Sonntagsbrief zum Gründonnerstag 9. April 2020

8. April 2020 von Eva-Maria Kiklas

Ich gebe euch ein Beispiel

Rembrandt van Rijn Fußwaschung zw. 1640 und 1649, Rijksmuseum Amsterdam.

Vor dem Pessachfest wusste Jesus, dass seine Zeit gekommen war und er aus dieser Welt weg und zu Gott, seinem Ursprung, gehen würde. Und wie er alle, die in der Welt zu ihm gehören, immer geliebt hatte, liebte er sie bis zum Ende. Bei einem Essen, als die teuflische Macht schon Judas, dem Sohn von Simon Iskariot, eingegeben hatte, Jesus auszuliefern, wusste Jesus, dass Gott ihm alles anvertraut hatte, und dass er von Gott hergekommen war und wieder zu Gott gehen würde. Da stand er vom Essen auf, zog seine Kleider aus, nahm eine Schürze und band sie sich um. Dann goss er Wasser in die Schüssel und begann die Füße der Jüngerinnen und Jünger zu waschen und sie mit der Schürze, die er umgebunden hatte, abzutrocknen. Als er zu Simon Petrus kam, sagte der zu ihm: „Rabbi, du willst mir die Füße waschen?“ Jesus antwortete und sagte zu ihm: „Was ich mache, verstehst du jetzt nicht, du wirst es aber später begreifen.“ Petrus sagte zu ihm: „Du sollst mir bestimmt niemals die Füße waschen!“ Jesus antwortete ihm: „Wenn ich dich nicht wasche, gehörst du nicht zu mir.“ Simon Petrus sagte zu ihm: „Rabbi, wasche nicht nur meine Füße, sondern auch die Hände und den Kopf!“ Jesus sagte ihm: „Wer gewaschen ist, braucht nichts – außer dass die Füße gewaschen werden –, sondern ist ganz rein. Ihr seid rein, aber nicht alle.“ 1Denn er wusste, wer ihn ausliefern würde. Deshalb sagte er: „Ihr seid nicht alle rein.“

Als er ihnen die Füße gewaschen hatte, nahm er seine Kleider und legte sich wieder hin. Er sagte zu ihnen: „Versteht ihr, was ich für euch getan habe? Ihr habt euch mir angeschlossen und lernt von mir, ihr verehrt mich und gehorcht mir, und das ist gut und angemessen. Ich bin euer Lehrer und Herr – wenn nun ich euch die Füße gewaschen habe, dann seid auch ihr verpflichtet, einander die Füße zu waschen. Denn ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr füreinander tut, was ich für euch getan habe.“ 

Joh 13,1-15, Bibel in gerechter Sprache

 

Ich gebe euch ein Beispiel

Die Kartage und das Osterfest werden diesmal sehr anders verlaufen, als wir es sonst gewohnt sind. Fehlen wird uns vor allem die Gemeinschaft, sowohl in unserem familiären als auch im kirchlichen Leben. Dass uns das bewußt wird, kann durchaus zu den positiven Erfahrungen zählen, die wir in der momentanen Situation machen. Wir spüren immer mehr, was wirklich ein Wert in unserem Leben ist und was entbehrlich wird. Wir können auch neue Einsichten gewinnen und andere Erfahrungen machen.

Von den Kar- und Ostertagen ist mir der Gründonnerstag immer wichtiger geworden, weil die Opfertheologie in den Lesungen und in der Liturgie nicht vorherrschend ist. Es geht in den Texten Jesu darum wie die Jünger nach seinem Sterben miteinander umgehen sollten. Zwei Ereignisse gehören zum Gründonnersta : das Pessachmahl und die Fußwaschung. Johannes stellt die Fußwaschung in den Mittelpunkt seines Berichtes und das Mahl nur als solches erwähnt er nur beiläufig. Die Kirche jedoch hat die Eucharistie in den absoluten Mittelpunkt gestellt. Aber ich denke, die Fußwaschung als Aufforderung zum Machtverzicht und zum Dienst an den Menschen ist die eigentliche Aufgabe der Kirche und all derer, die zur Jesusnachfolge bereit sind.

Das gemeinsame Mahl ist die Kraftquelle, das Brot, das uns zu diesem Dienst am Nächsten befähigt. So war auch das Amt, das als erstes in den Jesusgemeinden eingeführt wurde, nicht das des Priesters, sondern das der Diakonin, des Diakons, die sich um die kümmern sollten, die der Hilfe der Gemeinde bedurften. Dass das nur Männer waren, glaube ich nicht; denn unter denen, die Jesus nachfolgten, waren ja auch viele Frauen. Frauen waren jahrhundertelang in dieser dienenden Rolle, z.T. bis heute. Und wenn Jesus sagt, dass er mit der Fußwaschung ein Beispiel gibt, „damit ihr einander tut, wie ich euch getan habe“, dann gilt das für alle, Männer und Frauen.

In diesen Zeiten der Coronakrise müssen wir zwangsläufig auf die gemeinsame Mahlfeier als Zeichen der Gemeinschaft, der Gemeinde verzichten. Aber die zweite Säule, unser Dienst am Nächsten, bekommt eine ganz neue Bedeutung, wird plötzlich auch Brot und Stärkung für viele, die allein, hilflos und voller Ängste sind. Unsere modernen Kommunikationsmittel bieten viele Möglichkeiten; und die Hilfe der Jüngeren den Älteren gegenüber wird gebraucht wie nie zuvor.

Die Hoffnung, dass nach Bewältigung dieser Krise vieles anders sein wird, dass viele Menschen erfahren haben worauf es im Leben ankommt, was Menschen wirklich brauchen, auch von uns als Kirche - könnte das die Osterbotschaft von 2020 sein ? Von Bischof Gaillot stammt das Wort : „Eine Kirche, die nicht dient, dient zu nichts!“ Und Jesus sagt: „Ich habe Euch ein Beispiel gegeben, damit ihr tut, was ich euch getan habe.“

 

Ein gesegnetes Osterfest Ihnen allen !

Eva- Maria Kiklas

 Bildnachweis: Rembrandt van Rijn Fußwaschung zw. 1640 und 1649, Rijksmuseum Amsterdam.

 

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