Sonntagsbrief zum Gründonnerstag, 28. März 2024

27. März 2024 von Sigrid Grabmeier

Fußwaschung

Das Passafest stand unmittelbar bevor. Jesus wusste, dass seine Stunde gekommen war. Jetzt sollte er die Welt verlassen und zum Vater gehen. Er hatte die Menschen immer geliebt, die in der Welt zu ihm gehörten. Und so liebte er sie bis zuletzt. Jesus aß an diesem Abend mit seinen Jüngern. Der Teufel hatte Judas, dem Sohn von Simon Iskariot, schon den Gedanken eingegeben, Jesus zu verraten. Jesus wusste, dass der Vater alles in seine Hand gelegt hatte. Er wusste, dass er von Gott gekommen war und wieder zu Gott zurückkehren sollte. Er stand vom Tisch auf, legte den Mantel ab und band sich ein Tuch um. Dann goss er Wasser in eine Schüssel und begann, den Jüngern die Füße zu waschen. Danach trocknete er sie mit dem Tuch ab, das er umgebunden hatte.

Als er zu Simon Petrus kam, sagte der zu ihm: „Herr, du willst mir die Füße waschen?“ Jesus antwortete: “Was ich tue, das verstehst du jetzt noch nicht. Du wirst es aber später verstehen.“ Petrus erwiderte: „Nie und nimmer sollst du mir die Füße waschen!“ Jesus antwortete: „Wenn ich dich nicht wasche, gibt es für dich keine Gemeinschaft mit mir.“ Da sagte Simon Petrus: „Herr, dann wasche mir nicht nur die Füße,sondern auch die Hände und den Kopf!“ Jesus antwortete: „Wer gebadet hat, ist ganz rein. Er braucht sich später nur noch die Füße waschen zu lassen. Und ihr seid rein – aber nicht alle!“ Er wusste nämlich, wer ihn verraten würde. Deshalb sagte er: „Ihr seid nicht alle rein.“

Nachdem Jesus seinen Jüngern die Füße gewaschen hatte, zog er seinen Mantel an und nahm wieder Platz. Dann sagte er zu ihnen: „Versteht ihr, was ich für euch getan habe? Ihr nennt mich Lehrer und Herr. Und ihr habt recht, denn das bin ich. Ich habe euch die Füße gewaschen –ich, der Herr und Lehrer. Also sollt auch ihr einander die Füße waschen. Denn ich habe euch ein Beispiel gegeben. Ihr sollt das tun, was ich für euch getan habe. Amen, amen, das sage ich euch: Kein Diener ist bedeutender als sein Herr. Und kein Abgesandter ist bedeutender als der,der ihn beauftragt hat. Ihr wisst, was ich für euch getan habe. Glückselig seid ihr, wenn ihr auch so handelt.

Johannes 13, 1-17, Basisbibel 

 

Fußwaschung

 

Heute hören wir das Evangelium von der Fußwaschung. Dieser Text aus dem spätesten kanonischen Evangelium hat ein markantes Zeichen gesetzt. Leider hat dieses Zeichen es nicht in den Rang eines Sakramentes geschafft.

 

Unsere Kirchengeschichte wäre gewiss anders verlaufen, wenn nicht die Mahlfeier sondern diese Fußwaschung das Sakrament wäre, das den stärksten Einfluss auf die Haltung, das Verhalten der Amtskirche hätte. Dieser Dienst war eben nicht die Aufgabe des Hausherrn, sondern die der Bediensteten. Möglicherweise waren es Erfahrungen in frühen Gemeinden, in denen Mahl gehalten wurde, die den Autor bewogen, dieses andere Zeichen zu setzen, das die Intentionen Jesu besser vermittelte. 

 

Die Hausherrenrolle des Klerus ist unserer Kirche nicht gut bekommen. Die Nachwirkungen sind bis heute spürbar. Immer noch ist sowohl Papst- wie auch Bischofsamt mit einer sich aus dem Priesteramt abgeleiteten monarchischen Einheit von Legislative, Judikative und Exekutive verbunden. Letztentscheidungskompetenz ist ebenso immer noch mit dem Priesteramt verknüpft. Trotz der Absicht, bei der Weltsynode die Mitwirkung des ganzen Gottesvolkes zu ermöglichen, bewirken die männerbündische Führungsriege und eingefleischter Paternalismus genau das Gegenteil. Sobald Vorschläge aus der Weltkirche kommen, die an diesen Grundfesten rütteln, werden sie relativiert, als nicht für die ganze Kirche tauglich eingestuft und Entscheidungen darüber der Synode entzogen und auf die lange Bank geschoben. 

 

Dabei gibt es in der Kirche bekanntermaßen nicht nur das Hausherren-Tischvorsteher-Eucharistieleiter-Amt sondern auch das Dienamt, nämlich den Diakonat. Die Konsequenz aus der Fußwaschung wäre eine wahrhaftig dienende, diakonische und weniger auf sogenannte „Gottesdienste“ fixierte Kirche. So wie es im Johannesevangelium heißt: „Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe.“ (Joh 13,15) Und der Autor lässt Jesus das zu seinem engsten und auserwählten Kreis sagen, auf den die Lehre der Kirche das Priesteramt zurückführt. 

 

Von Diakonischer Kirche wir auch in offiziellen Dokumenten gesprochen, z.B. auf der Seite des Bistums Trier. Gemeint ist damit aber immer noch, dass diese diakonische Kirche ein Teil der Hausherrenkirche ist. Sicherlich ist es nicht verkehrt, Anstrengungen zu unternehmen, wie sie die Bistumssynode in Trier 2020 erarbeitet hat. Mittlerweile jedoch wurde jedoch während des synodalen Weges in Deutschland kräftig daran gearbeitet, dass zumindest manche Formulierungen hoffen lassen, es könnte ein Einsehen geben.

„(12) Wir wollen Macht und Verantwortung in der Kirche so verstehen, verändern und ausüben, dass die „Güte und Menschenfreundlichkeit Gottes“ (Tit 3,4) neu entdeckt werden kann. 

(13) Die Verkündigung und die Feier des Glaubens müssen dem Evangelium Jesu Christi entsprechen, getragen vom Dienst an den Armen. Von diesem Evangelium müssen die zwischenmenschlichen Beziehungen und die organisatorischen Strukturen bestimmt sein. Wo dies nicht der Fall ist, müssen nachhaltige Korrekturen vorgenommen werden.“

Grundtext Gewaltenteilung in der Kirche

 

Es sind wahrscheinlich genau diese Formulierungen, die manche Vertreter der Hausherrenkirche dazu veranlassen, gegen den Synodalen Weg zu hetzen. Die Vorbehalte im Vatikan sind ja inzwischen hoch und lange wurde alles getan, um die Kommunikation zwischen Rom und Deutschland zu stören. Das letzte Treffen von sechs deutschen Bischöfen mit Vertretern des „Heiligen Stuhls“ (also kein Schemel oder Hocker) brachte zumindest ein erfreulich wirkendes Resumé hervor: 

„Es wurde ein regelmäßiger Austausch zwischen den Vertretern der Deutschen Bischofskonferenz und dem Heiligen Stuhl über die weitere Arbeit des Synodalen Weges und des Synodalen Ausschusses vereinbart.“

Bericht Bayerischer Rundfunk

 

Es tut sich auch noch an einer anderen Ecke etwas. Papst Franziskus, oberster Herr der Hausherrenkirche, hat drei Frauen in den Beraterstab für die Studiengruppe Frauendiakonat berufen. Über den Diakonat der Frau wird mittlerweile auch schon über zwei Jahrzehnte beraten. - Viel herausgekommen ist nicht. Zu hoffen ist, dass der Wert des Diakonats für die ganze Kirche eine grundlegend größere Bedeutung bekommt, dass Männer und Frauen in gleicher Weise in dieses Dienstamt berufen werden und damit das Handeln der Kirche tatsächlich ein Dienst für die Welt wird. Ansonsten bleibt die Fußwaschung in Kirchen und Kathedralen ein Schaufensterritual.

Um mit Jacques Gaillot zu schließen: „Eine Kirche, die nicht dient, dient zu nichts.“

 

Sigrid Grabmeier

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