdbeben, weil ein Engel, leuchtend wie ein Blitz, den Stein weg wälzt. Die Wächter liegen ohnmächtig da. Der Engel nimmt den Frauen die Angst. „Ich weiß, ihr sucht Jesus, den Gekreuzigten. Er ist nicht hier; denn er ist auferstanden.“ (Mt 28,5.6.) Frauen schauen zuerst ins Grab, dann laufen sie zu den Jüngern und verkünden: Er ist nicht da. Er ist nicht unter den Toten zu finden. Eigentlich eine negative Theologie mit positiv gewendeter Perspektive. 

Ostererzählungen haben einen langen Weg hinter sich. Die Jerusalem-Tradition kreist ums leere Grab. „Osterberichte“ sind keine „Berichte“, sondern Legenden. Das leere Grab ist ein Schlüsselmotiv. Frage: Wo ist der Gekreuzigte, wenn das Grab leer ist? Allmählich kristallisiert sich als Credo heraus: In Jesus sind die Verheißungen wahr geworden. „In ihm ist das Ja gekommen.“ (2 Kor 1,19) Alle Verneinung ist aufgehoben.

 

3

Er kam, sah - nichts - und glaubte. (Joh 20,1-9)

Wie sollen eigentlich wir Nachgeborenen sehen und glauben? Was sehen? Woran sehen? Worüber staunen und zum gläubigen Vertrauen finden? Auch uns bleibt die Geburt als Geheimnis, das Leben als Wunder, der Tod als Rätsel. Im Vollziehen der Lebensprozesse stoßen wir - wohl jeder an einer anderen Stelle - auf das tragende Leitmotiv, dem zu folgen erste Wahl ist. Das kann ein Schlüsselmoment sein, ein Trauma-Ereignis, ein Wendepunkt-Erlebnis, in dem das Wesentliche durchscheint, eine Spur, der das Herz zu folgen bereit ist. In der Regel ist es das Phänomen der Ergriffenheit durch Liebe, das alle Kreativität und Freiheit herausfordert, das Ego und eine aufs Siegen getrimmte Mentalität zu überwinden. 

Ostern ermuntert: Lauere auf diesen Moment, um ihn nicht zu verschlafen. Sei bereit, wenn der Kairos kommt! Uns belehrt das Leben: Du kannst nach Niederlagen aufstehen, du kannst wie von den Toten auferstehen in etwas, was dem Leben einen nicht käuflichen Glanz verleiht. So muss der Mensch oft erst eine Dunkelkammer, eine Grabeshöhle betreten, bevor er sieht, was überzeugt, wo und wie es weitergeht. 

Etwas Ähnliches erleben die Nachösterlichen, die Christen, auf dem Weg zum Auferstehungsglauben. Dass Jesus von den Toten auferstanden ist, lernen sie, ganz wie der Pharisäer Paulus, aus der Schrift. Schrift hilft ihnen, Zusammenhänge zu begreifen. Die Schrift belehrt sie: Er ist auferstanden. „Gott hat Jesus von den Toten auferweckt“ (Röm 4,24; 1 Kor 6,14; Gal 1,1; Apg 2,32) – das ist der älteste Kern, die älteste Formel des Glaubens an die Auferstehung. Sie stammt aus der jüdischen Tradition (Dan 12,1-3; Hos 6,2). Die am dritten Tag (!) vom Tod Erwachten werden strahlen wie die Sterne.

Das christliche Osterbekenntnis wird in eine erzählerische Gestalt umgewandelt, wenig historisch. Um dies zu belegen, entsteht der „Legendenkranz der Erscheinungsgeschichten“ (Hubertus Halbfas (Religiöse Sprachlehre 2012, 319). Erscheinen kann meinen: Traum oder prophetische Vision, ergriffen sein oder dass Gott „in unseren Herzen aufleuchtet“ (2 Kor 4,6). Legenden sollen sichtbar machen, was nicht zu sehen ist. Hier greift das Motiv vom „leeren Grab“. Der Herr ist weg. Der Jünger, den Jesus liebt, kommt als erster nach Magdalena ans Luxus-Grab. Nur Leinen liegen herum. Er wartet. Petrus tritt in die Grabhöhle. Das Schweißtuch ist zusammengerollt. Da geht auch der „Lieblingsjünger“ hinein, und was bezeugt er? „Er kam, sah und glaubte!“ (Joh 20,8) 

Einig sind sich alle Theologen, dass das leere Grab den christlichen Auferstehungsglauben nicht begründet. Was wollte man auch den Lebenden bei den Toten suchen!? Die Toten sind die Unauffindbaren, allen Kalkülen entzogen, unauffindbar im Radar der Mächtigen, enthoben in eine andere Sphäre. Nur Gott kann sie aufsammeln. Sieggewohnten vergeht das Grinsen, wenn der Tod die Masken abnimmt; ihnen bleibt die Niederlage im Finale nicht erspart. 

Frauen (!) verkünden: Jesus ist nicht auffindbar im Grab. Frauen sind die bevorzugten Zeugen des Lebens, bis heute. Sie hüten das Geheimnis der Geburt. Wie das Leben wie aus dem Nichts auftaucht, wieder und wieder, das ist und bleibt ein ergreifendes Mysterium. Ergo: Die Möglichkeit der Auferstehung ist die schönste Hoffnung für die Wirklichkeit. Und das gilt es an OSTERN mit Halleluja zu feiern. 

 

Halleluja!

 

Ein Fröhliches Osterfest wünscht Ihnen

Günther M. Doliwa, 20. April 2025

 

Ostern, immer wieder

Sechste Lesung der Osternacht 

Höre, Israel, die Weisungen des Lebens;   
merkt auf, um Einsicht zu gewinnen! 
Was ist mit dir, Israel, dass du im Land der Feinde bist,  
alterst in fremdem Land,  durch die Toten verunreinigt wirst,  
man dich denen im Hades zurechnet? 
Du hast verlassen die Quelle der Weisheit! 
 
Wärest du den Weg Gottes gewandelt,  
du wohntest noch im Frieden für immer. 
Lerne, wo Einsicht,  wo Kraft, wo Klugheit ist,   
um zugleich zu erkennen, 
wo langes Leben ist und Lebensglück,  
wo Licht der Augen und wo Frieden.
 
Wer hat ihren Ort, den Ort der Weisheit, gefunden, 
und wer ist zu ihren Schätzen gelangt?
 
Der, der alles weiß, kennt sie,  er hat sie durch seine Klugheit erkundet,  
der die Erde eingerichtet hat für ewige Zeit,  
sie mit vierfüßigen Tieren füllte, 
der das Licht entsendet, und es geht,   
er ruft es, und es gehorcht ihm mit Zittern. 
Die Sterne leuchten in ihren Wachen und freuen sich,  
er ruft sie, und sie sagen: ´Da sind wir`.   
Sie leuchten mit Freude dem, der sie geschaffen hat. 
Dieser ist unser Gott,  kein anderer gilt neben ihm. 
Er hat jeden Weg der Erkenntnis ergründet  
und hat sie Jakob gelehrt, sein von ihm abhängiges Kind,  
und das von ihm geliebte Israel. 
Danach wurde sie auf der Erde gesehen  und verkehrte mit den Menschen.
 
Sie ist das Buch der Anordnungen Gottes  
und die Tora, die auf ewig Bestand hat. 
Für alle, die sich an sie halten, bedeutet sie Leben,  
die sie jedoch verlassen, werden sterben. 
Kehr um, Jakob, und ergreife sie,  geh in ihrem Schein den Weg zum Licht! 
Gib nicht anderen deine Pracht  
und das, was dir zuträglich ist, nicht einem fremden Volk. 
Selig sind wir, Israel,  denn das, was Gott gefällt, ist uns bekannt.
 
Baruch 3, 9-15; 32- 4.4 Bibel in gerechter Sprache

(Alle Lesungen der Ostergottesdienste finden Sie beispielsweise hier: Schott Erzabtei Beuron 

 

Ostern, immer wieder

 

Meine Güte, was kann ich schon sagen über Ostern, was nicht schon hundertmal, tausendmal, zweitausendmal gesagt worden wäre? Das wichtigste Fest der Christenheit, ja natürlich. Dennoch geht es manchmal seltsam belanglos an mir vorüber. Dann leide ich darunter, dass ich so wenig spüre: ein paar Frühlingsgefühle, ein paar liturgische Hochgefühle, kurzzeitig, Familienglück beim Nestsuchen, und wehe, es regnet. 

 

Wir feiern (wenn überhaupt) was Vergangenes, nämlich dass Jesus uns erlöst hat (wovon genau, wenn wir die Welt betrachten?), und was Zukünftiges, nämlich dass wir auferstehen werden in ein unbekanntes Leben, von dem wir vage hoffen, dass es uns freuen wird. Und von irgendwo muss dann die Freude in die Gegenwart transportiert werden. Das gelingt mitunter, eine Garantie dafür gibt es nicht.

So stehen wir diesen drei feierlichen Tagen, Karfreitag, Karsamstag, Ostersonntag und ihren Inhalten: töten - tot sein - wieder aufstehen, trotz aller Vertrautheit immer wieder auch ziemlich fremd und einigermaßen hilflos gegenüber. Unsere Erfahrungen reichen ja nicht einmal bis zum Tot- Sein. Und die Vergnügungs- und Freizeitindustrie deckt das Vakuum betriebsam zu. Ostereier ohne Ende.

 

Ansatzweise, in Spuren, können wir das Geschehen nachvollziehen, wenn wir uns an unsere eigenen Erlebnisse mit „töten“, „tot sein“ und „wieder aufstehen“ erinnern, an das, was unser Leben schon gestreift hat. Da ist das Spektrum breit. Das mag reichen von vergleichsweise eher harmlosen Szenen, in denen wir mundtot gemacht wurden oder gemacht haben, bis zu Todesfällen in unserem Umfeld und bis zu den vielen grausamen Morden, von denen uns täglich in den Nachrichten erzählt wird. Von Situationen, in denen wir uns „wie tot“ gefühlt haben, bis zum Abschiednehmen von einem geliebten Menschen im Wissen, ihn jetzt nicht mehr zu erreichen. Den Kampf ums Leben, ums Überleben, die Erschöpfung, die Trauer, die Leere erspart uns das Leben nicht. 

Aber dann gibt es eben auch das Hochgefühl des Wiederaufstehens. Angeschlagen mitunter, noch zaghaft, voller Vorsicht, stehen wir doch immer wieder auf: nach einem Sturz, nach einer Krankheit, einer Depression, einer Niederlage, mit dem Gefühl, geschlagen worden zu sein, aber überlebt zu haben. Und wieder aufrecht zu stehen! Was für eine Freude!

 

Ich habe also den Eindruck, dass Ostern mir nur nahe kommt, wenn ich’s sehr persönlich nehme. Meine persönlichen Erfahrungen mit Tod und Auferstehen mitten in meinem Leben sind der Angelhaken, daran muss ich aufhängen, was mir Ostern bedeutet.

 

Aber das reicht noch nicht für die Osterfreude. Nicht alles hat sich wieder gelöst in meinem Leben, nicht immer bin ich wieder aufgestanden, einiges in mir ist auch liegen geblieben. Und erst recht, wenn ich auf andere schaue: Woher, angesichts des vielen Leids, die Kraft nehmen für einen Glauben ans Wieder-Aufstehen?

 

Ich brauche also noch etwas Intensiveres, wenn ich will, dass mir Ostern nahe geht: Ich muss meine Beziehung zu Jesus sehr persönlich nehmen. 

 

Denn wenn ich weiß, dass dieser Jesus der „Gott mit mir“ ist, der „Gott auf Augenhöhe“, der in Tuchfühlung mit mir lebt, der jederzeit spürt, woran ich leide und worüber ich mich freue, dann fällt es mir gar nicht schwer, mich auch in sein Leiden hineinzuversetzen. Dann ist es nicht mehr Ewigkeiten entfernt. Es ist auch nicht bloße Erinnerung: So, wie er von mir weiß und mit mir fühlt, das fühlt er auch mit allen anderen. Und es gibt sehr viel Leid in der Welt. Das Mit-Leiden Jesu ist also unvorstellbar. Am Karfreitag das Leiden Jesu zu betrachten, heißt zugleich, mit ihm gemeinsam das Leid heutiger Menschen zu sehen und zu beklagen.

 

Von daher wird mir die Auferstehung Jesu so wichtig (nicht nur meine eigene). Ich würde den Zustand unserer Welt nicht ertragen - es ist immer noch schwer genug -, wenn ich nicht durch die Auferstehung Jesu wüsste, dass jeder Mensch aufgefangen wird von der Hand Gottes: jeder Mann, jede Frau, jedes Kind, wie menschenunwürdig sie auch leben und sterben mussten, wie brutal sie auch gehandelt haben und behandelt wurden. Wir bleiben nicht am Boden (im Boden) liegen, wir stehen wieder auf und werden in die Arme Gottes hineingezogen.

 

Wann immer wir diese göttliche Kraft schon im Leben in uns spüren, uns aufzurichten, aufrecht zu stehen, das Rückgrat nicht zu krümmen, wird Osterglaube lebendig. Uns zu engagieren gegen alles, was sich gegen das Glück der Menschen richtet, das Gott in Fülle für uns will, politische Fantasie zu entwickeln, um für diese Welt Wege des Miteinanders und der Versöhnung zu finden: das ist Hoffnung wider alle Hoffnung, das ist Ostersonntag trotz Karfreitag.      

Martha Heizer

 

Kein Einzelfall

Danach, da Jesus wusste, dass nun alles vollbracht war,
sagte er, damit sich die Schrift erfüllte:
Mich dürstet.
Ein Gefäß voll Essig stand da.
Sie steckten einen Schwamm voll Essig auf einen Ysopzweig
und hielten ihn an seinen Mund.
Als Jesus von dem Essig genommen hatte, sprach er:
Es ist vollbracht!
Und er neigte das Haupt
und übergab den Geist.

Joh 19, 28-30 Einheitsübersetzung

 

Kein Einzelfall

 

Der den Wein austeilt, muss Essig trinken. 
Der die Hand nicht hebt zur Abwehr, wird geschlagen. 
Der den Verlassenen sucht, wird verlassen. 
Der nicht schreien macht, schreit überlaut. 
Der die Wunde heilt, wird durchbohrt. 
Der den Wurm rettet, wird zertreten. 
Der nicht verfolgt, nicht verrät, wird ausgeliefert. 
Der nicht schuld ist, der Unschuldige, wird gequält. 
Der lebendig macht, wird geschlachtet. 
Der die Henker begnadigt, stirbt gnadenlos. 
 
Rudolf Otto Wiemer 

 

Dieser Text steht im evangelischen Gesangbuch auf Seite 197. Mit einfachen Worten erzählt er, wie einer, der „nur“ Gutes will und tut zum Opfer wird. Weil das alles in einem kirchlichen Gesangbuch steht und weil wir alle einen kirchlichen Hintergrund haben und mit der Passionsgeschichte bestens vertraut sind, ist uns sofort klar: es geht um Jesus und um seinen Tod.

 

Versuchen wir das auszublenden, und die Worte so auf uns wirken zu lassen, was kommt uns dann in den Sinn? Auch heute gibt es solche Menschen, die für ihr gut Sein, ihre Hilfsbereitschaft, ihre Menschenfreundlichkeit, für ihren Einsatz für Gerechtigkeit, für Schwache, bedroht werden, in Gefangenschaft geraten, getötet werden.

 

Die Geschichte Jesu ist kein Einzelfall. Das was ihm widerfahren ist, haben schon vor ihm Menschen erlebt, davon erzählt Jesaja heute im 52 und 53 Kapitel, davon erzählen Psalmen, z.B. am Palmsonntag der 22. und heute der 31. . Diese Texte wurden von Autoren der Evangelien in ihren Erzählungen des Leidens Jesu auch mehrfach herangezogen. 

 

Ich denke z.B. an Sanitäter und Sanitäterinnen, die bei Einsätzen von beteiligten oder unbeteiligten Dritten angegriffen und bedroht werden, an medizinische Helferinnen und Helfer, die in Kriegsgebieten Einsätze leisten um dort Leben zu retten und dort ums Leben kommen. Ich denke an Menschen, die sich in autoritären Staaten gegen die Willkür der Herrschenden auflehnen und denen ihr Einsatz für Gerechtigkeit mit Unrecht vergolten wird, die in Gefängnissen weggesperrt werden, gefoltert und getötet werden. Ich denke an Menschen, die ein Leben in Frieden leben wollen und durch Bombenangriffe aus diesem Leben gerissen werden. - Und dann werden sie viel zu schnell vergessen, bleiben namenlos.

 

Das Leiden des Jesus aus Nazareth war kein Einzelfall. Doch er blieb nicht namenlos, er geriet nicht in Vergessenheit. Seine Geschichte wird heute noch erzählt. Seine Botschaft lebt. Warum? Ich habe keine Antwort darauf. Ich könnte eine schreiben, aber es wäre eben nicht meine Antwort. Es hat irgendwie mit Gott zu tun, uns beim Namen rufend.

 

Im Namen Jesu können, müssen wir an all die denken, die wie er, zu Opfern wurden von Lieblosigkeit, Gleichgültigkeit, Hass, Gewaltbereitschaft, Herrschsucht. Die Ewige hat sich ihre Namen in ihre Hand geschrieben. (Jes 49, 16)

 

Ich wünsche Ihnen allen einen nachdenklichen, gedenkenden Karfreitag

und ein wunder-bares Fest des Aufstands zum Leben,

 

Sigrid Grabmeier

 

 

 

Reinigung und Pflege

Das Passafest stand unmittelbar bevor. Jesus wusste, dass seine Stunde gekommen war. Jetzt sollte er die Welt verlassen und zum Vater gehen. Er hatte die Menschen immer geliebt,die in der Welt zu ihm gehörten. Und so liebte er sie bis zuletzt. Jesus aß an diesem Abend mit seinen Jüngern. Der Teufel hatte Judas, dem Sohn von Simon Iskariot, schon den Gedanken eingegeben, Jesus zu verraten. Jesus wusste, dass der Vater alles in seine Hand gelegt hatte. Er wusste, dass er von Gott gekommen war und wieder zu Gott zurückkehren sollte.

Er stand vom Tisch auf, legte den Mantel ab und band sich ein Tuch um. Dann goss er Wasser in eine Schüssel und begann, den Jüngern die Füße zu waschen. Danach trocknete er sie mit dem Tuch ab, das er umgebunden hatte. Als er zu Simon Petrus kam, sagte der zu ihm: „Herr, du willst mir die Füße waschen?“ Jesus antwortete: „Was ich tue, das verstehst du jetzt noch nicht. Du wirst es aber später verstehen.“ Petrus erwiderte: „Nie und nimmer sollst du mir die Füße waschen!“ Jesus antwortete: „Wenn ich dich nicht wasche, gibt es für dich keine Gemeinschaft mit mir.“ Da sagte Simon Petrus: „Herr, dann wasche mir nicht nur die Füße,sondern auch die Hände und den Kopf!“ Jesus antwortete: „Wer gebadet hat, ist ganz rein. Er braucht sich später nur noch die Füße waschen zu lassen. Und ihr seid rein – aber nicht alle!“ Er wusste nämlich, wer ihn verraten würde. Deshalb sagte er: „Ihr seid nicht alle rein.“ Nachdem Jesus seinen Jüngern die Füße gewaschen hatte, zog er seinen Mantel an und nahm wieder Platz.

Dannsagte er zu ihnen: „Versteht ihr, was ich für euch getan habe? Ihr nennt mich Lehrer und Herr. Und ihr habt recht, denn das bin ich. Ich habe euch die Füße gewaschen –ich, der Herr und Lehrer. Also sollt auch ihr einander die Füße waschen. Denn ich habe euch ein Beispiel gegeben. Ihr sollt das tun, was ich für euch getan habe.“

Johannes 13, 1-15, Basisbibel

 

Reinigung und Pflege

 

Für eine lange Zeit meiner Erwerbsarbeit war ich in der Pflege tätig. Da habe ich viele Füße gesehen, auch viele Männerfüße. Dabei habe ich oft gedacht: für ihre Füße haben sie nur wenig zärtliche Gefühle. Sie sind ganz unten und erfüllen ihre Funktion; sie tragen den Mann. Dieser Satz könnte genauso gut über Frauen sprechen, denke ich gerade. Wer oder was unten ist, wird schlecht behandelt.

Einmal sagte ein Mann, dem ich regelmäßig die Füße pflegte: „Was soll das? Wieso kniest du vor mir?“ Darauf antwortete ich: „Wenn ich mich von oben herabbeuge, komme ich nicht bis zu Ihren Füßen.“ Besonders der Anblick männlicher Zehennägel war oft verstörend.

 

Ich habe mich für die Fußwaschung als Hauptthema dieses österlichen Sonntagsbriefes entschieden, obwohl ja auch die Eucharistie am Gründonnerstag ihren Geburtstag feiert. Sollte nicht sie der Schwerpunkt meines Sonntagsbriefes sein? Gegen sie ist doch die Fußwaschung ein Leichtgewicht. Sähe ich die Eucharastie nicht als schwer belastet, hätte ich sie heute gerne zum Hauptthema gemacht.

 

Ich konzentriere mich auf die Fußwaschung, weil die Eucharistie, wie sie in der Tradition interpretiert wurde, dem Männermythos extrem entgegenkommt. Denn zum Männermythos gehört: Blut vergießen zum Schutz! Das ist eingeflossen in das Verständnis von Eucharistie. Der Mann, der sein Blut vergießt zum Schutz für die „Schwachen“, für Frauen und Kinder und für die eigene Nation! Dieses Verständnis begründete auch den Anspruch des Mannes als Herrscher. Ein System, das immer wieder Krieg hervorbringen wird. Weil eben der Mann diesen Mythos mit sich herumschleppt und zudem dummerweise auch noch unterstrichen wird durch eine Tradition im Verständnis von Jesus Wort und Tat: „Ich gebe mein Blut und mein Fleisch“.

 

Um das noch ein bisschen weiter auf die Spitze zu bringen, führt der Verlust dieses eingefleischten Männermythos in unserer Kultur - geprägt durch eine lange Friedensperiode - auch zum Verlust eines alten Vaterbildes. Denn die Krise der Männlichkeit ist auch eine Krise dieses alten Vaterbildes: der Beschützer, der im Zweifelsfalle sein Blut vergießt, um seine Familie zu schützen. So riefen sie in aufgescheuchte Seelen, so wurden ach so viele Kriege begründet: "Männer, es geht um eine Heilige Sache: es geht um den Schutz Eurer Familien, um Ehre und Vaterland! Seid bereit euer Opfer zu bringen!"

 

Besonders der Opfermythos, der erzählt, dass wer sich nicht unter das Kreuz und den Schutz durch das vergossene Blut Jesu stellt, verloren sein wird und sicher in der Hölle landen wird, ist Folge dieses schrägen Männermythos, der auf die liebende Hingabe von Jesus fälschlicher Weise übertragen wurde. 

 

Wir haben es zur Zeit mit einem Paukenschlag gekränkter Männlichkeit zu tun, die die Zeit zurückdrehen möchten hin zu Zeiten eindeutiger Männermacht. (Trump, Musk, Putin, Erdogan, Orban, Kim Jong-un, Xi Jinping, Netanjahu u.s.w.) Es ist eine wütende Reaktion auf einen gesellschaftlichen Wandel hin zur Entmännlichung der Welt und zur Verweiblichung des Mannes. Das ist auch Quelle von Homophobie. Deshalb ist der Kampf gegen Homophobie mir in meinem künstlerischen Werk so wichtig.

 

Das Thema Homosexualität und die Überwindung von Homophobie ist ein ganz entscheidender Faktor hin zu einem dauerhaften Frieden, zum friedlichen Zusammenleben aller auf Augenhöhe.

 

Wir Männer haben viel mehr Angst vor anderen Männern als wir es zugeben, Angst im Grunde vor uns selbst. Deshalb muss der Mann sich selber neu erzählen, das ist ganz wichtig! In diesem Prozess befindet sich die Menschheit heute und sie darf sich nicht wieder zurück drängen lassen in die Welt kritikloser Männerdominanz.

 

Die Fußwaschung ist ein wunderbarer Kontrapunkt zu diesem eingefleischten Männermythos, eben weil er auffordert, sich voreinander zu beugen. „Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe.“

 

Ich wünsche erleuchtete Osterfeiertage!

 

Johannes Brinkmann / Essen

Geprägt durch den Tod oder durch das Leben?

Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?
Fern meiner Befreiung sind die Worte meines Stöhnens.
Mein Gott, rufe ich bei Tag – du antwortest nicht,
bei Nacht – es gibt keine Ruhe für mich.
 
Alle, die mich sehen, verhöhnen mich,
verziehen die Lippen, schütteln den Kopf.
Wälze es auf die Lebendige!
Sie lässt entrinnen, rettet, an wem sie Gefallen hat.
Ja, du hast mich aus dem Mutterleib gezogen,
mir Vertrauen eingeflößt an der Brust meiner Mutter.
Auf dich bin ich geworfen vom Mutterleib an,
vom Schoß meiner Mutter an bist du mein Gott.
Sei nicht fern von mir, denn Bedrängnis ist nah –
nirgendwo Hilfe.
 
Wie Wasser bin ich hingegossen,
alle meine Knochen fallen auseinander.
Mein Herz ist wie Wachs geworden,
geschmolzen in meinem Inneren.
Ausgetrocknet wie eine Tonscherbe ist meine Kraft,
meine Zunge klebt an meinem Gaumen.
In den Staub des Todes legst du mich.
Hunde umkreisen mich, eine Meute von Bösen umgibt mich,
binden meine Hände und meine Füße.
Zählen kann ich alle meine Knochen.
Sie schauen mir zu, begaffen mich.
Sie teilen meine Kleider unter sich,
über mein Gewand werfen sie das Los.
Du aber, Lebendige, sei nicht fern!
Meine Starke, komm zu meiner Hilfe, schnell!
 
Ich will erzählen von deinem Namen vor meinen Geschwistern.
Mitten in der Gemeinde will ich dich loben.
Die ihr der Lebendigen ergeben seid, lobt sie,
alle Nachkommen Jakobs, gebt ihr Gewicht.
Fürchtet sie, alle Nachkommen Israels.
Sie erachtet nicht gering, verschmäht nicht
das Leiden der Besitzlosen.
Sie verbirgt ihr Antlitz nicht vor denen,
die nach ihrer Hilfe schreien – sie hört.
Von dir handelt mein Lob in der großen Gemeinde,
meine Versprechungen will ich erfüllen vor denen, die ihr ergeben sind.
Essen werden die Armen, satt werden.
Die nach ihr fragen, werden die Lebendige loben.
Euer Herz wird ewig leben.
 
Die Nachkommen werden ihr dienen.
Erzählt wird von ihr, die über uns herrscht, den Generationen.
Sie werden kommen,
ihre Gerechtigkeit kundtun dem Volk, das erst geboren wird:

Ja, sie hat es getan.

Psalm 22, 2-3, 8-12, 15-20, 23-27, 31-32; Bibel in gerechter Sprache 


Geprägt durch den Tod oder durch das Leben?

In diesem Sonntagsbrief möchte ich den Blick auf kulturelle Begleiterscheinungen von Religion und Theologie lenken, wie lange sie schon unsere Kirche(n) (auch im architektonischen Sinn) und wie sie uns prägen. Der Text ist etwas ausführlicher geworden, Sie können aber auch die Abkürzung nehmen und den Teil „Die prägende Kraft des Mittelalters“ auslassen und bei „Hinterlassene Spuren“ weiterlesen.

 

Kaum ein Passionslied ist so bekannt wie „O Haupt voll Blut und Wunden“ auf der Grundlage des mittelalterlichen Hymnus„Salve caput cruentatum“  des Zisterziensermönches Arnulf von Löwen von Paul Gerhard zur Melodie von Hans Leo Hassler. Besonders bekannt geworden ist es durch die Matthäuspassion des Johann Sebastian Bach. Immer noch wird es, sowohl in katholischen wie auch evangelischen Kirchen gesungen, die Passionen von Bach, Schütz, Telemann erfahren vielfache Aufführungen, unsere Kirchen sind voll mit Kunstwerken, die das Leiden und Sterben Jesu darstellen. Es gibt viele Menschen, die sich zwar ästhetisch davon anziehen lassen, die sich aber inhaltlich damit nicht auseinandersetzen, für sie bleibt der Inhalt dann so stehen, ist Objekt. Viele unserer Kirchenlieder, wie das am Anfang zitierte, spiegeln eine Leidens- und Opferfrömmigkeit, die den meisten von uns wahrscheinlich fremd geworden ist, die aber immer noch eine ungeheure Präsenz hat. Auch wenn wir sie eigentlich nicht singen wollen, sie sind da und sie werden gesungen. Und wir können uns ihrer Eindrücklichkeit nicht entziehen.

 

Die prägende Kraft des Mittelalters

 

Bis ins 12. Jahrhundert hinein zeigten die Kreuzesdarstellungen einen in ein langes Gewand gehüllten, lebenden Christus, mit einer Königskrone gekrönt als Sieger und Todesüberwinder. Seit dem 10. Jahrhundert kommen Darstellungen auf, die den Gekreuzigten entkleidet, mit Dornenkrone, mit deutlichen Merkmalen des Leidens gekennzeichnet, zeigen. Da wird ein Mentalitätswechsel sichtbar: nicht mehr mehr die Herrlichkeit Gottes, in die Jesus als der Christus hineintranszendiert wird zum wesentlichen Darstellungsfocus sondern das Leiden selbst. 

 

In Anlehnung an die von den frühen Jerusalem-Pilgern überlieferten Stationen der Via Dolorosa, die in einer Art Liturgie abgeschritten wurde, wurden auch im christlichen Europa seit dem Mittelalter solche Wege angelegt, deren Ziel dann z.B. eine Kapelle oder eine Kalvarienberggruppe waren. 

 

Besonders unterstützt wurde diese Form der Frömmigkeit durch Franziskus von Assisi, an dessen Füßen und Händen Wunden wie die Wundmale Jesu aufbrachen und Bernard von Clairveaux, der mit seinen Predigten auch die Begeisterung für die Kreuzzüge ins heilige Land befördert hatte. Von ihm ist die Aussage überliefert, dass die Erinnerung an den Tod Jesu mehr zur Frömmigkeit anrege, als die an das Leben Jesu. Diese Wahrnehmung dürfte erheblich dazu beigetragen haben, dass in der kirchlichen Tradition, in der katholischen wie später auch in der protestantischen, lange Zeit nicht das Leben und die Botschaft Jesu im Mittelpunkt der Verkündigung standen sondern der Tod am Kreuz, der als Opfertod verstanden wurde – und die Auferstehung. Damit wurde die Erlösungsbotschaft immer mehr mit dem „Opfer“ Jesu für „unsere“ Sünden als mit seinen sehr konkreten Verhaltensregeln für ein gutes, Gott gefälliges, gelingendes Zusammenleben in Verbindung gebracht.

 

Neben Altarbildern und plastischen Kreuzigungsgruppen entstanden zahlreiche Darstellungen von Situationen auf dem Leidensweg Jesu zwischen der Gefangennahme im Garten Getsemane und der Kreuzigung selbst, sowohl als einzelne Andachtsbildnisse, wie z.B. des Geschlagenen umkleidet mit einem Umhang und mit einem Schilfkolben als Spottszepter an die Geißelsäule gekettet oder Jesus „auf der Rast“, wo er gefesselt, auf einem Stein sitzend, schon entkleidet, der Kreuzigung harrt. Seit der Barockzeit hielten die Kreuzwege mit 14 Stationen Einzug in die Kirchen.

 

Das Hineinversetzen in das Leiden Jesu, also die intensive Anteilnahme sollte die Gläubigen davon abhalten, diesem Opferlamm Jesus noch mehr Sünden aufzuladen. Und was als Sünde galt, das wurde mehr und mehr durch die Kirche selbst bestimmt; ebenso auch die mögliche Befreiung von der Buße nach dem Tod im Fegefeuer bzw. die Verkürzung der Aufenthaltsdauer dort, nämlich durch das Erlangen von sogenannten Ablässen. Diese konnten durch die Teilnahme an Wallfahrten, durch Fasten, Almosen oder durch ausgiebige Gebetsübungen – z.B. Versenkung in das Leiden Jesu Christi – gewonnen werden. 

 

Gleichzeitig war die Orientierung am Leiden des Gottessohnes auch starker Trost und Motivation gerade in Leidenszeiten wie Kriegen, Naturkatastrophen oder wenn Seuchen ganze Landstriche entvölkerten. Gott weiß um das Leid der Menschen, sein Sohn selbst hat gelitten. Das war – und ist auch heute noch ein Trost.

 

Ganz allgemein kann man sagen: Das Bildprogramm in Kirchen ist bis in die Reformationszeit den im Credo enthaltenen Lebensstationen gewidmet: Verkündigung und Geburt, der Leidensweg, die Kreuzigung und die Auferstehung. Hinzu kamen noch das Jüngste Gericht, Szenen aus dem Fegefeuer und der Hölle, das Leben Mariens und die Darstellung von Heiligen. Das Leben Jesu und seine Botschaft erfuhren wenig Würdigung. Erst mit der Reformation änderte sich das Bildprogramm, allerdings zunächst auch nur in protestantischen Kirchen. Die ablasslastigen Passionswege haben im reformatorischen Gedankengut keinen Platz mehr, oft werden die vormals katholischen Kirchen von der traditionellen Ausstattung „gesäubert“ um neuer, den reformatorischen Idealen entsprechender Bildkunst Platz zu machen – oder unersetzt zu bleiben. Die fünf „Soli“ Luthers veränderten auch die Glaubenskultur der einfachen Leute grundlegend.

 

  • Sola Scriptura – Sola Christus – Sola Fide – Sola Gratia – Sola Deo Gloria.

  • Allein die Schrift – allein Christus – allein der Glaube – allein Gnade – allein zum Ruhm Gottes. 

 

Luther selbst lehnte die oft ausufernde Passionsfrömmigkeit, das übertriebene Versenken in das Leiden Christi rundweg ab. An die Stelle der Versenkung in das Leiden Jesu tritt bei Luther die Fokussierung auf die Erlösung der Sünder durch den Tod Jesu am Kreuz und die Rechtfertigungslehre, die die bedingungslose Gnade Gottes in den Vordergrund stellt, die auch keine Vermittlung zwischen Gott und Mensch durch die Kirche mehr duldet. Die Erlösung kann nicht durch „Werke“ - Almosen oder Gebete - „erwirkt“ werden sondern ist Gnadengabe Gottes, die den Glaubenden geschenkt wird. Auch die Heiligenverehrung ist damit obsolet. Die Passion erhält im reformatorischen oder evangelischen Leben ebenso einen gewichtigen Platz – in Literatur und Musik. Und so bleibt auch die schon bei Paulus als erstem christlichen Schriftsteller grundgelegte Opfertheologie erhalten, wird sogar noch verstärkt. In der Bildkunst kommen Szenen aus dem Leben Jesu hinzu, was die Passion angeht, reduziert sich das Programm auf Darstellungen des Kreuzestodes. 

 

Mit Reformation und Renaissance war die Entwicklung der religiösen Bildthemen im wesentlichen abgeschlossen. Die Barockzeit brachte im katholischen Bereich noch die durch Architektur begünstigte Darstellung himmlischer Szenen auf den weit gespannten Decken mit sich, doch selbst die hatten ihre Vorbilder in der Kunst des Michelangelo in der sixtinischen Kapelle in Rom. Die meisten der Themen waren zwar nicht neu, konnten aber in einer ganz anderen Intensität und in perspektivischer Raffinesse ausgeführt werden, die uns noch heute beeindrucken.  

 

Hinterlassene Spuren

 

Und genau das ist es: wir sind beeindruckt. Die Kunst, die Bilder, die Sprache des Mittelalters und der frühen Neuzeit, sie haben in uns Spuren hinterlassen, sie haben uns geprägt. Denn auch die moderne Kunst und Kirchendichtung haben wenig von moderner Theologie übernommen, die Opfertheologie hält sich in den Kirchen hartnäckig und wirkt, und immer noch scheint das Leben Jesu weniger wichtig als sein Tod.

 

Bei jemandem, der regelmäßig „in die Kirche“ geht, vor allem wenn das schon in der Kindheit geschieht, hinterlässt das Spuren. Gepaart mit Liturgie und Kirchenmusik entsteht ein solch dichtes Geflecht von Eindrücken, die die eigene Einstellung zu Gott und Kirche beeinflussen. Wie mit diesem Einfluss leben? Oder diesem Einfluss entkommen? Geht das überhaupt?

 

Einige meinen dem Einfluss zu entkommen, indem sie gehen. Gott und Sohn? So ein Quatsch. Auferstehung? Ein Märchen. Himmel? Gibt es nicht. Vielleicht schaffen sie es ja, aber ehrlicherweise müssten sie sagen, der Einfluss verblasst, aber die eingeprägten Spuren bleiben, und sie bleiben unbearbeitet. 

 

Einige sind sich des Einflusses nicht bewusst. Sie akzeptieren im wesentlichen, was an Prägung da ist, was ihnen immer und immer wieder eingeprägt wurde und es ist ihnen lieb und teuer.

 

Und dann gibt es einige, die wollen nicht mit dieser Prägung wie sie ist leben, aber nicht das aufgeben, was ihnen wertvoll erscheint, sie wollen an dieser Prägung arbeiten. -

 

Auch ich habe ein erhebliches Maß an Prägung erhalten. Aber anscheinend war entweder das Material zu widerspenstig oder die Dosis zu gering. Jedenfalls kann ich mich noch sehr gut erinnern, dass ich als verhältnismäßig junge Frau nach einem Passionsgottesdienst, in dem wieder einmal Jesus für meine Sünden gestorben ist und mich mit seinem Leiden erlöst hat meine Reaktion war: Nein. Hat er nicht. Jesus hat für mich gelebt, er hat mir mit seinem Leben den Weg der Erlösung gezeigt. 

 

Um so ernster nehme ich die Passion. Da hat ein Mensch, der Gott so nah war, dass er ihn Vater nannte ud dass er als Sohn Gottes erlebt wurde, die Botschaft Gottes so konsequent verkündet, dass er in Kauf nahm dafür zu sterben. Er ist nicht weggelaufen. Er hat sich nicht verdrückt. Er hat sich ausgesetzt, ist sozusagen selbst aussätzig geworden, wurde von denen, denen er zu unbequem, zu gefährlich wurde, der Ermordung durch einen gedungenen Machthaber ausgeliefert. Wie könnte ich mich nicht zutiefst davon berühren lassen, dass da einer, auch wenn es vor 2000 Jahren war, so schonungslos gelebt hat? Von diesem Leben möchte ich mich prägen lassen.

 

Seit meinem damaligen Widerspruch – und das sind nun gut 40 Jahre, lebe ich im beständigen Konflikt mit der Liturgie der Eucharistiefeier (allein der Begriff „Hostie“ kommt von Hostia, Opfergabe) und natürlich auch den immer wieder reproduzierten Botschaften z.B. durch die Kirchenmusik. (Und in den evangelischen Gottesdiensten geht es mir genauso.) Ich weiß, und das hilft mir ungemein, dass ich mit dieser Einstellung und mit den daraus resultierenden anhaltenden Widerständen nicht allein bin und dass Theologen und Theologinnen, sowohl reformatorischer wie röm.-katholischer Herkunft meine Einstellung mittragen. Und trotzdem ist es immer wieder eine Herausforderung, gegen die gehörten Worte anzuglauben, eine eigene authentische Version dagegen zu setzen, dieses konsequente Leben für die und aus der Liebe Gottes bewusst zu machen. 

 

In diesen Tagen, Palmsonntag, Gründonnerstag, Karsamstag, sind wir wieder besonders herausgefordert. Die Lesungen, Predigten und nicht zuletzt die Kirchenmusik, bzw. die dazugehörigen Texte, die oft das was an konstruktiver Auseinandersetzung mit Tod, Leid, Opfer, Hingabe in den Predigten geleistet wurde, konterkariert, stellen eine ganz besondere Herausforderung dar. Ich nehme diese Herausforderung gerne an, sie lässt mich erleben, dass mein Glaube etwas wachsendes, lebendiges ist. Nehmen Sie die Herausforderung auch an?

 

Ich wünschen Ihnen eine mit Herausforderungen gesegnete Karwoche

Sigrid Grabmeier 

 

Online-Andacht zur Karwoche

Dienstag 15. April 2025, 19:00 Uhr, Zugang hier

 

Da ging einer nach dem anderen fort, die Ältesten zuerst.

Jesus aber ging auf den Ölberg. Am frühen Morgen begab er sich wieder in den Tempel, und das ganze Volk kam zu ihm, und er setzte sich und lehrte sie. Die Schriftgelehrten, Pharisäerinnen und Pharisäer brachten eine Frau, die beim Ehebruch ergriffen worden war, und stellten sie in die Mitte, und sie sagten ihm: „Lehrer, diese Frau ist ergriffen worden, wie sie gerade dabei war, Ehebruch zu begehen. In der Tora hat uns Mose geboten, solche Frauen zu steinigen. Was meinst du nun dazu?“ Dies sagten sie aber, um ihn auf die Probe zu stellen, damit sie etwas hätten, um ihn anzuklagen. Jesus aber beugte sich nieder und schrieb mit dem Finger in den Sand. Als sie dabei blieben, ihn zu fragen, richtete er sich auf und sagte ihnen: „Welche unter euch ohne Unrecht sind, mögen als Erste einen Stein auf sie werfen.“ Und er beugte sich wieder hinunter und schrieb in den Sand. Als sie dies hörten, gingen sie alle nacheinander weg, angefangen bei den Ältesten, und ließen ihn allein mit der Frau, die in der Mitte war. Jesus richtete sich auf und sagte ihr: „Frau, wo sind sie? Hat dich niemand gerichtet?“ Sie sagte: „Niemand, Rabbi.“ Jesus sagte ihr: „Auch ich richte dich nicht; geh und tue von jetzt an kein Unrecht mehr.“

Joh 8,1-11  Bibel in gerechter Sprache

 


Da ging einer nach dem anderen fort, die Ältesten zuerst.

Da ging einer nach dem anderen fort, die Ältesten zuerst. Ich mag 17 gewesen sein. Heute noch sehe ich den Jupp, unseren Jugendseelsorger auf unserer Jugendburg Feuerstein, wie er uns diese Worte eindrücklich vortrug und wiederholte: „die Ältesten zuerst!“ Und so haben sich diese Worte tief in mein Gedächtnis eingeprägt, so sehr, dass ich mein ganzes Leben lang die „Ältesten“ daran gemessen habe. Damit sind ja nicht die ältesten der Anwesenden gemeint, sondern die „Ältesten“, die Leiter und Vorsteher der Gemeinden. Wir verwenden dieses Wort heute noch: Unser Wort „Priester“ kommt vom griechischen „presbýteros – der Ältere“. Ja, die in der jüdischen Gemeinde angesehenen Gemeindeleiter mussten erkennen, dass sie selbst auch Sünder waren, Menschen, die Unrecht tun. – Wie anders meine Erfahrung daheim in unserer Gemeinde: Unser damaliger Pfarrer hat immer nur gesagt: Ihr sollt, ihr müsst dies und jenes tun oder lassen; und manchmal hat er „seine Schäfchen“ auch tüchtig abgekanzelt. Er war der, der über allen anderen stand, eben auf seinem „Postamentl“, von dem er nach dem Konzil hätte herabsteigen müssen. Denn es erinnert uns daran, dass die Taufe uns eingegliedert in „ein heiliges Volk, eine königliche Priesterschaft“; es erinnert uns an das Wort: „Einer ist euer Meister, ihr alle seid Brüder und Schwestern“.


Und wie sieht es heute in unserer Kirche aus? Vor 15 Jahren hat Pater Klaus Mertes SJ ein kirchliches Erdbeben in Deutschland ausgelöst: Er hat die jahrzehntelange sexualisierte Gewalt am Canisius-Kolleg in Berlin öffentlich gemacht – ausgerechnet im „Jahr des Priesters“, das Papst Benedikt ausgerufen hatte. Und wie war die Reaktion der Kirche – nein, nicht der Kirche, sondern der Kirchenleitung(!): nur einzelne schwarze Schafe, die Kirche ist heilig! Wiedergutmachung? Nein nein, nur Anerkennung des Leids. Die Aufarbeitung: schleppend, Salamitaktik – nur zugeben, was sowieso schon bekannt ist; Vertuschung, unter den Teppich kehren, Personalakten verschwinden lassen; Versetzung des Täters in eine andere Gemeinde, notfalls ins Ausland, damit er der deutschen Justiz entzogen ist; die Täter im Blick, nicht die Opfer, denen Papst Benedikt bis ins Jahr2002 mit der Exkommunikation drohte, sollten sie die Taten öffentlich machen. Kaum ein Bischof, der nicht verstrickt ist – und wenn es nur darum geht, dass es bis heute in etlichen Diözesen immer noch keine Aufarbeitung gibt. Das Ergebnis kennen wir: Die Kirche ist in ihren Grundfesten erschüttert – weltweit!

Wie anders handelt Jesus! Er geht nicht auf die provozierende Frage ein: Nach Mose soll eine solche Frau gesteinigt werden – was meinst du? Vielmehr bringt er die Ankläger dazu einzusehen, dass die strengen Gesetze nicht nur für andere da sind, sondern auch für sie selber: Wer von euch ohne Sünde ist, wer von euch ohne Unrecht ist, der werfe den ersten Stein. Wie wäre es denn, wenn nicht nur einzelne Priester, einzelne Bischöfe, einzelne Mitglieder der römischen Kurie sich von diesem Wort angesprochen fühlten? Es bräche ein neues Zeitalter in der Kirche an! 

Sich von dem Mann aus Nazaret inspirieren lassen müsste noch einen Schritt weiter gehen. In der Geschichte fällt auf, dass nur die Frau gesteinigt werden soll. Die Frau war sozusagen Eigentum des Mannes und hat dieses Besitzverhältnis gebrochen. Jesus sieht das anders, wenn er sagt: „Wer seine Frau entlässt und eine andere heiratet, begeht Ehebruch“ (Mt 19.9). Weil aus diesem Wort ein strenges Gesetz gemacht worden ist, sind jahrhundertelang geschieden Wiederverheiratete nicht zur Kommunion zugelassen worden – Priester waren davon nicht betroffen: sie waren ja nicht verheiratet, konnten also keine Ehe brechen… Jesus stellt Mann und Frau auf dieselbe Ebene. Er verurteilt die Frau nicht, sondern fordert sie auf, nicht mehr Unrecht zu tun; er will, dass sie ihr Leben in Freiheit und Verantwortung selbst in die Hand nimmt.

Da ging einer nach dem anderen fort, die Ältesten zuerst. Wann werden unsere „Ältesten“ nach dem Wort von Paulus handeln: „Wir sind nicht Herren über euren Glauben, sondern wir sind Mitarbeiter eurer Freude“ (2 Kor 1,24)?

Magnus Lux

 

Online-Andacht zur Karwoche

Dienstag 15. April 2025, 19:00 Uhr, Zugang hier

 

genug für alle – eigentlich

Dort in Gilgal lagerten also die Israelitinnen und Israeliten. Und dort feierten sie Pessach am Abend des 14. Tages des ersten Monats auf den Ebenen Jerichos. Am Morgen nach dem Pessach aßen sie vom Überschuss des Landes: ungesäuerte Brote und geröstetes Korn – an eben diesem Tag. Und am nächsten Tag hörte das Manna auf, weil sie vom Überschuss des Landes essen konnten; es gab kein Manna mehr für die israelitischen Frauen und Männer, Mädchen und Jungen: Sie aßen von der Ernte des Landes Kanaan in jenem Jahr. 

Jos 5,10-12  Bibel in gerechter Sprache

 

genug für alle - eigentlich

 

Vierzig Jahre waren die Israelitinnen und Israeliten unterwegs durch die Wüste, seit dem Auszug aus Ägypten, der Rettung am Schilfmeer. Die ganze Zeit war Gott mit ihnen unterwegs, zuerst in der Wolke und der Feuersäule, später in der Bundeslade und einer Grundhaltung des Zusammenlebens als Gemeinschaft (Zehn Gebote) – vor allem aber, und ganz praktisch, in der täglichen existenzsichernden Lebensmittellieferung, dem Manna. Jetzt sind sie endlich im Gelobten Land angekommen und können hier Pessach feiern. Pessach findet zwar ungefähr zur selben Jahreszeit statt wie unser Osterfest, das entstehungsgeschichtlich ja darauf aufbaut, aber während wir in Mitteleuropa Ostern mit dem Aufbrechen von frischem Frühlingsgrün verbinden, ist es in der Levante bereits ein Erntedankfest; das Wintergetreide kann geschnitten, frisches Korn gemahlen und zu Brot gebacken werden. So ist es nur konsequent, dass  die israelitischen Frauen und Männer, Mädchen und Jungen vom Überschuss des Landes essen, dort in Zukunft selbst weiterhin Getreide anbauen - und nicht mehr auf die göttliche Ration Manna angewiesen sind. Offensichtlich war genug für alle da.

Jetzt in der Fastenzeit machen verschiedene Hilfswerke darauf aufmerksam, dass heute oft nicht genug für alle da ist. Die ökumenische Kampagne in der Schweiz trägt dieses Jahr den Titel „Hunger frisst Zukunft“. Im Fastenkalender erzählen verschiedene Beiträge von fehlender Nahrung, fehlenden Perspektiven und zerstörten Leben – aber auch von Menschen und Gemeinschaften, die es wieder schaffen, eigenes Getreide anzubauen und vom Überschuss ihres Landes zu leben. Einer der Beiträge öffnet den Blick aufs Globale: „genug für alle – eigentlich“. Das Land, unser Planet Erde, liefert genug Ertrag, dass alle Menschen satt werden könnten, aber zu viel geht in Tierfutter, Bioenergie und industrielle Rohstoffe - oder durch unfaire Verteilung und durch Kriege und Bürgerkriege verloren. Das ist sicher ein Versagen von Weltpolitik und Weltwirtschaft. Aber es ist auch eine Herausforderung an jede und jeden von uns, an einer anderen Verteilung mitzuwirken.

Und Gott? Ja, Gott ist sicher mit unterwegs. Und Gott bietet immer noch eine Grundhaltung des Zusammenlebens als Gemeinschaft, auch als Weltgemeinschaft. Aber existenzsicherndes Manna für alle schickt Gott nicht mehr. Dafür müssen wir schon selber sorgen.

Tobias Grimbacher 

 

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Die Strafe folgt auf dem Fuß?

In dieser Stunde kamen Leute zu ihm, die ihm von Männern und Frauen aus Galiläa berichteten, deren Blut Pilatus mit ihren Opfergaben vermischt hatte. Jesus antwortete: „Meint ihr, dass diese sündiger gewesen seien als alle in Galiläa, weil sie so etwas erleiden mussten? Nein, sage ich euch. Wenn ihr nicht umkehrt, werdet ihr alle auch so zugrunde gehen. Oder jene 18, auf die der Turm von Schiloach stürzte und sie tötete – meint ihr, dass sie schuldiger gewesen seien als alle Menschen, die in Jerusalem wohnen? Nein! Ich sage euch: Wenn ihr nicht umkehrt, werdet ihr genauso zugrunde gehen.“

Und er erzählte ihnen ein Gleichnis: „Es hatte jemand einen Feigenbaum, der in seinem Weinberg gepflanzt war; und er kam immer wieder, um an ihm nach Frucht zu suchen. Er fand aber keine. Da sprach er zum Winzer: ´Es sind schon drei Jahre, dass ich komme, um nach Früchten an diesem Feigenbaum zu suchen, und nichts finde. So hau ihn um! Wozu nimmt er der Erde Kraft?` Er erhielt als Antwort: ´Herr, lass ihn noch dieses Jahr, bis ich den Boden ringsum gegraben und Dünger gegeben habe, dann könnte er künftig doch noch Frucht tragen. Wenn aber nicht, lass ihn umhauen.`“

Lk 13,1-9 Bibel in gerechter Sprache

 

Die Strafe folgt auf dem Fuß?

 

„Das war die Strafe Gottes! Sie haben nicht gebetet.“ sagte eine Frau nach der Flut im Ahrtal, der über 130 Menschen zum Opfer fielen. Die Nachrichten sind voll von furchtbaren Ereignissen, und immer drängt sich die Frage nach dem Warum auf. Ist es Gott, der zornig über die Sündhaftigkeit der Menschen Unglücke schickt? 

Die Kirche hat mit der Drohbotschaft eines strafenden Gottes Menschen in Angst versetzt und sie gefügig gemacht. Absolut unverständlich, denn die Botschaft nicht nur dieses Evangeliums lautet klar und deutlich: Gott ist kein strafender Gott. Die Lesung berichtet, dass er sich Mose als der „Ich-bin-da“-Gott offenbart hat, als er liebevoll in dessen Alltag trat. Er ist bei den Menschen und geht mit. Der Name Jesus bedeutet: Jahwe rettet.

Mit dem im Judentum allgemein verbreiteten Glauben an den göttlichen Bestrafer kommen „Leute“ zu Jesus und erzählen von zwei Unglücken. Überheblich sind sie, denn sie kommen sich besser vor als diese umgekommenen Galiläer. (Nathanael: „Was kann von Nazareth in Galiläa Gutes kommen?“) Jesus bestätigt ihre Sicht nicht, sondern er bezieht sie in das Geschehen ein: „Fasst euch an die eigene Nase.“ Er lenkt ihren Blick weg vom körperlichen Tod hin zum seelischen, geistlichen, der die ereilt, die nicht zu einem guten Leben umkehren wollen. Durch einen schlechten Lebenswandel verspielen sie ihr Leben selbst und gehen schon zu Lebzeiten seelisch zugrunde. Aber sie haben es in der Hand: Eine Kehrtwendung zu einem Leben in der Nachfolge Jesu schenkt Leben, sogar über den Tod hinaus, wie Jesus an anderer Stelle sagt. 

Zur Erklärung erzählt er ihnen ein Gleichnis aus einem ihnen bekannten Bereich: An den unfruchtbaren Feigenbaum, ein Bild für einen besonders sündigen Menschen, wird nicht „zur Strafe“ die Axt angelegt, sondern der Winzer, er steht für Jesus, will noch einmal bewährte Hilfsmittel anwenden zur Rettung des Baumes, des Menschen. Er bekommt eine neue Chance, wenn er umkehrt, und Jesus selbst steht hilfreich zur Seite und gibt alles, was wir brauchen, um wieder ins Leben zu kommen und je nach Möglichkeiten, Frucht zu bringen. Stellvertretend für ihn können das heute Freunde und Freundinnen, Seelsorger:innen, Autoren, Ärzte sein, …, die sich kümmern und behilflich sind beim ins-Leben-Finden. Auch Gebet, Meditation, Nachdenken, um Rat bitten usw. wirken wie Dünger; vieles steht uns zur Verfügung.

Und nun zurück zur Ausgangsfrage. Nein, nicht der strafende Gott schickt Unglücke usw., sondern Menschen sind dafür verantwortlich. Pilatus ist kein Handlanger Gottes, sondern er entschied zu morden. Kriege werden von Menschen geführt, die Ahrflut und andere Überschwemmungen sind auf die von Menschen gemachte Klimaerwärmung zurückzuführen, fehlerhafte Gebäude stürzen ein, verantwortungslose Autofahrer töten andere, Ignoranz, ungerechte Strukturen und Verhältnisse, Macht- und Besitzgier ... führen zum Tod vieler Menschen. „Diese Wirtschaft tötet!“ sagt Papst Franziskus. Prof. Paul Zulehner spricht von einer zunehmenden Gottvergessenheit. 

Denken wir immer daran: Wir Christen haben doch eine Frohe Botschaft: Unser Gott ist ein liebender Vater, der nichts anderes als das Leben will. Sein Sohn Jesus kam in die Welt und korrigierte mit Worten und Zeichen das durch Jahrhunderte tradierte falsche Gottesbild des 1. Testamentes, bei dem Vernichtung und Kriege missbräuchlich als Gottes Wille interpretiert wurden. Jesus scheiterte jedoch an den verblendeten, machtgierigen Religionsführern und wurde, wie sie meinten, im Namen Gottes mit dem Tod bestraft. Aber sie werden widerlegt: Jesus überwand den Tod und wurde von Gott zu neuem Leben auferweckt, was auch für uns bereitet ist.

Nicht nur jetzt in der Fastenzeit können wir uns durch Umgraben öffnen, düngen lassen und Gutes erzeugen und wachsen lassen. Wundervolles kann dann geschehen. „Du musst mit allem rechnen. Auch mit dem Schönsten.“ sagte Landesbischof Ralf Meister bei der Eröffnung der evangelischen Fastenaktion. Und wir sind aufgefordert, denen zur Seite zu stehen, die Schicksalsschläge erlitten haben und wenn nötig, versuchen, sie von irrigen Vorstellungen über Gott zu befreien. 

Genießen wir diese Theologie der Befreiung, nutzen wir „unverschämt“ alle Hilfsangebote und sind wir gespannt auf die Früchte, die wir bringen, wenn wir uns von Gottes Liebe düngen und von Jesus Kraft geben lassen. Der Erfolg folgt auf dem Fuß!

 

Brigitte Karpstein 

 

 

 

 

Berg Tabor

Etwa acht Tage nach diesen Worten nahm er Petrus, Johannes und Jakobus und stieg auf einen Berg hinauf, um zu beten.Während des Betens veränderte sich die Erscheinung seines Gesichts und sein Gewand leuchtete hell wie ein Blitz. Und siehe, zwei Männer sprachen mit ihm, Mose und Elija.Sie zeigten sich im Glanz und sie besprachen seinen Auszug, den er in Jerusalem erfüllen sollte. Petrus und die mit ihm waren, wurden schwer vom Schlaf; als sie erwachten, sahen sie seinen Glanz und die zwei Männer, die bei ihm standen. Als diese sich von ihm wieder trennten, sagte Petrus zu Jesus: „Meister, es ist schön, hier zu sein. Lass uns drei Zelte machen! Eines dir und eines dem Mose und eines dem Elija.“ Er wusste nicht, was er sagte. Noch während er dieses sagte, kam eine Wolke und überschattete sie. Sie fürchteten sich aber, als sie in diesen Schatten hineinkamen. Eine Stimme ertönte aus dem Gewölk: „Dieser ist mein Sohn, mein Auserwählter, hört auf ihn!“ Als die Stimme ertönte, war Jesus allein. Sie aber schwiegen und erzählten in jenen Tagen niemandem etwas von dem, was sie gesehen hatten.

Lk 9, 28-36 Bibel in gerechter Sprache

 

Berg Tabor

Der Tabor ist ein Gupf in der Landschaft, wie ein Vulkankegel. Ein Hügel – von wegen: „Er führte sie auf einen Berg.“ Da sucht sich Jesus im Tal drei Freunde aus und geht mit ihnen hinauf. Bergwandern war noch nicht üblich damals. Wird oben verklärt, plaudert mit Moses und Elias, sagt beim Heruntergehen: „Sagt niemandem, was ihr gesehen habt, bis….“ Die drei müssen ja außer Rand und Band gewesen sein. Das Ereignis ist ja nun wirklich nicht alltäglich. Sie müssen voller Glück gewesen sein. Wollten die Stelle nicht mehr verlassen. Reden vom Hüttenbauen. So verständlich! Wie sie das wohl geschafft haben, darüber den Mund zu halten? Oder haben sie das gar nicht?

 

Ich war an der Stelle dieser Verklärung. Gott sei Dank noch viel Natur, viele Bäume, aber auch viel verbaut, wie immer. Vermutlich gut so, so ist dieser Ort wenigstens eindeutig der Erinnerung an Jesus gewidmet. Die Kirche selber beeindruckt mich nicht, ich denke sie mir weg. Ich habe viele Fragen.

Was ist da wohl in dir vorgegangen, Jesus? Wie fühlt sich das an?
Hast du gewusst, was passieren wird? 
Suchst dir die drei aus und gehst hinauf. 
Weil du schon wusstest, dass du Moses und Elias treffen wirst? 
Hast du das „gemacht“ oder ist es dir geschenkt worden?
Weil du den dreien was zeigen wolltest? Sie in ihrem Glauben stärken wolltest? Ihnen was Gutes tun wolltest? 
Und warum nur die? 
Was hat die Verklärung für dich bedeutet? Moses und Elias reden mit dir über deinen Tod (woher genau weiß das Lukas?). Bist du erschrocken?
War das „normal“ für dich, weil du schließlich den Himmel gewohnt bist? Oder hat es dich in dem Bewusstsein, Gottes Sohn zu sein, bestärkt? 
„Wahrer Mensch und wahrer Gott“ – ich kann es einfach nicht fassen. 

 

Ich verstehe jetzt besser, dass sich Menschen auf eine klare, nachvollziehbarere Variante verlegen in ihrem Glauben. Dass manche einfach sagen, Gott ist in Menschengestalt auf die Welt gekommen, nicht als wirklicher Mensch. Oder andere, die behaupten, Jesus war Mensch und ist dann von Gott als „Sohn“ angenommen worden. 

Aber ich merke, dass ich das nicht kann. Weder noch. Ich mag mich auch gar nicht auf eine Seite schlagen, es mir leichter machen. Es ist, was es ist. Ich verstehe es nicht, in allen Einzelheiten: einfach NICHT. Ich muss es auch nicht verstehen, um es glauben zu können. 

Aber natürlich bleibt mein ganzer Kopf voller Fragen.

 

Ich freu mich auf den Himmel, wo wir dann endgültig Hütten bauen und bleiben können. Verklärung als Dauerzustand erleben. 

 

Ja, und dann gehen auch wir vom Berg wieder herunter. „Vor uns liegen die Mühen der Ebenen“.  Verklärung, Ekstase, überschäumendes Glücksgefühl ist noch kein regulärer Zustand. Die Normalität greift sich wieder ihren Platz. 

 

Martha Heizer

Der Teufel in Person

Erfüllt vom Heiligen Geist, kehrte Jesus vom Jordan zurück. Er wurde vom Geist in der Wüste umhergeführt, vierzig Tage lang, und er wurde vom Teufel versucht. In jenen Tagen aß er nichts; als sie aber vorüber waren, hungerte ihn. Da sagte der Teufel zu ihm: Wenn du Gottes Sohn bist, so befiehl diesem Stein, zu Brot zu werden. Jesus antwortete ihm: Es steht geschrieben: Der Mensch lebt nicht vom Brot allein. Da führte ihn der Teufel hinauf und zeigte ihm in einem Augenblick alle Reiche des Erdkreises. Und er sagte zu ihm: All die Macht und Herrlichkeit dieser Reiche will ich dir geben; denn sie sind mir überlassen und ich gebe sie, wem ich will. Wenn du dich vor mir niederwirfst und mich anbetest, wird dir alles gehören. Jesus antwortete ihm: Es steht geschrieben: Vor dem Herrn, deinem Gott, sollst du dich niederwerfen und ihm allein dienen. Darauf führte ihn der Teufel nach Jerusalem, stellte ihn oben auf den Tempel und sagte zu ihm: Wenn du Gottes Sohn bist, so stürz dich von hier hinab; denn es steht geschrieben: Seinen Engeln befiehlt er deinetwegen, dich zu behüten; und: Sie werden dich auf ihren Händen tragen, / damit dein Fuß nicht an einen Stein stößt. Da antwortete ihm Jesus: Es ist gesagt: Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht auf die Probe stellen. Nach diesen Versuchungen ließ der Teufel bis zur bestimmten Zeit von ihm ab. 

Lk4, 1-13 Einheitsübersetzung

 

 

Der Teufel in Person

 

Wo ist der Heilige Geist bei Jesus? Innerhalb oder ein Gegenüber? Es steht geschrieben, Jesus sei erfüllt vom Heiligen Geist. Doch dieser Geist führt Jesus auch, und zwar in die Wüste für 40 Tage. Er ist Wesenskern von Jesus und zugleich Führungskraft! ist er also innen und außen zugleich? Nein, die heilige Geistkraft ist innen und Jesus beugt sich ihr zu, gibt ihr Autorität über sein Verhalten. Jesus ist authentisch er selber nur mit dem Heiligen Geist als Mitte seines Wesens.

 

 

 

Jetzt kommt der Teufel ins Spiel. Hier stelle ich dieselbe Frage: ist der Teufel innerhalb von Jesus oder außerhalb? Das griechische Wort im Original ist hier diábolos. Das ist spannend! Der Begriff diábolos kann sowohl Adjektiv als auch ein Nomen sein.

 

 

 

Ein Adjektiv haben wir auch mit ‚Eigenschaftswort' übersetzt gelernt. Als Adjektiv bedeutet diábolos verleumderisch oder fälschlicher Weise beschuldigend oder verdächtigend oder auch jemanden ungerechtfertigter Weise verklagend. Diábolos als Nomen ist offensichtlich die substantivierte Form des Adjektivs. In der Übersetzung ist üblich, diábolos mit Teufel zu übersetzen, wenn es im Text als Singular benutzt wird, wird es dagegen im Plural verwendet, wird es als Adjektiv übersetzt. Seine Eigenschaft macht also den Teufel aus: verleumdend und anklagend ist er! Er ist nicht wie Jesus eine komplexe Persönlichkeit sondern hat eine einzige Eigenschaft, sie allein macht komplett sein Wesen aus.

 

 

 

Dieses Wesen Teufel wird stark, weil Jesus schwach wird. Hunger quält ihn. Die Israeliten hatten wegen ihres Hungers einst gegen Moses, Aaron und Mirjam aufbegehrt, wollten lieber wieder „Sklaven des Pharao“ sein.

 

 

 

So ging es jetzt auch Jesus: er war durch den Hunger aus seiner Mitte verschoben, war anfällig geworden für Verführung. Deshalb noch mal meine Frage: ist der Teufel innerhalb von Jesus oder außerhalb? Ist der Teufel wie Jesus eine eigenständige Person? Ein Absolutes gar, das völlig unabhängig von der menschlichen Perspektive existiert? In allen mir bekannten Jesus-Verfilmungen kommt der Teufel als Person zu Jesus in die Wüste und spricht von Außen zu ihm!

 

 

 

Den Teufel zu personalisieren, ihn nach Außen zu projizieren, hat schon viel Unheil hervorgebracht. Wer wurde nicht in der Menschheitsgeschichte schon zu einem Teufel gemacht: Juden, Zigeuner, Muslime, Migranten, Lesben und Schwule, Transsexuelle und sehr lange Zeit Frauen; Opfer wurden zu Tätern umgedeutet. Das angeblich Böse wurde und wird immer noch allzu gerne auf ein Außen verschoben und zur Ausrottung freigegeben. Ein Sieg der Verführung! 

 

Der Mensch stilisiert sich selbst zum Opfer einer außerhalb von ihm existierenden absoluten Macht, ist als sein Spielball ihm ausgeliefert und deshalb selber unschuldig! Ein Sieg der Verleumdung!

 

 

 

Innen sollen unsere Schlachten gegen das Böse stattfinden, nur dann hat der Kampf Aussicht auf Erfolg!

 

 

 

Ich wünsche eine gelingende Fastenzeit!

 

 

 

Johannes Brinkmann / Essen

 

 

 

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Schau mal wieder ins Net:

 

www.johannesbrinkmann.de

 



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Gespräche am Jakobsbrunnen

11. März 2025 

Prof'in Dr. Dr. h.c. Dorotha Sattler,

Direktorin des Ökumenischen Instituts der Katholisch-Theologischen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, neuestes Buch: Frauen im Amt. Ein Weg zu einer Erneuerung der Kirche (Herder 2024)

 

 

 

Splitter und Balken - Faschingsbrief zum 2. März 2025

Im Sieb bleibt, wenn man es schüttelt, der Abfall zurück;
so entdeckt man den Unrat eines Menschen in seinem Denken.
Der Brennofen prüft Töpferware
und die Erprobung des Menschen geschieht 
in der Auseinandersetzung mit ihm.
Den guten Boden eines Baumes bringt seine Frucht zum Vorschein;
so das Wort die Gedanken des Herzens.
Lobe keinen Menschen,
ehe du nachgedacht hast;
denn das ist die Prüfung für jeden!

Jesus Sirach, Sir 27, 4–7 Einheitsübersetzung[nbsp

(Evangelium Lk 6, 39–45 )

 

Splitter und Balken 

Faschingsbrief zum 2. März 2025

 

Am Faschingssonntag ist es Brauch
und deshalb wollen wir es auch:
Ich halte heute keine Predigt,
die Sache ist für mich erledigt.
Und deshalb hört ihr heute hier
`ne Büttenpredigt ohne Bier.

 

Auch heuer sehn wir uns nicht um,
es geht ums Evangelium.
Und Lukas ist der fromme Dichter,
ich hoffe, Euch geh‘n auf die Lichter.
Das wünsch‘ und hoffe ich gar sehr-
doch fürcht‘ ich, manchem fällt es schwer.

 

Dem anderen ins Auge sehen
und dann das Gleichnis bald verstehen.
Wer hat den Balken; wer den Splitter?
Die Antwort, die ist für uns bitter.
Du kannst beim Nächsten lange suchen:
Du hast den Balken – Pustekuchen!

 

Nee, Lukas, das kann gar nicht sein,
ich steig bei Jesus Sirach ein.
In seinem Text da les‘ ich glatt,
dass jeder viele Fehler hat;
der And‘re aber immer mehr.
Das find‘ ich gut, gefällt mir sehr!

 

Da bin ich gerne die Instanz,
die urteilt über jeden ganz.
Und kann ich was von ihm erwarten, 
dann hat er sicher gute Karten.
Wie gerne mag ich Richter sein
und schätze alle richtig ein!

 

Es ist ja auch nicht wirklich schwer,
die Dummheit scheint’s, wird immer mehr.
Ins höchste Amt wird der gewählt,
den sie am allermeisten quält.
Und noch ne Eigenschaft wär fein:
Er muss sehr egoistisch sein!

 

Das ist fast eine sich‘re Bank: 
Lass deine Bildung ja im Schrank!
Am besten, wenn du keine hast,
dann bist du schnell der liebste Gast
im Radio und auch im TV 
und zeigst: Es geht auch ohne sie.

 

Gut ist auch für die Karriere,
wenn da noch ein Vergehen wäre,
das unlängst unser Held begangen,
bevor er wieder angefangen.
Ein Spitzbube, den jeder kennt,
der wird ganz schnell mal Präsident.

 

Doch halt! Ich such‘ schon wieder Splitter
statt meiner Balken, das ist bitter.
Wie halte ichs mit dieser Welt?
Zuerst komm‘ ich mit meinem Geld.
Dann der, der handelt so wie ich.
Wer anders ist, der trolle sich. 

 

Schick die Migranten schnell nach Haus‘,
beut‘ weiter stramm die Erde aus,
auch wenn wir sie ins Wasser treiben,
wenn wir nur selber trocken bleiben.
Erst kürzlich hab ich den gewählt,
der mich nicht mit Verzichten quält. 

 

Solange ich das Urteil fälle,
sitz‘ ich natürlich an der Quelle,
wo jeden ich bewerten kann.
Was mich betrifft- geht keinen an!
So finde ich als edler Ritter
in Deinem Auge jeden Splitter-

 

und wäre er auch noch so klein.
Da kannst Du wirklich sicher sein?!
„Nein“, sagt da Jesus, „oh Ihr Blinden,
wie wollt Ihr denn den Splitter finden
bei dem, den Ihr den Bruder nennt,
wenn Euch der Balken von ihm trennt- 

 

in Euerm Auge. Ach Du Tropf! 
Damit stößt Du ihn vor den Kopf
und kommst gar nicht so dicht heran, 
dass man den Splitter finden kann
in seinem Auge. Geh jetzt heim,
wir gehen Dir nicht auf den Leim!“ 

 

Da steh’n wir nun mit unsern Balken
Und hoffen, dass wir nicht verkalken,
bevor wir sie herausgezogen
und ihren Inhalt abgewogen: 
Den Egoismus und den Frust,
dass irgendwas Du teilen musst.

 

Die Feigheit und Bequemlichkeit,
wenn jemand Hassparolen schreit;
was sind die Balken lang und dick!
Wir grollen unserm Missgeschick-
Wir sind doch meist recht gute Christen?!
Du kannst nicht Jesus überlisten!

 

Zieh tapfer Deinen Balken raus,
dann siehst Du gleich viel besser aus.
Und nachher, in der Fastenzeit,
da gibt es die Gelegenheit 
aus Balken mal ein Haus zu baun
und abzureißen manchen Zaun,

 

der uns von unserm Nächsten trennt,
der uns bisher nur flüchtig kennt,
weil wir uns meistens abgeschottet 
und unsre Habe eingemottet,
statt denen etwas abzugeben,
die nur mit unsrer Hilfe leben.

 

Denn wer das erst einmal versucht,
der ist der „Baum mit guter Frucht“.
Der kann sich freuen an den Gaben,
die wir von Gott empfangen haben;
und an der Schönheit der Natur,
die uns umfängt in Wald und Flur;

 

hat Zeit, mit anderen zu lachen, 
was unvernünftiges zu machen;
zu feiern in der Faschingszeit.
Gott hält all das für uns bereit,
was wir für morgen nötig haben
für unser Wohl und für die Gaben,

 

die wir mit Freude weiter geben.
Und wenn wir Hass und Wut erleben,
wir finden uns nicht damit ab
und halten gegen, nicht zu knapp
in unserem und Gottes Namen!
Das wollt‘ ich heute sagen. 

Amen 

Dr, Reinhard Olma

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Dienstag, 4. März 2025, 19:00

Andacht mit Austausch

 

Gespräche am Jakobsbrunnen

11. März 2025 

Prof'in Dr. Dr. h.c. Dorotha Sattler,

Direktorin des Ökumenischen Instituts der Katholisch-Theologischen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, neuestes Buch: Frauen im Amt. Ein Weg zu einer Erneuerung der Kirche (Herder 2024)

 

8. März 2025 14:00 -18:00

52. Wir sind Kirche-Bundesversammlung online

"Wie Frauen die Kirche ändern..." 

 

mit Birgit Mock, Vizepräsidentin des ZdK und Mitglied des Synodalen Ausschusses, Co-Leitung der Kommission zur Evaluation der Umsetzung der bisherigen Beschlüsse des Synodalen Wegs

Mit dem Maß, mit dem ihr messt…

Zu euch, die ihr zuhört, sage ich:
Liebet, die euch feindlich gegenüberstehen, und tut Gutes denen, die euch hassen. Heißt die willkommen, die euch fluchen, und betet für die, die euch schlecht behandeln.
Wenn dich jemand auf die eine Wange schlägt, halte auch die andere Wange hin, und wenn jemand dein Obergewand wegnimmt, kämpfe nicht für das Untergewand. Gib allen, die dich bitten, und fordere von denen, die von dir nehmen, nichts zurück. Wie ihr wollt, dass euch die Leute tun, so sollt auch ihr ihnen tun. Wenn ihr nur die liebt, die euch lieben – welchen Dank erhaltet ihr dann? Denn auch diejenigen, die Unrecht tun, lieben die, die sie lieben. Wenn ihr denen Gutes tut, die euch Gutes getan haben, welchen Dank erwerbt ihr euch? Diejenigen, die Unrecht tun, verhalten sich auch so. Und wenn ihr denen ausleiht, von denen ihr hofft, zu erhalten, welchen Dank erhaltet ihr? Auch diejenigen, die in Unrecht verstrickt sind, leihen ihresgleichen, damit sie gleichermaßen auch erhalten.

Jedoch: Liebet eure Feinde und Feindinnen, tut Gutes und leiht aus, ohne etwas zu erhoffen! Dann wird eure Vergütung groß sein, und ihr werdet Söhne und Töchter des Höchsten, denn auch Gott wendet sich gütig den Ungütigen und Bösen zu. Habt Mitleid, wie auch Gott mit euch leidet. Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet. Verurteilt nicht, damit ihr nicht verurteilt werdet. Sprecht frei und ihr werdet freigesprochen! Gebt und Gott wird euch geben. Was dann in euren Schoß fallen wird, ist wie ein gutes Maß Getreide, voll gedrückt, gerüttelt, überfließend! Denn mit dem Maß, mit dem ihr messt, wird Gott euch im Gegenzug abmessen.

 

Lk 6,27-38 Bibel in gerechter Sprache  

 

Mit dem Maß, mit dem ihr messt…

Oje, was wird uns da zugemutet! „Liebt, die euch feindlich gegenüberstehen, und tut Gutes denen, die euch hassen.“ Na so weit kommt‘s grade noch! Wir haben doch nun wirklich genug damit zu tun, den Menschen Gutes zu tun, denen wir nahestehen. 
Und weiter: „Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet. Verurteilt nicht, damit ihr nicht verurteilt werdet. Sprecht frei und ihr werdet freigesprochen!“ Ja geht’s noch? Wir brauchen doch Gerichte, Verbrecher müssen doch bestraft werden! Wie soll denn menschliches Zusammenleben sonst gelingen?
Der tröstliche Spruch „Gebt und Gott wird euch geben“ klingt ja recht nett, aber das ist doch eine bloße Vertröstung, zu schön, um wahr zu sein! Es gibt genug Beispiele, wo der Gebende der Gelackmeierte ist und in die Röhre guckt. Es gibt genug Beispiele, wo der Freigesprochene sich eins ins Fäustchen lacht. Es gibt genug Beispiele, wo der mir feindlich Gesinnte erst recht zuschlägt, wenn ich ihm entgegenkomme.
Also lassen wir’s doch, das ganze christliche Gesums. Mit dieser Moral ist kein Staat zu machen!

So, damit wären wir in der Realität angelangt. Wer gegen mich ist, den werde ich niederzumachen versuchen, nur das hält ihn in Schranken. Wer mich schlägt, den haue ich kräftig zurück, nur dann hört er doch auf. Soll ich mich denn weiter verdreschen lassen? Und wenn mir jemand was wegnimmt, das geht gar nicht, dagegen werde ich mich mit allen Mitteln zur Wehr setzen. Und ja, ich habe genug mit mir und meiner Familie zu tun, als dass ich noch anderen was geben könnte; sollen sie doch selber schauen, wie sie zurechtkommen. Und natürlich muss der verurteilt werden, der mir Unrecht getan hat, das ist sozusagen mein gutes Recht; freisprechen? lächerlich!

Jetzt müssen wir uns freilich fragen: „Ist denn mit dieser Einstellung Staat zu machen?“ Dann sind wir doch beim Recht des Stärkeren, schließlich gar beim Unrecht der Autokraten und Diktatoren, die sich selber in den Vordergrund stellen, nur auf den eigenen Vorteil bedacht sind und letztlich niedermachen, wer gegen sie ist. Es gibt auch hier genug Beispiele nicht nur aus der Vergangenheit, sondern leider auch aus unserer Gegenwart.

Und da fällt mein Blick auf den letzten Satz des heutigen Evangeliums: „Mit dem Maß, mit dem ihr messt, wird Gott euch im Gegenzug abmessen.“ Oder, wie es in der Einheitsübersetzung heißt: „Nach dem Maß, mit dem ihr messt, wird auch euch zugemessen werden.“ Wir müssen gar nicht Gott bemühen, um zu verstehen, was Sache ist.

Worum geht es also? „Liebt, die euch feindlich gegenüberstehen.“ Ich muss einen Menschen, der mir feind ist, nicht überschwänglich umarmen, aber ich muss ihm die Stelle zugestehen, die ihm als Mensch zusteht, auch wenn er ganz andere Vorstellungen hat als ich – das ist Liebe. Tu ich das nicht, dann bin ich nicht besser als er. Vergeltung oder gar Rache schmälern auch die eigene Lebensqualität. Wie soll das Leben ohne Vergebung und Versöhnung weitergehen? „Gib allen, die dich bitten, und fordere von denen, die von dir nehmen, nichts zurück.“ Den Menschen in der dritten Welt, die wir aus der ersten Welt jahrhundertelang ausgebeutet und darauf unseren Wohlstand gegründet haben, zu geben, was sie heute brauchen, ist eine selbstverständliche Wiedergutmachung – und kostet uns weniger, als wenn sie zu uns kommen und hier ein gesichertes Leben einfordern; ohne Schuldenerlass werden viele Länder aber auf keinen grünen Zweig kommen. „Verurteilt nicht, damit ihr nicht verurteilt werdet.“ Wir sind schnell dabei, andere zu verurteilen, die sich nicht an unsere Regeln halten, aber wir fordern für uns, dass wir uns frei entfalten können und dass das jede*r akzeptiert; schließlich haben wir ja recht. 

Lassen wir uns doch einmal darauf ein, darüber nachzudenken, mit welchem Maß wir messen – und was und blüht, wenn wir an diesem Maß gemessen werden… Ja, was uns der Mann aus Nazaret zumutet, ist eine Utopie, also etwas, was nirgends verwirklicht wird. Wir alle sehnen uns aber danach, dass diese Utopie wenigstens ein Stückweit Wirklichkeit wird; denn dann könnte Leben besser gelingen. Es ist ein Traum, den wir träumen, es ist eine Hoffnung, die uns im Innersten hält. Träumen wir doch gemeinsam!

„Wenn eine*r alleine träumt, ist es nur ein Traum. Wenn viele gemeinsam träumen, so ist das der Beginn einer neuen Wirklichkeit“ (Dom Hélder Câmara, Bischof aus Brasilien).

Magnus Lux

 

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Gespräche am Jakobsbrunnen

 

Dienstag, 18. Februar 2025

Prof. Dr. Ulrich Lüke, Priester, Lehrer, Biologe und emeritierter Theologie-Professor, Münster:

"In Gottes Hand.Glaube in Krankheit und Leid - Erfahrungen eines Krankenhauspfarrers"

 

8. März 2025 14:00 -18:00

52. Wir sind Kirche-Bundesversammlung online

"Wie Frauen die Kirche ändern..." 

 

mit Birgit Mock, Vizepräsidentin des ZdK und Mitglied des Synodalen Ausschusses, Co-Leitung der Kommission zur Evaluation der Umsetzung der bisherigen Beschlüsse des Synodalen Wegs

Kathedra Petri – Petri Stuhlfeier

Anlässlich des besonderen Festes "Kathedra Petri" ein Sonntagsbrief außer der Reihe

Die Ältesten unter euch möchte ich nun um etwas bitten. Ich selbst bin auch Ältester, bin Zeuge des Leidensweges Christi geworden und ich habe teil an dem Glanz Gottes, der offenbar wird. Hütet die Herde Gottes, die bei euch ist, ohne eure Obhut aus Pflichterfüllung auszuüben, sondern freiwillig, weil es Gott gefällt. Ihr sollt diese Aufgabe auch nicht übernehmen, weil ihr euch einen Gewinn versprecht, sondern aus innerem Antrieb heraus.  Ihr sollt nicht Aufsicht führen wie die, die über ihr Eigentum gebieten, sondern ihr sollt eure Aufgabe so ausführen, dass ihr Vorbilder werdet für die Herde. Und wenn der erste Hirte von allen für alle sichtbar geworden ist, werdet ihr den glänzenden Siegeskranz erlangen, der nie verwelkt.

1 Petr 5, 1-4 Bibel in gerechter Sprache

Als Jesus in die Gegend von Cäsarea Philippi kam, fragte er seine Jünger und Jüngerinnen: „Was sagen die Menschen, wer der himmlische Mensch sei?“ Sie antworteten: „Manche sagen: Johannes der Täufer, andere: Elija, noch wieder andere: Jeremia oder noch eine andere prophetische Person.“ Er sagte zu ihnen: „Und für wen haltet ihr mich?“ Simon Petrus sagte: „Du bist der Messias, der Sohn Gottes, der Lebendigen.“ Jesus antwortete ihm: „Selig bist du, Simon Barjona, weil dir das nicht Fleisch und Blut offenbart hat, sondern Gott, für mich Vater und Mutter im Himmel. Und ich sage dir: Du bist Petrus, der Fels, und auf diesen Felsen werde ich meine Gemeinde bauen. Die Tore der Totenwelt sollen sie nicht überwältigen. Ich gebe dir die Schlüssel zur Welt Gottes. Was du auf der Erde bindest, soll im Himmel gebunden sein, was du auf der Erde löst, soll im Himmel gelöst sein.“

Mt 16, 13-19 Bibel in gerechter Sprache  

 

 

Kathedra Petri 

 

Das Fest Kathedra Petri – Petri Stuhlfeier. Wie bitte? Ja, richtig gehört! Der „Heilige Stuhl“ ist ein völkerrechtliches Subjekt der besonderen Art: keine Staatsmacht, kein Staatsgebiet, kein Staatsvolk, sondern die Verkörperung der obersten Leitungsorgane der katholischen Kirche mit ihrem Zentrum, dem Papst. Und der Papst ist ja der Nachfolger des Petrus, des ersten Papstes, des „Apostelfürsten Petrus“ – über diesen Titel hätte sich der kleine Fischer aus Betsaida wohl sehr gewundert. Wehe, es denkt bei der Festlichkeit jemand an „heiligen Stuhlgang“! So freilich hat es ein früherer Pfarrer in unserer Gemeinde immer genannt. Und wer der Kathedra Petri bewundernd und andächtig begegnen möchte, kann das im Petersdom tun. Dort sitzt Petrus als Bronzefigur auf einem Marmorthron über einem Marmorsockel, wohl um den Machtanspruch der Päpste sehr augenscheinlich darzustellen. Aber bitte den linken Fuß streicheln, der rechte ist im Laufe der Jahrhunderte bis zur Unkenntlichkeit verstreichelt worden.

Heiliger Bimbam, Patron der Glocken! Wer kennt sie nicht, diese „feierliche Anrufung“, wenn es wieder einmal darum geht, sich über die Inflation des Heiligen in der Kirche lustig zu machen. Ist in Rom doch alles „heilig“, angefangen vom „Heiligen Vater“ – verstörend, denn im NT steht: „Niemand von euch soll sich Vater nennen, denn nur einer ist euer Vater, der im Himmel“ (Mt 23,9). Macht nichts, so genau nehmen wir’s nicht. Es heißt ja im Hochgebet schließlich auch: „In Wahrheit ist es würdig und recht, dir, Herr, heiliger Vater, immer und überall zu danken…“ Ach so, damit ist Gott gemeint – ursprünglich jedenfalls. Interessant ist, dass beim Schreiben des Begriffs „heiliger Vater“ in diesem Zusammenhang das Wort „heilig“ doppelt blau unterstrichen ist; es wird also korrekterweise erwartet: „Herr, Heiliger Vater…“ Und der „Heilige Vater“ hat wieder einmal die „Heilige Pforte“ für ein „Heiliges Jahr“ geöffnet. Und Rom war „not amused“, dass in einigen Diözesen auch eine „Heilige Pforte“ geöffnet wurde, das steht offenbar nur dem Heiligen Vatikan zu. Und der nennt den Beichtstuhl „Heilige Pforte für die Seele“. Na wenn das nichts ist! Da fällt mir der alte Buchtitel ein: Vorwärts, Kameraden, wir müssen zurück!“

Und da bin ich beim Thema: Wir müssen zurück! – aber nicht bis 1870 zur Verkündung (nicht zu verwechseln mit dem Wort Verkündigung!) der Unfehlbarkeit, wo sich ein Mensch anmaßt, in Glaubens- und Sittenfragen unfehlbar zu sein – entgegen der Lehre vom sensus fidei fidelium, dem Glaubenssinn der Glaubenden, wie sie schon Paulus vertritt: „Jedem aber wird die Offenbarung des Geistes geschenkt, damit sie anderen nützt“ ( 1Kor 12,7). Wir müssen zurück – aber nicht bis 1870 zur Verkündung des Primats: Der Papst besitzt die volle, höchste, unmittelbare und universelle Gerichtsbarkeitsgewalt zur Leitung der Kirche. Und so werden die Diözesen weltweit gern „Teilkirchen“ genannt. „Roma locuta, causa finita – Rom hat gesprochen, der Fall ist entschieden.“ Basta, Widerspruch zwecklos! Die Bischöfe werden damit als austauschbare Abteilungsleiter des Papstes gesehen – und so behandelt. Da denke ich an ein Wort von Shakespeare: „Cäsar wär kein Wolf, wenn ernicht säh, die Römer sind nur Schafe.“

Doch die Weltkirche setzt sich aus den verschiedenen „Ortskirchen“ mit ihrem jeweiligen Bischof zusammen, dessen Leiter der Bischof von Rom ist. Jaja, römische Weltkirche, aber erst, seit die lateinische Kirche sich als die einzig wahre bezeichnet und der Papst somit der verbleibende Patriarch des Westens ist. Die Alte Kirche kannte seit dem Konzil von Chalcedon 451 eine Rangfolge der fünf wichtigsten Patriarchate: Rom, Konstantinopel, Alexandrien, Antiochien und Jerusalem. Es ist doch immer gut, die Geschichte der Kirche nicht aus dem Auge zu verlieren. Darauf weist eine Anekdote hin: Ein katholischer Theologe und ein Rabbi unterhalten sich. Fragt der Rabbi: Was macht ihr Katholiken eigentlich mit jemandem, der anderer Meinung ist? Strikte Antwort: Anathema sit! (der sei ausgeschlossen, wörtlich: verflucht). Fragt der Katholik: Und was macht ihr? Der Rabbi darauf verschmitzt: Oh, wir heben die andere Meinung auf; vielleicht brauchen wir sie ja später noch einmal.

Stimmt! Vielleicht brauchen wir sie noch. Wie heißt es im 1. Petrusbrief: „Hütet die Herde Gottes ... Ihr sollt nicht Aufsicht führen wie die, die über ihr Eigentum gebieten, sondern ihr sollt eure Aufgabe so ausführen, dass ihr Vorbilder werdet für die Herde.“ „Hierarchie = heilige Herrschaft“ – wie verträgt sich diese Bezeichnung mit dem Begriff „ministerium = Dienst?“ Ist der von Franziskus verwendete Begriff „synodale Kirche“ nicht eher zutreffend: eine Kirche, die Gemeinde des Herrn, die sich gemeinsam auf den Weg macht? Ein Vergleich der Einheitsübersetzung mit der Bibel in gerechter Sprache gibt uns einen weiteren Hinweis. Dort heißt es: „Du bist Petrus und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen.“ Und hier: Du bist Petrus, der Fels, und auf diesen Felsen werde ich meine Gemeinde bauen.“ „Ecclesía kyriaké“ ist die „Gemeinde des Herrn“; aber als „Kirche“ wurden jahrhundertelang die Kleriker verstanden (obwohl im NT alle Getauften Kleriker, d.h. von Gott Erwählte sind), zu den „Laien = Mitglieder des Volkes Gottes“ rechneten sie sich nicht; die Laien waren plebs sancta, der heilige Pöbel. Es war schon ein Fortschritt, als von „lehrender“ und „hörender“ Kirche die Rede war.

Nun, welche Bedeutung hat nach jahrhundertelangem Streit in der Kirche die Rede von Petrus als dem Felsen, als dem ersten Papst für uns heute? Auch da tun wir gut daran, uns nicht auf die Machtansprüche, ja Weltmachtansprüche vieler Päpste durch alle Jahrhunderte zu beschränken, sondern zurückzugehen bis in die urchristliche Zeit. Schon die Rede von Petrus als dem ersten Papst ist anachronistisch, weil heutiges Verständnis in die damalige Situation übertragen wird. Den Titel „Papst“ trägt seit alters der Leiter der koptisch-orthodoxen Kirche in Ägypten, für den Bischof von Rom ist er von Gregor VII. 1075 festgelegt worden. Päpste und Gegenpäpste lagen immer wieder im Wettstreit; 1414 setzte das Konzil von Konstanz drei Päpste ab und wählte Martin V. Mit Benedikt XVI. trat nach vielen Jahrhunderten wieder einmal ein Papst freiwillig zurück; er entzauberte den Mythos, den Johannes Paul II. bis zu seinem Tod aufrechterhalten hat: auch Jesus sei nicht von seinem Kreuz herabgestiegen.

Die Antwort auf die Frage: Brauchen wir heute überhaupt noch einen Papst? ist eindeutig: Ja! Auf Petrus, den Felsen, baut Jesus, den wir als den Christus bekennen, seine Kirche auf: seine Kirche, seine Gemeinde. Und so ist der Petrusdienst immer ein Dienst an den Menschen; denn „der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen“ (Mk 10,45). Petrus, der Petrusdienst „bindet“ uns an die Notwendigkeit der Umkehr und Buße und „löst“ uns von Schuld. Der Papst ist der Diener, ja der Garant der Einheit aller Christen und Christinnen. Wie kann er vom „Stolperstein“ zum „Eckstein der Ökumene“ werden? Bei katholisch.de können wir am 2.1.2025 lesen: Das vatikanische Dokument „Der Bischof von Rom“ wirbt für ein neues Verständnis und eine andere Ausübung des Papstamtes, mit der der Papst künftig von anderen christlichen Kirchen als Ehrenoberhaupt akzeptiert werden könnte. Es hebt drei Prinzipien für den weiteren ökumenischen Dialog hervor: Erstens den „Primat der Ehre, ähnlich wie im ersten Jahrtausend“. Ein weiteres Prinzip: „Synodale Entscheidungsprozesse“ als Gegengewicht zur zentralisierten Autorität. Und ein drittes: die „Subsidiarität“: Entscheidungen sollten so weit wie möglich auf lokaler Ebene getroffen werden, wobei der Primat nur eine vermittelnde und unterstützende Rolle spielt.

Der Petrusdienst könnte ein neues Gesicht bekommen, ja, er muss es bekommen, wenn Kirche im 3. Jahrtausend eine Zukunft haben soll. Nicht „Ein Haus voll Glorie schauet“ kann das Leitmotiv sein, sondern vielmehr: „Geh mit uns auf unserm Weg“.

Magnus Lux

 

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Gespräche am Jakobsbrunnen

 

Dienstag, 18. Februar 2025

Prof. Dr. Ulrich Lüke, Priester, Lehrer, Biologe und emeritierter Theologie-Professor, Münster:

"In Gottes Hand.Glaube in Krankheit und Leid - Erfahrungen eines Krankenhauspfarrers"

 

8. März 2025 14:00 -18:00

52. Wir sind Kirche-Bundesversammlung online

"Wie Frauen die Kirche ändern..." 

 

mit Birgit Mock, Vizepräsidentin des ZdK und Mitglied des Synodalen Ausschusses, Co-Leitung der Kommission zur Evaluation der Umsetzung der bisherigen Beschlüsse des Synodalen Wegs

Solidarität nach unten provoziert die Hartherzigen

Als er mit ihnen hinuntergestiegen war, stellte er sich auf einen ebenen Platz. Da war eine große Schar seiner Jüngerinnen und Jünger und viel Volk aus ganz Judäa und Jerusalem, sowie aus dem Küstenstreifen von Tyrus und Sidon. Die waren gekommen, um ihn zu hören und um geheilt zu werden von ihren Krankheiten. Die von unreinen Geistern Gequälten wurden geheilt, und die ganze Menge wollte ihn berühren, denn Kraft strömte aus ihm und heilte alle. Er richtete seinen Blick auf seine Jüngerinnen und Jünger und sprach:

„Glücklich seid ihr Armen, denn die Herrschaft Gottes ist auf eurer Seite!

Glücklich seid ihr Hungrigen, denn ihr werdet satt werden!

Glücklich seid ihr Weinenden, denn ihr werdet lachen!

Glücklich seid ihr, wenn die Menschen euch hassen und euch ausgrenzen, euch beschimpfen und meinetwegen eure Namen aus der Gemeinschaft streichen.

Freut euch an jenem Tag und jubelt, seht: Euer Lohn wird groß sein im Himmel, denn so haben eure Vorfahren stets an den Propheten und Prophetinnen gehandelt!

Jedoch: Euch Reichen wird es schlecht ergehen, ihr verliert euren Trost!

Ihr, die ihr euch jetzt voll gestopft habt: Euch wird es schlecht ergehen, ihr werdet noch hungern.

Ihr, die ihr jetzt lacht: Euch wird es schlecht gehen, ihr werdet noch trauern und klagen!

Euch wird es schlecht ergehen, wenn alle Menschen gut von euch reden, denn so haben eure Vorfahren stets von den Lügenpropheten gesprochen."

Lk7, 17-26 Bibel in gerechter Sprache

 

Solidarität nach unten provoziert die Hartherzigen

Ich bewundere, was diese Frau wagt. Die erste Bischöfin der Kirche von Washington, Mariann Budde, Tochter schwedischer Eltern, geboren in Indiana, herausgekämpft aus schwierigen Verhältnissen, liest dem allmächtigsten Mann sanft, klar und überzeugt die Leviten. Der glaubt, von Gott gerettet und gesandt zu sein, um sein Land großartig zu machen. Sie hält eine moderne „Feld-Predigt“. Zuerst gelte, Einheit beruht auf Würde, Ehrlichkeit, Bescheidenheit. Sie bittet den grimmig schauenden Präsidenten um Erbarmen mit immigrierten Armen, die ernten, reinigen, putzen, tellerwaschen, pflegen, Steuern zahlen und überwiegend gute Nachbarn seien. Sie bittet um Gnade und fällt - in Ungnade. Wie 2020, als sie sich empörte, dass der nach dem Tod von George Floyd durch einen Polizisten mit der Bibel posierte, während er erwog, Black-Lives-Matter-Protest mit Tränengas zu bekämpfen. Konflikte haben Offenbarungscharakter. Immer wenn Prophetische auf Falschmünzer stoßen, wird im Zusammenprall der Gegensatz von Wahrheit und Lüge offenbar. Nur braucht es dazu Menschen, die keine Konflikte scheuen. Sie solle sich entschuldigen für ihren „bösen Ton“, sagt ausgerechnet der Trampel Trump. 

In seiner „Feld-Rede“ tritt Jesus eindeutig auf die Seite der Schwächeren. Als Zeichen seiner Volksnähe steigt er vom Berg herab, redet auf Augenhöhe mit Menschen aus Judäa, Jerusalem, von der Küste. Die große Schar seiner Jünger*innen wird Augenzeuge seiner Solidarität nach unten. Nichts anderes lebt die Bischöfin Mariann Budde. Würde sie damit nicht Anstoß erregen, könnte sie gleich den Evangelikalen beitreten, die kritiklos einen Schwall Segen herabrufen auf einen Krawall-Präsidenten, der großspurig eine „Goldene Ära“ auf Kosten der Ärmsten verspricht. Prophet*innen sind anstößig im guten Sinn des Wortes. Jesus ist die Quintessenz dessen, was das Magnificat als Umsturz falscher Ordnungen ankündigt. Was Gott missfällt, wird keinen Bestand haben. Soziale Kälte darf nicht regieren. 

Erst im Nachhinein begreifen die Jünger Jesu, wem sie da gefolgt sind: „Jesus von Nazareth, der ein Prophet war, mächtig in Tat und Wort vor Gott und allem Volk (Lukas 24,19). Das Prophetische hat bei Jesus Vorrang vor dem Priesterlich-Liturgischen. Wer sich an ihm orientiert, darf kein Leisetreter sein. Harmonie darf nicht zum Höchstwert avancieren. Jesu Mut hat den höchsten Preis zu zahlen. Da reihen sich Jesu Sätze ein vom Schwert und von der Scheidung der Geister. Das redet nicht Gewalt und Spaltung das Wort, sondern greift genau Gewalt und Spaltung auf als Dissonanzen mit Gottes Hauptgeboten, die durch „Erbarmen“, „Liebe“ und „Vergebung“ glänzen. Dissonanzen können nur durch Güte und Gerechtigkeit beseitigt werden. Ich liebe das Prophetische im Christentum. 

Jesus macht Hoffnung, dass die Verabredungen geltender Rangordnungen und Werte vor Gott hinfällig sind. Er schneidet Ressentiments den Weg ab in den Traum von finaler Revanche. Gotteszorn-Tendenzen schlagen (leider) in Fluch-Psalmen und in der johanneischen Apokalyptik durch. Jesus hält keine Drohreden, weil er nicht vom Zorn Gottes ausgeht. Stattdessen wirbt er für Feindesliebe, die Goldene Regel (Lk 6,31), Verzicht auf Verurteilen, Erbarmen. Selig zu preisen seien also die im Dunklen: Arme, Hungernde, Trauernde, Außenseiter. Verfolgten Propheten ähnlich, die Jesus anführt, um die Herrschaftsclique in ihrer Verachtung für das Volk zu entlarven. Ein Wehe schleudert der Provokateur der Hartherzigen Reichen, Satten, (Sich-ins-Fäustchen-) Lachenden, fälschlich Hymnisch-Gelobten hin. Diese glichen bigotten Propheten, welche die Interessenpolitik der Mächtigen unterstützen und dafür gut und profitabel wegkommen. Sie werden bei Hof, bei Tisch, im Kapitol geduldet. Kritik am System ist Narrensache. Propheten sind Narren, stets in Lebensgefahr, wenn sie nicht rechtzeitig fliehen. 

Was für einen Mut bieten unsere Bischöfe? Sie schweigen kleinlaut, selbst wenn sie vom Papst um „mutige Vorschläge“ zur Reform gebeten werden. Fällt ihnen am Ende nichts ein? Am Ärgsten finde ich, wenn sie, wie bei sexuellem oder spirituellem Missbrauch, nur aktiv werden, um ihren Laden zu hüten anstatt sich um die Opfer zu kümmern. Solche „Ladenhüter“ - bitte im doppelten Wortsinn! - braucht die Welt wirklich nicht. Darüber scheinen Bischöfe im Amt vergessen zu haben, dass sie sich ihre Autorität im Volk erst verdienen müssen. Mit liturgischen Hochämtern verfehlt man allerdings das Prophetische Jesu. Das provoziert eine kalte, unsoziale Machtpolitik mit einem glühenden Eifer für sein ganz anderes Reich. Wir sind mit einer angstmildernden Hoffnung über den Tod hinaus beschenkt. 

Wir sehen, wie Predigt und Segen vereinnahmt, politisch missbraucht werden, wenn etwa ein Patriarch Kyrill den Kriegstreiber Putin oder Schwalllobhudler den Populisten und notorischen Lügner Trump als „Erlöser“ preisen. An ihren Früchten werden sie erkannt werden. Wer Städte verwüsten oder Menschen massenhaft deportieren oder normieren will und auf Rachefeldzug geht, gleicht eher dem kahlen Strauch auf Wüstenboden als dem gut verwurzelten Baum am Wasser, grün, fruchtbar und ein Segen für die Bewohner des Landes. Wir aber sind jederzeit eingeladen, Solidarität nach unten zu leben - im Sinn der Seligpreisungen. Hoffnung hört auf die Seufzer der kleinen Leute.

Einen schönen solidarischen Sonntag wünscht

Günther M. Doliwa, 24.1./2.2.2025

www.doliwa-online

 

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Gespräche am Jakobsbrunnen

 

Dienstag, 18. Februar 2025

Prof. Dr. Wolfgang Beinert (Foto: Dr. Christian Eckl), emeritierter Professor für Dogmatik an der Universität Regensburg, war Assistent bei Joseph Ratzinger und hat sich bei ihm habilitiert.

Thema: Die Form der Reform - Anmerkungen zur Lage und Lehre der Kirche 
Sein aktuelles Buch: "Die Form der Reform"

 

8. März 2025  14:00 -18:00 

52. Wir sind Kirche-Bundesversammlung online

"Wie Frauen die Kirche ändern..."

mit Birgit Mock, Vizepräsidentin des ZdK und Mitglied des Synodalen Ausschusses, Co-Leitung der Kommission zur Evaluation der Umsetzung der bisherigen Beschlüsse des Synodalen Wegs

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Mir geht ein Licht auf!

Auch die Tage ihrer Reinigung vollendeten sich nach der Tora des Mose, und sie brachten ihn nach Jerusalem in den Tempel, um ihn der LEBENDIGEN vorzustellen, – wie in der Tora der LEBENDIGEN geschrieben steht: „Alle männliche Erstgeburt soll der LEBENDIGEN heilig heißen.“ – und um ein Opfer zu bringen nach der Bestimmung in der Tora der LEBENDIGEN: „ein Paar Turteltauben oder zwei junge Tauben.“

 

Und seht, in Jerusalem war ein Mann mit Namen Simeon. Er war gerecht und treu, denn er erwartete Trost für Israel, und immer wieder kam heilige Geistkraft über ihn. Von der heiligen Geistkraft war er darin bestärkt worden, dass er nicht sterben werde, bevor er Christus, den Gesalbten der LEBENDIGEN, gesehen hätte. Und er ging immer wieder voller Geistkraft in den Tempel. Als die Eltern das Kind Jesus hereintrugen, um zu tun, was die Tora in Bezug auf das Kind verlangte, nahm er es auf die Arme und lobte Gott mit den Worten:

 

Jetzt lässt du deinen Sklaven
in Frieden ziehen, Herr, gemäß deinem Wort.
Meine Augen haben das Rettende gesehen,
das du vor allen Stämmen Israels bereitet hast:
Licht zeigt sich den Völkern
und Glanz deines Volkes Israel.“

 

Sein Vater und seine Mutter staunten darüber, was über ihr Kind gesagt wurde. Simeon segnete sie und sprach zu Maria, der Mutter des Kindes: „Siehe, dieser ist bestimmt, viele in Israel zum Fallen und zum Aufstehen zu bringen, und zu einem Zeichen, das Widerspruch herausfordert – auch dir selbst wird ein Schwert durch die Seele dringen – damit die Gedanken aus vielen Herzen enthüllt werden.“

 

Hanna war eine Prophetin, eine Tochter Penuëls, aus dem Stamm Ascher. Sie war sehr alt. Als junge Frau war sie sieben Jahre verheiratet gewesen, danach blieb sie Witwe bis ins hohe Alter von 84 Jahren. Sie ging nicht vom Tempel fort, sondern tat kultischen Dienst mit Fasten und Beten, Tag und Nacht. Und genau zu dieser Stunde stand sie da, pries Gott und sprach darüber zu allen, die die Befreiung Jerusalems erwarteten. Nachdem sie alles nach der Tora der LEBENDIGEN erfüllt hatten, kehrten sie zurück nach Galiläa, in ihre Stadt Nazaret. Das Kind aber wuchs und wurde stark, voller Weisheit, und die Gnade Gottes lag auf ihm.

 

Lk 2,22-40, Bibel in gerechter Sprache

 

Mir geht ein Licht auf!

 

 

Mir geht ein Licht auf / jetzt sehe ich klarer / ich blicke es jetzt.

Wir kennen das aus eigener Erfahrung, dass sich plötzlich etwas ereignet, dass alles in einem anderen Licht erscheint.

Eine Frau, Hannah, und ein Mann, Simeon, kommen zum gleichen Ergebnis. Ihnen geht ein Licht auf, sie sehen Veränderungen kommen. Und das geht nicht ohne Reibereien. Es wird zu Konflikten mit der Obrigkeit kommen und die Führung des Landes wird zurückschlagen. „– ein Schwert wird auch dein Leben durchdringen“ lässt Lukas Simeon zu Maria sagen.

Dabei ist doch vermeintlich alles geklärt. Wir alle sind doch gleich.
Jesus ein Mensch wie Du und ich, deshalb nennt er uns Schwestern und Brüder. Da gibt es keine Unterschiede: weiblich, männlich, divers, schwarz, weiß, gelb rot, arm, reich, Geflüchtete, Einheimische, Gläubige, Ungläubige,     :Geschwister eben.

Bleibt die Frage: Warum dann diese Konflikte und diese Abgrenzungen?

Wir konnten es letzte Woche life verfolgen: Die Vereidigung von Donald Trump zu 49. Präsidenten der USA. Mir ging dabei ein Licht auf in Form von vielen Alarmlampen.

Und am Mittwoch im Bundestag: Feierstunde für die Opfer des Holocaust und unmittelbar danach Debatte und Abstimmung über Anträge, die mit Stimmen der AFD eine Mehrheit fanden. Und meine Alarmlampen sind nicht weniger geworden.

Und dann dagegen dieser Text von der Darstellung des Herrn. Wie passt das zusammen?
„Immer wieder stoßen wir auf die Tatsache, dass die Evangelien eben nicht historisch exakte Daten vortragen wollen. Sie haben eine Verkündigungsabsicht. Sehen wir dies, so lösen sich die Probleme.“ So Antonio Alvarez Waldes in „Neues aus der biblischen Schatzkiste“ Teil 1.

 

Und diese Verkündigung begeistert, sie öffnet die Augen. Diese gute Nachricht ist so überzeugend, dass, Hannah eine alte Frau und Simeon, ein alter Mann, überzeugt sind, dass sich etwas bewegen wird in der Gesellschaft.

Heute nennen wir so etwas „Transformation“.
In der Wirtschaft,
in der Energieerzeugung,
in der Sicht auf Menschen mit unterschiedlicher sexueller Orientierung,
in der Akzeptanz, dass Wohlstand nur Bestand hat, wenn er geteilt wird
in der Kirche, wo weltweit immer klarer wird, dass Mitbestimmung, dass Mitwirkung, dass Synodalität der einzige Weg der Zukunft ist.

Jimmy Carter, am 29.12.24 gestorben hat 2018 ein Buch herausgegeben: „Glaube: eine Reise für alle“ Darin schreibt er, dass Christen aufgefordert sind „sich in das Leben der Welt einzumischen.“

Ich glaube, ohne EINMISCHEN geht es nicht und dabei dürfen wir der Kraft des Heiligen Geistes trauen. Das sind positive Aussagen für die Zukunft. Sonst hätte es Lukas nicht aufgeschrieben. Und 2025, ungefähr 2000 Jahre später, lesen wir immer noch diese Texte.

Mischen wir uns „in das Leben der Welt“ ein, weil wir alle Brüder und Schwestern sind.
Weil wir frei, gleich und geschwisterlich sind.

Wenn das nicht Grund zum Leuchten ist.
Deshalb können wir auch „Lichtmess“ feiern.
Machen wir uns auf und werden wir Licht.

Ich wünsche Ihnen einen gesegneten, lichterfüllten Sonntag.

Hans Bürgstein

 

 

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Gespräche am Jakobsbrunnen

Dienstag, 4. Februar 2025

Dr. Dr. Wolfgang F. Rothe, römisch-katholischer Priester, Theologe und Kirchenrechtler in München. Autor  u.a. von "Missbrauchte Kirche" und  "Gewollt. Geliebt. Gesegnet". seit Dezember 2024 Mitglied des Betroffenenbeirates bei der Deutschen Bischofskonferenz

Dienstag, 18. Februar 2025

Prof. Dr. Wolfgang Beinert (Foto: Dr. Christian Eckl), emeritierter Professor für Dogmatik an der Universität Regensburg, war Assistent bei Joseph Ratzinger und hat sich bei ihm habilitiert.

Thema: Die Form der Reform - Anmerkungen zur Lage und Lehre der Kirche 
Sein aktuelles Buch: "Die Form der Reform"

 

Nächste Online Andacht: Dienstag, 11. Februar 2025, 19:00 Uhr

 

8. März 2025  14:00 -18:00 

52. Wir sind Kirche-Bundesversammlung online

"Wie Frauen die Kirche ändern..."

mit Birgit Mock, Vizepräsidentin des ZdK und Mitglied des Synodalen Ausschusses, Co-Leitung der Kommission zur Evaluation der Umsetzung der bisherigen Beschlüsse des Synodalen Wegs

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Menschen fangen

Es geschah aber: Als die Volksmenge Jesus bedrängte und das Wort Gottes hören wollte, da stand er am See Gennesaret und sah zwei Boote am See liegen. Die Fischer waren aus ihnen ausgestiegen und wuschen ihre Netze. Jesus stieg in eines der Boote, das dem Simon gehörte, und bat ihn, ein Stück weit vom Land wegzufahren. Dann setzte er sich und lehrte das Volk vom Boot aus. Als er seine Rede beendet hatte, sagte er zu Simon: Fahr hinaus, wo es tief ist, und werft eure Netze zum Fang aus! Simon antwortete ihm: Meister, wir haben die ganze Nacht gearbeitet und nichts gefangen. Doch auf dein Wort hin werde ich die Netze auswerfen. Das taten sie und sie fingen eine große Menge Fische; ihre Netze aber drohten zu reißen. Und sie gaben ihren Gefährten im anderen Boot ein Zeichen, sie sollten kommen und ihnen helfen. Sie kamen und füllten beide Boote, sodass sie fast versanken. Als Simon Petrus das sah, fiel er Jesus zu Füßen und sagte: Geh weg von mir; denn ich bin ein sündiger Mensch, Herr! Denn Schrecken hatte ihn und alle seine Begleiter ergriffen über den Fang der Fische, den sie gemacht hatten; 1ebenso auch Jakobus und Johannes, die Söhne des Zebedäus, die mit Simon zusammenarbeiteten. Da sagte Jesus zu Simon: Fürchte dich nicht! Von jetzt an wirst du Menschen fangen. Und sie zogen die Boote an Land, verließen alles und folgten ihm nach. 

Lk 5,1-11 Einheitsübersetzung

 

Menschen fangen!

„Von jetzt an sollst du Menschen fangen.“ lässt Lukas Jesus zu Simon sagen. Markus spricht in seiner Jesus-Erzählung einfach nur von Menschenfischern (Mk 1,17), statt der Fische fischen diese Fischer, die ersten Jünger, nun Menschen.

Doch bei Lukas sagt Jesus „Menschen fangen“. Hier wählt Lukas das griechische Wort zogréo, das soviel bedeutet wie Menschen lebendig fangen. Das ist bemerkenswert, denn Fische an die Luft gezogen, schnappen nach Luft und sterben. Lukas ist wichtig, dass die Menschen lebendig gefangen werden. Sie sind keine tote Beute, keine tote Masse, die man verkaufen kann, mit der man Handel treiben kann.

 

Die Menschen werden bei Lukas lebendig gefangen. Ihr Leben findet kein Ende. Was findet es statt dessen? Es findet zum ureigenen Lebenskern, wird dadurch vollständig lebendig gemacht.

Die Menschen werden nicht unterworfen, werden nicht zum Besitz eines Fischers, werden nicht zu seiner Verfügungsmasse! Sie werden gefangen zu neuem Leben, es gibt nun ein vorher und ein nachher, vorher war weniger Leben, jetzt ist es mehr. Das gilt auch für den Fischer Petrus, denn auch er wurde lebendig gefangen in der Begegnung mit Jesus, genauso wie für die von ihm gefangenen Menschen: „ein lebensnot-wendiger Dienst am Menschen.“*

 

Ich wünsche einen gesegneten Sonntag

Johannes Brinkmann / Essen

 

* „ein lebensnot-wendiger Dienst am Menschen“ dieses wunderbar geistliche Sprachbild stammt von Peter Köster SJ und bezieht es auf die Nachfolge Jesu.

 

 

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Nächste Online Andacht: Dienstag, 11. Februar 2025, 19:00 Uhr

 

Gespräche am Jakobsbrunnen

Dienstag, 18. Februar 2025

Prof. Dr. Wolfgang Beinert (Foto: Dr. Christian Eckl), emeritierter Professor für Dogmatik an der Universität Regensburg, war Assistent bei Joseph Ratzinger und hat sich bei ihm habilitiert.

Thema: Die Form der Reform - Anmerkungen zur Lage und Lehre der Kirche 
Sein aktuelles Buch: "Die Form der Reform"

 

 

 

 

Programm

Jesus kehrte voller Geistkraft nach Galiläa zurück und man redete von ihm in der ganzen umliegenden Landschaft. Er lehrte in ihren Synagogen, und alle schätzen ihn sehr. Als er nach Nazaret kam, wo er aufgewachsen war, ging er wie immer am Sabbat in die Synagoge und stand auf, um vorzulesen. Und es wurde ihm die Buchrolle des Propheten Jesaja gegeben, und als er sie auftat, fand er die Stelle, wo geschrieben stand:

Die Geistkraft der Lebendigen ist auf mir, denn sie hat mich gesalbt, den Armen frohe Botschaft zu bringen. Sie hat mich gesandt, auszurufen: Freilassung den Gefangenen und den Blinden Augenlicht! Gesandt, um die Unterdrückten zu befreien, auszurufen ein Gnadenjahr der Lebendigen!
Als er die Buchrolle geschlossen hatte, gab er sie dem Diener und setzte sich. Die Augen aller Menschen in der Synagoge waren erwartungsvoll auf ihn gerichtet. Und er begann zu ihnen zu reden: »Heute hat sich diese Schrift in euren Ohren erfüllt.« 

Lk 4,14-21 Bibel in gerechter Sprache

 

Programm

 

Dieser Sonntagsbrief ist der erste nach der Inauguration von Donald Trump, die manche als Beginn einer neuen Zeitrechnung bezeichnen. Zu seinem Programm gehört, dass Superreiche durch Steuererleichterungen entlastet werden, dass die Freiheit der Libertären noch weniger durch Rücksichtnahme tangiert wird, dass Strafverfolger und politische Gegner inhaftiert werden, dass Menschen aus dem Land vertrieben werden, dass das bestehende politische System in einer grossen Disruption erneuert wird, und einiges andere mehr.

Wie anders das Programm, das der Evangelist Lukas an den Beginn der Wirkungszeit Jesu stellt, direkt nach die Berichte von der Taufe im Jordan und der Versuchung in der Wüste. Auch hier geht es um Freiheit, aber für die Unterdrückten, es geht um Gefängnisse, die aber geöffnet werden sollen, und natürlich und zuallererst um Besitz, aber als Botschaft, dass diejenige in den Blick kommen und sich freuen werden, die nichts haben. Jesus will auch nichts disruptiv hinwegfegen. Sein Programm steht schon bei Jesaja, und davor sinngemäss in den fünf Büchern Mose, und ebenso bei vielen Theologinnen und Theologen der zweitausendjährigen Kirchengeschichte. Es ist das Programm Gottes, seit Menschen miteinander glauben und füreinander beten. Seit jeher sollen wir unsere Zeit – unseren heutigen Tag und unser Jahr – zu einer Gnadenzeit Gottes, der Lebendigen, machen.

Mit Blick auf das politische System in Deutschland und die Bundestagswahl ist es richtig und wichtig, dass die Kirchen keine Wahlempfehlung abgeben. Als Christinnen und Christen haben wir aber das Programm Gottes, dessen Schwerpunkte Lukas, Jesaja, Jesus und andere formuliert haben. Es handelt immer von Armen, Ausgegrenzten und Unterdrückten – und es liegt mit an uns, dass „heute“ ein Gnadenjahr werden kann.

Einen segensreichen Sonntag wünscht Ihnen

Tobias Grimbacher

 

Für Demokratie und Menschenwürde



 

 

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Gespräche am Jakobsbrunnen

Dienstag, 28. Januar 2025

PD Dr. phil. Dr. theol. Michael Rasche, war katholischer Priester und Professor für Philosophie, Autor des Buches "Bekenntnisse. Auflösung eines katholischen Lebens"

Dienstag, 4. Februar 2025

Dr. Dr. Wolfgang F. Rothe, römisch-katholischer Priester, Theologe und Kirchenrechtler in München. Autor  u.a. von "Missbrauchte Kirche" und  "Gewollt. Geliebt. Gesegnet". seit Dezember 2024 Mitglied des Betroffenenbeirates bei der Deutschen Bischofskonferenz

Nächste Online Andacht: Dienstag, 11. Februar 2025, 19:00 Uhr

 

 

Synodalität

Es gibt Unterschiede in den geschenkten Fähigkeiten, doch sie stammen aus derselben göttlichen Geistkraft. Es gibt Unterschiede in den Arbeitsfeldern, doch der Auftrag dazu kommt von ein und derselben Ewigen. 

Es gibt Unterschiede in den Fähigkeiten, doch es ist derselbe Gott, der in allen alles in gleicher Weise bewirkt; den Einzelnen offenbart sich die Geistkraft zum Nutzen aller.

Der einen wird durch die Geistkraft die Fähigkeit zum Denken und Reden in Weisheit gegeben, 
einem anderen durch denselben Geist die Fähigkeit, Offenbarungen weiterzugeben. 
Der nächsten wird Vertrauen gegeben – von derselben Geistkraft –, 
einem anderen wiederum die Fähigkeit zu heilen – durch die eine Geistkraft –,
eine andere erhält die Fähigkeit, Wunder zu tun, 
der nächste die Gabe zu prophezeien, 
oder eine andere die Fähigkeit, kritisch zu prüfen, ob alles tatsächlich durch die Geistkraft bewirkt wird. 
Andere bekommen die Fähigkeit, eine besondere Sprache Gott gegenüber zu sprechen, 
und wieder andere können sie deuten. 
Alles dieses wirkt eine und dieselbe Geistkraft, die sich den Einzelnen mitteilt, so wie sie es will.

Denn wie der Körper eine Einheit ist und doch viele Teile hat, alle Teile des Körpers also die Einheit des Körpers ausmachen, so verhält es sich auch mit Christus. Wir alle sind durch den einen Geist zu einer leiblichen Einheit getauft worden, ob wir jüdische oder griechische Menschen sind, oder ob wir Unfreie oder Freie sind – uns alle hat Gott eine Geistkraft trinken lassen.

1Kor, 12,4-13 Bibel in gerechter Sprache

 

Synodalität

Das heutige Evangelium die Hochzeit zu Kana, im Johannes-Evangelium (Joh 2,1-11) die erste Wundertat Jesu, ist sicher eine der bekanntesten Geschichte aus dem neue Testament. Sie illustriert auf sehr sinnfällige Weise, dass Jesus den Menschen nicht einfach nur eine Botschaft überbringt sondern ihnen mit dem Wein der Freude die göttliche Zuneigung erschließt. Das wäre ja ein trauriges Fest gewesen, wenn der Wein ausgegangen wäre und nur mehr das zwar lebensnotwendige aber eben auch alltägliche Wasser für die Gäste da gewesen wäre. Der Wein jedoch bringt die Ausgelassenheit, das Festliche, das Besondere zurück. Das Feiern geht weiter, das Göttliche hat in der Festgesellschaft wieder Einzug gehalten.

Paulus erinnert die Gemeinde in Korinth daran, was es heißt, dass das Göttliche in der Gemeinschaft gegenwärtig ist. In den Kapiteln vorher kritisiert er u.a. sexuelles Fehlverhalten, Anbetung heidnischer Götzen und Teilnahe an Opfermählern und unsolidarisches Verhalten bei den Agapefeiern, bei welche nicht mit denen geteilt wird, die eben nichts zum Mahl beitragen können. Und dann kommt er auf den Punkt. Er hat wohl mitbekommen, dass es in der Gemeinde in Korinth knirscht, weil einige meinen, etwas besseres zu sein und mehr zu sagen haben als andere. 

Ich finde es erstaunlich, welche unterschiedlichen Gnadengaben Paulus aufzählt, mir persönlich würden auch noch so einige einfallen, wichtig ist aber das eine: sie alle wirken zum gegenseitigen Nutzen zusammen, keiner und keine ist geringer oder wichtiger und keiner und keine hat mehr zu sagen als die anderen. Das ist der Grundgedanke von Synodalität. 

Synodalität ist anstrengend, denn es heißt, die Beteiligten müssen sich aufeinander einlassen. Gegenseitiges Zuhören, gegenseitige Achtsamkeit, gegenseitiges Verzeihen. Im nächsten Kapitel weist Paulus seinen Freundinnen und Freunden in Korinth den Weg dorthin: 

 

Und wenn ich alles, was ich kann und habe, für andere aufwende und mein Leben aufs Spiel setze selbst unter der Gefahr, auf dem Scheiterhaufen zu enden, und bin ohne Liebe, hat alles keinen Sinn. Die Liebe hat einen langen Atem und sie ist zuverlässig, sie ist nicht eifersüchtig, sie spielt sich nicht auf, um andere zu beherrschen. Sie handelt nicht respektlos anderen gegenüber und sie ist nicht egoistisch, sie wird nicht jähzornig und nachtragend.

1 Kor 13, 3-5

Bei allen Defiziten, die die Weltsynode geprägt haben mögen, gerade diese Gedanken wurden auch im Abschlussdokument in verschiedenen Abschnitten immer wieder angesprochen und der ganze Vollzug hat sich bemüht Wege zu finden, auf dieser tatsächlich weltweiten Ebene Synodalität zu entwickeln. Ja, der Klerus war überproportional vorhanden, ja es waren zu wenig Frauen dabei, ja es wurde versucht Themen auszuklammern … Und ja, im Abschlussdokument wird immer noch zu viel Wert auf das Bischöfliche Lehramt der Hirten gelegt.

Trotzdem, gerade dieses Dokument erschließt an vielen Stellen und in Bezug auf viele Themen das synodale Weiterarbeiten in den Ortskirchen. Uns mag es in Deutschland oft viel zu langsam gehen. Und vieles, was an synodalen Strukturen in diesem Dokument angeregt wird, ist in Deutschland schon seit Jahrzehnten verwirklicht, so etwas wie ein Zentralkomitee der Katholiken gibt es tatsächlich nur bei uns. Das muss in anderen Teilen der Weltkirche eben erst entwickelt werden. Natürlich dürfen wir trotzdem ungeduldig sein und es war wohl auch der synodale Weg in Deutschland, der dazu geführt hat, dass Rom sich in das Abenteuer Weltsynode gestürzt hat. Dabei kam heraus, was wir als aktive Reformer und Reformerinnen ja schon längst in Erfahrung gebracht hatten, dass die angeblich so europäischen Themen wie Frauenordination oder Erneuerung der Sexuallehre auch in Asien oder Afrika aktuell sind.Ich möchte uns alle ermutigen, den gemeinsamen Weg weiter zugehen, nicht locker zu lassen, auch da wo wir gerade selbst sind. Zum einen, um den Transformationsprozess unserer Kirche voranzubringen und zum anderen, um in der Welt gemeinsam die göttliche Zuneigung und das Wirken der Geistkraft zu vergegenwärtigen

Ich wünschen Ihnen einen von göttliche Freude erfüllten Sonntag.

Sigrid Grabmeier

 

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Gespräche am Jakobsbrunnen

Dienstag, 21. Januar 2025

Dr. Claudia Lücking-Michel, Mitglied im ZdK : „Einfach Machen“

(2005 bis 2021 Vizepräsidentin) und im Synodalen Weg, Ko-Leitung Forum  "Macht und Gewaltenteilung in der Kirche", zahlreiche Mitgliedschauften u.a. beim KDFB
  

Dienstag, 28. Januar 2025

PD Dr. phil. Dr. theol. Michael Rasche, war katholischer Priester und Professor für Philosophie, Autor des Buches "Bekenntnisse. Auflösung eines katholischen Lebens"

Dienstag, 4. Februar 2025

Dr. Dr. Wolfgang F. Rothe, römisch-katholischer Priester, Theologe und Kirchenrechtler in München. Autor  u.a. von "Missbrauchte Kirche" und  "Gewollt. Geliebt. Gesegnet". seit Dezember 2024 Mitglied des Betroffenenbeirates bei der Deutschen Bischofskonferenz

Nächste Online Andacht: Dienstag, 11. Februar 2025, 19:00 Uhr

 

 

Tauferneuerung

Und Johannes ging in alle umliegenden Gebiete des Jordans und machte dort ein Tauchbad bekannt, ein Tauchbad der Umkehr, um von den Sünden loszukommen. 

Die Scharen von Frauen und Männern fragten ihn immer wieder: „Was sollen wir nun tun?“ Er antwortete ihnen dann folgendermaßen: „Die zwei Umhänge haben, sollen jenen geben, die keinen haben. Und die zu essen haben, sollen ebenso handeln!“

Auch Zöllner und Zöllnerinnen kamen, um sich eintauchen zu lassen, und sie sagten zu ihm: „Lehrer, was sollen wir tun?“ Er gab ihnen zur Antwort: „Seid nicht auf mehr aus, als es Vorschrift ist!“ Es fragten ihn aber auch Soldaten: „Was sollen wir tun?“ Und zu ihnen sagte er: „Keine Gewalttaten, keine Erpressungen – und begnügt euch mit eurem Sold!“

Da das Volk aber Hoffnungen hatte, und alle sich in ihren Herzen Gedanken darüber machten, ob Johannes vielleicht der Gesalbte sei, sagte Johannes zu allen: „Ich tauche euch in Wasser ein. Es kommt aber einer, der ist stärker als ich. Ich bin nicht gut genug, ihm den Riemen seiner Schuhe zu lösen. Er wird euch mit heiliger Geistkraft und Feuer eintauchen. Er hält die Worfschaufel in seiner Hand, um seine Tenne zu reinigen und das Getreide in seiner Scheune aufzuhäufen. Die Spreu wird er mit unauslöschlichem Feuer verbrennen.“ Er mahnte noch vieles andere an, und das Volk bekam die frohe Botschaft zu hören. Der Fürst Herodes aber, der von ihm wegen Herodias zurechtgewiesen wurde, der Frau seines Bruders, und wegen all der Verbrechen, die Herodes getan hatte, fügte zu allem noch dies hinzu: Er ließ den Johannes ins Gefängnis sperren.

Als aber das ganze Volk eingetaucht wurde, wurde auch Jesus eingetaucht. Und als er betete, öffnete sich der Himmel und die heilige Geistkraft kam in leiblicher Gestalt auf ihn herab – wie eine Taube – und eine Stimme aus dem Himmel rief: „Du bist mein geliebtes Kind, an dir habe ich Freude!“  

Lk 3, 3; 10-22 Bibel in gerechter Sprache

 

Tauferneuerung

Die wenigsten von uns haben sich selbst für die Taufe entschieden. Diese Entscheidung wurde uns abgenommen. Viele von uns haben aber die Entscheidung für die uns anvertrauten Kinder getroffen und sie laufen lassen oder vielleicht sogar selbst getauft. Warum? Weil es so üblich ist? Oder weil wir so gute Erfahrungen gemacht haben als Getaufte? 

 

Die Sakramentenlehre der Kirche sagt uns, dass wir nur einmal getauft werden können. Ansonsten gibt es noch die sogenannte Tauferneuerung, regelmäßig in der Osternacht und bei einigen Gelegenheiten wie Erstkommunionfeiern und Tauffeiern. Die Taufe als Zeichen der Umkehr und des radikalen Neubeginns, wie sie von Johannes dem Täufer verkündet wurde ist damit eigentlich sozusagen verwässert. - Oder haben wir die Tauferneuerung vielleicht gar nicht nötig?

 

Im heutigen Evangelium kommt einer zum Täufer, von dem wir annehmen können, dass er die Umkehr gar nicht braucht, weil er ja schon in die richtige Richtung läuft. Bei Lukas und Markus geht die Taufe trotzdem ohne Einwände seitens Johannes von statten, Matthäus hingegen erzählt das Ereignis folgendermaßen:

 

Da kam Jesus von Galiläa an den Jordan zu Johannes, um sich von ihm taufen zu lassen. Johannes versuchte ihn davon abzuhalten und sagte: „Ich habe es nötig, von dir getauft zu werden, und du kommst zu mir?“ Jesus antwortet ihm: „Lass es zu, jetzt! Denn auf diese Weise erfüllen wir die ganze Gerechtigkeit Gottes.“ Da gab Johannes nach. 

Mt 3, 13-15 Bibel in gerechter Sprache

 

Ich verstehe das so: erstens, Jesus wollte keine Sonderbehandlung und zweitens, auf diese Art und Weise erklärte er seine volle Solidarität mit Johannes und dessen Aufruf zur Umkehr. - Johannes war zwar der, der ihm voraus ging, aber er, der Mann aus Nazareth war derjenige, der das was der Täufer begonnen hatte, fortsetzte. Die Botschaft des Täufers wird zur Botschaft Jesu. Und so, wie die Botschaft des Täufers nach seiner Ermordung weiterlebt, lebt auch die Botschaft Jesu nach seiner Hinrichtung weiter, durch die, die ihn mit der Taufe, wie es im Brief an die Galater heißt „wie ein Kleid angezogen haben“. (Gal 3,27)

 

Tauferneuerung – etwas was wir also durchaus ernst nehmen sollen. Nicht eine liturgisch angeordnete Tauferneuerung, sondern eine von uns selbst ausgehende, in der wir uns bewusst machen, was uns mit der Botschaft an-vertraut ist. Am Anfang eines Jahres vielleicht eine gute Übung?

 

Was mir bei der Beschäftigung mit dem Thema noch so eingefallen ist:

Der geöffnete Himmel

Eintauchen

Auf geht er 
über allen auf
der Himmel
träufelt aus Höhe,
Wolken regnen
den Erwarteten
den Gerechten
den Retter
den Richter
den 
der alles richten soll
damit das Krumme gerade wird

 

auf alle über 
geht er 
der Himmel 
bleibt nicht stehen
bei dem einen
unerwartet
geht er weiter 
träufelt nicht mehr
strömt
durchdringt 
lässt wachsen
Himmel auf Erde

 

Menschen 
nicht mehr krumm
aufgerichtet
gerecht gemacht
aus Glauben
umgekehrt
geöffnet

Das Trockene 

das Feste 

das Gewohnte

verlassen

 

grundlos werden

atemlos

berührt sein

umflossen

getragen

 

auftauchen

frisch sein

ein neuer Mensch 

 

Einen gesegneten Tauf-Sonntag

Marie-Luise Mayr-Hendl

 

Welcher Stern?

Steh auf, werde licht, denn dein Licht kommt
und der Glanz GOTTES strahlt über dir auf!
Schau nur: Finsternis bedeckt die Erde
und dunkle Wolken die Völkerschaften,
aber über dir wird GOTT aufstrahlen, GOTTES Glanz wird über dir sichtbar.
Die fremden Völker werden zu deinem Licht gehen,
königliche Herrschaften zu dem Lichtschein, der über dir aufstrahlt.
Erhebe deine Augen ringsum und schau!
Sie alle sammeln sich, kommen zu dir!
und deine Töchter werden sicher an deiner Seite sein.
Da wirst du schauen und strahlen,
dein Herz wird erbeben und weit werden,
denn zu dir hin wenden sich die Schätze der Meere,
der Reichtum der fremden Völker kommt zu dir.
Scharen von Kamelen werden dich bedecken,
junge Kamele aus Midian und Efa.
Aus Saba werden alle kommen, Gold und Weihrauch werden sie bringen,
die Ruhmestaten GOTTES verkündigen sie.

Jesaja 60, 1-6, Bibel in gerechter Sprache

 

 

Welcher Stern?

Wie war das denn eigentlich mit der Geburt Jesu? Johannes erwähnt davon gar nichts, Matthäus fängt mit dem Stammbaum an und erzählt dann, dass Joseph, der Verlobte der Maria, von einem Engel erfährt, dass sie gemäß der Schrift, durch „das Wirken dey Heiligen Geistes“ einen Sohn gebären wird. Bei Markus kündigt Johannes der Täufer „den Herrn“ an, wie es auch im Buch Jesaja geschrieben steht. Jesu Gottessohnschaft zeigt sich erst bei der Taufe Jesu vor seinem öffentlichen Wirken und wird dann durch dem Stammbaum Jesu ergänzend erläutert. Matthäus hingegen fängt mit dem Stammbaum Jesu an, und nur er und Lukas erzählen genauer über die Geburt und die Zeit um die Geburt des Jesuskindes.

 

Unsere Krippendarstellungen richten sich hauptsächlich nach dem Lukasevangelium. Zum Fest "Erscheinung des Herrn" werden dann noch der Stern mit einem Kometen-Schweif, die drei Könige, einer davon stammt aus Afrika, und ein Kamelergänzt. „Anleitung“ dazu gibt wiederum die Erzählung des Matthäus, der dabei auf die Propheten zurückgreift. Im Alten Testament wird Jesus als der kommende Retter angekündigt, und in seinem Leben erfüllen sich die Voraussagen der Propheten. Das herauszustellen, ist für Matthäus wichtig. Beim Propheten Jesaja heißt es (60, 1-6): Der Herr "geht strahlend auf, Nationen (von fern) wandern zu deinem Licht und Könige“ - das ist eine Anspielung auf König Salomon - „zu deinem strahlenden Glanz." „Eine Menge von Kamelen …“ Dies wurde nach der Rückkehr aus dem babylonischen Exil geschrieben. Gott wird Jerusalem besuchen, und das wird wie ein Licht sein. Von der arabischen Halbinsel und aus Äthiopien kommen Karawanen mit Kamelen, die Stadt wird für alle Völker und Nationen heilig werden, nicht nur für das jüdische Volk. Die Heiden werden, so Paulus, Miterben und haben Zugang zu Jesu Leib, ohne vorher jüdisch und beschnitten werden zu müssen. (Darüber hat er sich mit Petrus heftig gestritten, und er, der Pharisäer Paulus, hat schließlich „gewonnen“.)

 

Bei Matthäus folgen also Weise aus dem Morgenland einem Stern, der nach damaliger Auffassung auf etwas Besonderes, Neues hinweisen könnte. Er fasziniert die heidnischen Sterndeuter, die sich wohl gefunden haben, und sie lassen sich von ihm ins Ungewisse führen. Sie kommen, wie bei Jesaja vorausgesagt, nach Jerusalem und geraten an König Herodes, der gleich um seine Herrschaft fürchtet, als er etwas von einem neugeborenen König hört. Die von ihm befragten Pharisäer und Schriftgelehrten können ihm aus ihrer Kenntnis der Schriften Auskunft geben, wo dieser neue König zu finden ist. Matthäus zitiert den Propheten Micha: "Du Betlehem ... Aus dir wird ein Fürst hervorgehen, der Hirt des Volkes Israel." Herodes will hinterhältig und scheinheilig den genauen Ort wissen, um ihn zu töten. 

 

Bemerkenswert ist bei einem Blick nach vorn, dass diese religiösen Führer später Jesus nicht als den Messias und Sohn Gottes erkennen, sondern sie bekämpfen ihn, weil er sie kritisiert und in Frage stellt und lassen ihn schließlich als Gotteslästerer kreuzigen. Matthäus macht deutlich, dass man dem Messias schon als Kind nach dem Leben trachtete.

 

Am Ziel bleibt der Stern stehen, und übergroße Freude überfällt sie: Sie haben das göttliche Kind gefunden und fallen, ihn erkennend und glaubend, ehrfürchtig vor ihm nieder, diese „hohen Herren“. Soeben erscheint ihnen, den Heiden, stellvertretend für alle Völker, das wahre Licht der Welt, der Herr. Ein absolut bedeutungsvoller Moment, der die gesamte Menschheit mit Gott verbindet und umgekehrt. Sie schenken ihm sinntragend Gold, das Wertvollste, das es gab und das auf die Königswürde hinweist. Den ebenfalls wertvollen Weihrauch bekommt das Kind, das von göttlicher Herkunft ist. Symbolisch soll in der Verehrung und Anbetung der Rauch zu Gott aufsteigen als Verbindung von Himmel und Erde. Die in Afrika wachsende Myrrhe weist schon auf den Tod Jesu hin, denn der Pharisäer Nikodemus spendete bei der Grablegung Jesu hundert Pfund Aloe und Myrrhe. Als Bestätigung, dass die Verbindung zu Gott besteht, erhalten die Drei im Traum Seine Mitteilung, einen anderen Heimweg zu nehmen.

 

Während sich bei Lukas der Gottessohn bemerkenswerterweise den verachteten Hirten, denen man nichts glaubte, offenbart, wird bei Matthäus die Universalität der Geburt Jesu deutlich. Gott „erfindet“ Möglichkeiten, dass sich Menschen aufmachen – im wahrsten Sinne des Wortes – und ihn finden können. Der Weg ist nicht immer einfach, er kann weit und beschwerlich sein, der Stern kann auch von Wolken verdeckt werden, aber schließlich gibt es, auch nach Umwegen, den Grund zur Freude – nicht erst am Ende des Lebens, sondern auf dem Lebensweg hin zum Licht der Welt.

 

Welcher Stern kann es sein, der immer wieder aufleuchtet, der aber auch manchmal verborgen zu sein scheint, wenn nichts mehr geht? … Z. B. das Lesen und Befragen der Heiligen Schrift, Gespräche, Antworten, Meditation, Gebet, Gottesdienste, die Eucharistie, gute Begegnungen mit Menschen, Feste, gemeinsame Unternehmungen, Trost bekommen oder geben, passende Geschenke machen oder bekommen, Hilfe bekommen oder geben . Hilfreich ist es, wenn möglich, Weggefährten zu haben und auch Wegbegleiter zu sein. Und zu vertrauen. Sich aufmachen, also aufbrechen und sich öffnen, auch andere nach dem Weg fragen ... Ergänzen Sie für sich selbst.

 

Es kann, wie auch Matthäus erzählt, überall in Kirche oder Gesellschaft oder im Privaten passieren, dass man auch mal an den Falschen gerät, der etwas Schlechtes im Schilde führt und einen ausnutzen möchte für seine eigenen niederen, machtgierigen Zwecke. Auch gibt es Menschen, die sich zu Sternen erheben, sich selbst zu Stars, Anführern machen und Menschen auf den oder dem falschen Weg ver – führen.

 

Da hilft der Blick „nach oben“ auf einen vertrauenswürdigen, richtigen Stern, auf das wahre Licht der Welt, den Hirten Jesus, seine Worte und Taten. Auch Hinweise von anderen oder von der „inneren Stimme“ können wieder auf den richtigen Weg führen, weg von dieser falschen Person.

Und ganz lichtvoll ist es, Jesus im Mitmenschen zu begegnen.

Was schenken wir ihm? Wir können ihm alles hinlegen, anvertrauen, auch das Bittere, Schwere … Es lässt sich Neues, ein Neuanfang finden, wenn es um Jesus geht.

 

Papst Franziskus hat an Heiligabend das Heilige Jahr ausgerufen mit dem Motto: „Pilger der Hoffnung.“ Gehen wir miteinander voran, folgen wir unserem guten Stern. Unser Hirte Jesus möge uns auf vielfältige Weise in unserem Leben erscheinen, uns mit dieser großen Freude aus Vers 10 lichtvoll erfüllen, damit wir das Neue und Hinweise darauf entdecken und je nach Möglichkeiten in die Welt bringen und auch selbst Sterne sind.

Vamos caminando, buen camino oder guten Weg miteinander!

 

In diesen Tagen gehen Kinder als „Sternsinger“ von Haus zu Haus und sprechen den Segen Gottes für das Haus und die Bewohner aus. Auf dem Aufkleber für die Tür steht 20*C*M*B*25 und bedeutet: Christus Mansionem Benedicat, Christus segne dieses Haus. In diesem Jahr sammeln sie für das Kindermissionswerk „Die Sternsinger“ „Für Kinderrechte“ *“Erhebt eure Stimme!“ Mehr Informationen unter www.sternsinger.de

Brigitte Karpstein, Sinzig 

 

* Das Fest am 6. Januar wird heute "Fest der Erscheinung des Herrn" oder "Dreikönig" oder "Fest der Heiligen drei Könige" genannt, früher „Epiphanie“.

 

Ein Mensch trat auf - aber die Seinen nahmen ihn nicht auf.

Im Anfang war das Wort 
und das Wort war bei Gott und das Wort war Gott. 
Dieses war im Anfang bei Gott. 
Alles ist durch das Wort geworden 
und ohne es wurde nichts, was geworden ist. 
In ihm war Leben und das Leben war das Licht der Menschen. 
Und das Licht leuchtet in der Finsternis 
und die Finsternis hat es nicht erfasst.

Ein Mensch trat auf, von Gott gesandt; 
sein Name war Johannes.
Er kam als Zeuge, um Zeugnis abzulegen 
für das Licht, damit alle durch ihn zum Glauben kommen.
Er war nicht selbst das Licht, 
er sollte nur Zeugnis ablegen für das Licht.

Das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, 
kam in die Welt.
Er war in der Welt und die Welt ist durch ihn geworden, 
aber die Welt erkannte ihn nicht.
Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf.

Allen aber, die ihn aufnahmen, 
gab er Macht, Kinder Gottes zu werden, 
allen, die an seinen Namen glauben,
die nicht aus dem Blut, nicht aus dem Willen des Fleisches, 
nicht aus dem Willen des Mannes, 
sondern aus Gott geboren sind.
Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt 
und wir haben seine Herrlichkeit geschaut, 
die Herrlichkeit des einzigen Sohnes vom Vater, voll Gnade und Wahrheit.

Johannes legt Zeugnis für ihn ab und ruft: 
Dieser war es, über den ich gesagt habe: 
Er, der nach mir kommt, ist mir voraus, weil er vor mir war. 
Aus seiner Fülle haben wir alle empfangen, Gnade über Gnade. 
Denn das Gesetz wurde durch Mose gegeben, 
die Gnade und die Wahrheit kamen durch Jesus Christus. 
Niemand hat Gott je gesehen. 
Der Einzige, der Gott ist und am Herzen des Vaters ruht, 
er hat Kunde gebracht.
 

Joh 1, 1-18 Einheitsübersetzung

 

Ein Mensch trat auf - aber die Seinen nahmen ihn nicht auf.

Wie können es die Seinen sein, wenn sie ihn nicht erkennen und annehmen? Haben sie denn keine Erinnerung an ihn? Druck kann er den Seinen wohl nicht machen. Über Druckmittel verfügt er wohl nicht. Er erwartet offensichtlich Erkenntnis und Einsicht bei den Seinen. Auf welcher Basis? Was bildet der sich ein?

Wenn sie ihn nicht annehmen, dann wollen sie ihn doch wohl nicht! Eine freie Entscheidung! Diese Entscheidung muss man doch ernst nehmen, muss dieser Mensch doch akzeptieren. Wieso bleibt die Akzeptanz aus? Wieso klingt das wie ein Vorwurf, dass die Seinen ihn nicht annehmen? Keine freie Wahl für die Seinen? Was ist das für eine Arroganz?

Wenn dieser Mann, der da auftritt, die Seinen gewinnen will, dann sollte er sich gefälligst ihren Erwartungen anpassen! Dann sollte er gefälligst das Geschöpf der Wünsche der Seinen werden.

Stattdessen wird hier die offensichtliche Erwartung ausgedrückt, dass „die Seinen“ sich ihm öffnen müssten und er keinerlei Rücksicht auf ihre Erwartungen nehmen müsse. Wie er, der Auftretende, bestimmt ist, eine kompromisslose Haltung vertritt, so sollen auch die Seinen gleichermaßen bestimmt auftreten. Also nix mit Freiheit, oder was? Der Mann hat seine Bestimmung und das gilt auch für die Seinen? Also ehrlich: Der Auftretende redet, was er zu sagen hat, und die Seinen sollen applaudieren??? Einfach so?! Eine Zumutung!

Was sagt der da? Licht erleuchtet jeden Menschen? Aus GOTT geboren werden? Gnade und Wahrheit kamen an? Der am Herzen des Vaters ruht hat Kunde gebracht? So so….

 

Ich wünsche einen schönen Sonntag und ein gutes Jahr

Johannes Brinkmann / Essen

Zum Neuen Jahr

Gott! Sie schenke uns ihre Zuneigung und segne uns.
Sie lasse ihr Antlitz leuchten bei uns.
Damit man auf der Erde deinen Weg erkenne,
unter allen Völkern dein Befreien.
Es sollen dich loben die Völker, Gott.
Es sollen dich loben alle Völker zusammen.
Die Nationen sollen sich freuen und ihre Freude laut in die Luft werfen –
ja, du richtest die Völker in Geradlinigkeit.
Den Nationen auf der Erde zeigst du deinen Weg.
Es sollen dich loben die Völker, Gott.
Es sollen dich loben alle Völker zusammen.
Die Erde gab ihren Ertrag. Es segne uns Gott, unsere Gottheit.
Es segne uns Gott. Es sollen Gott fürchten alle Enden der Erde.

Psalm 67 Bibel in gerechter Sprache

 

Zum Neuen Jahr

Mit diesem Segenspsalm, der für den 1. Januar in der Leseordnung zwischen 2. Lesung und Evangelium vorgesehen ist, möchte ich uns in das Neue Jahr hineinführen. Ich empfinde diesen Text als überaus heilsam, Hoffnung spendend und von der Zuneigung Gottes sprechend. Mir kam beim Lesen sogleich die Weltehos-Stiftung von Hans Küng in den Sinn, die sich seit 1993 dafür einsetzt, die ethischen Grundlagen für eine humanere und demokratischere Weltordnung zu formulieren.

 

Die Grundüberzeugungen des Projektes Weltethos sind

kein Zusammenleben auf unserem Globus ohne ein globales Ethos
kein Frieden unter den Nationen ohne Frieden unter den Religionen
kein Frieden unter den Religionen ohne Dialog zwischen den Religionen
kein Dialog zwischen den Religionen und Kulturen ohne Grundlagenforschung
kein globales Ethos ohne Bewusstseinswandel von Religiösen und Nicht-Religiösen

 

Auch wenn wir immer wieder erfahren, welche Konflikte durch das Aufeinandertreffen von Religionen hervorgerufen werden, sollten wir uns immer wieder in Erinnerung rufen, dass es vorwiegend schlechten Nachrichten sind, die uns durch die Medien nahe gebracht werden und die unser Sichtweise darauf prägen. Wir dürfen durchaus die Hoffnung haben, dass durch den Dialog der Religionen eine friedfertigere und menschenfreundlichere Welt entstehen kann, denn es gibt viele Gemeinsamkeiten, die die großen Religionen dieser Welt teilen. Oftmals sind es nicht die religiösen Grundsätze, die ein gedeihliches Miteinander verhindern, sondern ethnische, kulturelle und zum Teil vor-religiöse Haltungen und Überzeugungen, die die Konflikte befeuern. Und ein weiterer Aspekt, nämlich die Ausschließlicheitsforderung durch führende Religionsvertreter, die damit auch ihre Machtpositionen verteidigen, wenn es sein muss auch mit kriegerischen Mitteln.

 

In der Erklärung zum Weltehos, verabschiedet vom „Parlament der Weltreligionen“ im September 1993 heißt es dazu:

„In einer solch dramatischen Weltlage braucht die Menschheit nicht nur politische Programme und Aktionen. Sie bedarf einer Vision des friedlichen Zusammenlebens der Völker, der ethnischen und ethischen Gruppierungen und der Religionen in gemeinsamer Verantwortung für unseren Planeten Erde. Eine Vision beruht auf Hoffnungen, auf Zielen, Idealen, Maßstäben. Diese aber sind vielen Menschen überall auf der Welt abhandengekommen. Und doch sind wir davon überzeugt: Gerade die Religionen tragen trotz ihres Missbrauchs und häufigen historischen Versagens die Verantwortung dafür, dass solche Hoffnungen, Ziele, Ideale und Maßstäbe wachgehalten, begründet und gelebt werden können. Das gilt insbesondere für moderne Staats­wesen: Garantien für Gewissens­ und Religionsfreiheit sind notwendig, aber sie ersetzen nicht verbindende Werte, Überzeugungen und Normen, die für alle Menschen gelten, gleich welcher sozialen Herkunft, welchen Ge­schlechts, welcher Hautfarbe, Sprache oder Religion.“

 

Die Welthethos-Erklärung will „unverrückbare, unbedingte ethische Normen in Erinnerung rufen“, die Leitlinien sein sollen „um Lebensrichtung und Lebenswerte, Lebenshaltungen und Lebenssinn immer wieder neu zu finden und zu verwirklichen“. Darin sind Grundsätze beschrieben, die sich in allen Weltreligionen wiederfinden:

 

1.Verpflichtung auf eine Kultur der Gewaltlosigkeit und der Ehrfurcht vor allem Leben,
2.Verpflichtung auf eine Kultur der Solidarität und eine gerechte Wirtschaftsordnung,
3.Verpflichtung auf eine Kultur der Toleranz und ein Leben in Wahrhaftigkeit,
4.Verpflichtung auf eine Kultur der Gleichberechtigung und die Partnerschaft von Mann und Frau.

Als weitere Verpflichtung ergibt sich eine fünfte aus den vorhergehenden :

5.Verpflichtung auf eine Kultur der Nachhaltigkeit und der Sorge für die Erde 

 

Für mich sind das „Heilige“ Ziele, denn sie entsprechen dem, was z.B. in den zehn Geboten oder auch in der dem Gebot der Nächstenliebe des Jesus, den wir als Retter, Erlöser, Christus bekennen, finden. 

Wir gehen in eine „Heiliges“ Jahr, so verkündet es der Papst. Leider, so muss ich feststellen, schafft er es nicht, sich von der seit 1300 währenden Ablass- und Abkassiertradition seiner Vorfahren zu befreien. Der Pilgertourismus nach Rom, das Durchschreiten Heiliger Pforten und die Reliquienverehrung scheinen mir jedoch nicht das zu sein, was wirklich einen Beitrag zu einem Heiligen Jahr leistet. Franzikus hat aber, und da bin ich sehr dankbar, noch eine andere Botschaft:

 

„Das bevorstehende Jubiläum kann viel dazu beitragen, ein Klima der Hoffnung und des Vertrauens wiederherzustellen, als Zeichen eines neuen Aufbruchs, dessen Dringlichkeit wir alle spüren. Aus diesem Grund habe ich das Motto Pilger der Hoffnung gewählt. All dies wird jedoch nur möglich, wenn wir den Sinn für universelle Brüderlichkeit wiedergewinnen, wenn wir unsere Augen nicht vor dem Drama der grassierenden Armut verschließen, die Millionen von Männern, Frauen, Jugendlichen und Kindern an einem menschenwürdigen Leben hindert. Ich denke besonders an die vielen Flüchtlinge, die gezwungen sind, ihr Land zu verlassen. Mögen die Stimmen der Armen in dieser Zeit der Vorbereitung auf das Jubiläum gehört werden, während dessen nach dem biblischen Gebot allen der Zugang zu den Früchten der Erde zurückerstattet wird: »Der Sabbat des Landes selbst soll euch ernähren: dich, deinen Knecht, deine Magd, deinen Lohnarbeiter, deine Beisassen, alle, die bei dir leben. Auch deinem Vieh und den Tieren in deinem Land wird sein ganzer Ertrag zur Nahrung dienen« (Lev 25,6-7).“ Brief von Papst Franziskus zum Heiligen Jahr

 

Dessen eingedenk wollen wir, gesegnet mit der Zuneigung Gottes gehen in ein neues Jahr.

 

„Es sollen dich loben alle Völker zusammen.
Die Erde gab ihren Ertrag. Es segne uns Gott, unsere Gottheit.
Es segne uns Gott. Es sollen Gott fürchten alle Enden der Erde.“

 

Sigrid Grabmeier

Sonntagsbrief zum Palmsonntag 5. April 2020

3. April 2020 von Johannes Brinkmann

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