Sonntagsbrief zum Fest Kathedra Petri 22. Februar 2025
21. Februar 2025 von Magnus Lux
Kathedra Petri – Petri Stuhlfeier
Anlässlich des besonderen Festes "Kathedra Petri" ein Sonntagsbrief außer der Reihe
Die Ältesten unter euch möchte ich nun um etwas bitten. Ich selbst bin auch Ältester, bin Zeuge des Leidensweges Christi geworden und ich habe teil an dem Glanz Gottes, der offenbar wird. Hütet die Herde Gottes, die bei euch ist, ohne eure Obhut aus Pflichterfüllung auszuüben, sondern freiwillig, weil es Gott gefällt. Ihr sollt diese Aufgabe auch nicht übernehmen, weil ihr euch einen Gewinn versprecht, sondern aus innerem Antrieb heraus. Ihr sollt nicht Aufsicht führen wie die, die über ihr Eigentum gebieten, sondern ihr sollt eure Aufgabe so ausführen, dass ihr Vorbilder werdet für die Herde. Und wenn der erste Hirte von allen für alle sichtbar geworden ist, werdet ihr den glänzenden Siegeskranz erlangen, der nie verwelkt.
1 Petr 5, 1-4 Bibel in gerechter Sprache
Als Jesus in die Gegend von Cäsarea Philippi kam, fragte er seine Jünger und Jüngerinnen: „Was sagen die Menschen, wer der himmlische Mensch sei?“ Sie antworteten: „Manche sagen: Johannes der Täufer, andere: Elija, noch wieder andere: Jeremia oder noch eine andere prophetische Person.“ Er sagte zu ihnen: „Und für wen haltet ihr mich?“ Simon Petrus sagte: „Du bist der Messias, der Sohn Gottes, der Lebendigen.“ Jesus antwortete ihm: „Selig bist du, Simon Barjona, weil dir das nicht Fleisch und Blut offenbart hat, sondern Gott, für mich Vater und Mutter im Himmel. Und ich sage dir: Du bist Petrus, der Fels, und auf diesen Felsen werde ich meine Gemeinde bauen. Die Tore der Totenwelt sollen sie nicht überwältigen. Ich gebe dir die Schlüssel zur Welt Gottes. Was du auf der Erde bindest, soll im Himmel gebunden sein, was du auf der Erde löst, soll im Himmel gelöst sein.“
Mt 16, 13-19 Bibel in gerechter Sprache
Kathedra Petri
Das Fest Kathedra Petri – Petri Stuhlfeier. Wie bitte? Ja, richtig gehört! Der „Heilige Stuhl“ ist ein völkerrechtliches Subjekt der besonderen Art: keine Staatsmacht, kein Staatsgebiet, kein Staatsvolk, sondern die Verkörperung der obersten Leitungsorgane der katholischen Kirche mit ihrem Zentrum, dem Papst. Und der Papst ist ja der Nachfolger des Petrus, des ersten Papstes, des „Apostelfürsten Petrus“ – über diesen Titel hätte sich der kleine Fischer aus Betsaida wohl sehr gewundert. Wehe, es denkt bei der Festlichkeit jemand an „heiligen Stuhlgang“! So freilich hat es ein früherer Pfarrer in unserer Gemeinde immer genannt. Und wer der Kathedra Petri bewundernd und andächtig begegnen möchte, kann das im Petersdom tun. Dort sitzt Petrus als Bronzefigur auf einem Marmorthron über einem Marmorsockel, wohl um den Machtanspruch der Päpste sehr augenscheinlich darzustellen. Aber bitte den linken Fuß streicheln, der rechte ist im Laufe der Jahrhunderte bis zur Unkenntlichkeit verstreichelt worden.
Heiliger Bimbam, Patron der Glocken! Wer kennt sie nicht, diese „feierliche Anrufung“, wenn es wieder einmal darum geht, sich über die Inflation des Heiligen in der Kirche lustig zu machen. Ist in Rom doch alles „heilig“, angefangen vom „Heiligen Vater“ – verstörend, denn im NT steht: „Niemand von euch soll sich Vater nennen, denn nur einer ist euer Vater, der im Himmel“ (Mt 23,9). Macht nichts, so genau nehmen wir’s nicht. Es heißt ja im Hochgebet schließlich auch: „In Wahrheit ist es würdig und recht, dir, Herr, heiliger Vater, immer und überall zu danken…“ Ach so, damit ist Gott gemeint – ursprünglich jedenfalls. Interessant ist, dass beim Schreiben des Begriffs „heiliger Vater“ in diesem Zusammenhang das Wort „heilig“ doppelt blau unterstrichen ist; es wird also korrekterweise erwartet: „Herr, Heiliger Vater…“ Und der „Heilige Vater“ hat wieder einmal die „Heilige Pforte“ für ein „Heiliges Jahr“ geöffnet. Und Rom war „not amused“, dass in einigen Diözesen auch eine „Heilige Pforte“ geöffnet wurde, das steht offenbar nur dem Heiligen Vatikan zu. Und der nennt den Beichtstuhl „Heilige Pforte für die Seele“. Na wenn das nichts ist! Da fällt mir der alte Buchtitel ein: Vorwärts, Kameraden, wir müssen zurück!“
Und da bin ich beim Thema: Wir müssen zurück! – aber nicht bis 1870 zur Verkündung (nicht zu verwechseln mit dem Wort Verkündigung!) der Unfehlbarkeit, wo sich ein Mensch anmaßt, in Glaubens- und Sittenfragen unfehlbar zu sein – entgegen der Lehre vom sensus fidei fidelium, dem Glaubenssinn der Glaubenden, wie sie schon Paulus vertritt: „Jedem aber wird die Offenbarung des Geistes geschenkt, damit sie anderen nützt“ ( 1Kor 12,7). Wir müssen zurück – aber nicht bis 1870 zur Verkündung des Primats: Der Papst besitzt die volle, höchste, unmittelbare und universelle Gerichtsbarkeitsgewalt zur Leitung der Kirche. Und so werden die Diözesen weltweit gern „Teilkirchen“ genannt. „Roma locuta, causa finita – Rom hat gesprochen, der Fall ist entschieden.“ Basta, Widerspruch zwecklos! Die Bischöfe werden damit als austauschbare Abteilungsleiter des Papstes gesehen – und so behandelt. Da denke ich an ein Wort von Shakespeare: „Cäsar wär kein Wolf, wenn ernicht säh, die Römer sind nur Schafe.“
Doch die Weltkirche setzt sich aus den verschiedenen „Ortskirchen“ mit ihrem jeweiligen Bischof zusammen, dessen Leiter der Bischof von Rom ist. Jaja, römische Weltkirche, aber erst, seit die lateinische Kirche sich als die einzig wahre bezeichnet und der Papst somit der verbleibende Patriarch des Westens ist. Die Alte Kirche kannte seit dem Konzil von Chalcedon 451 eine Rangfolge der fünf wichtigsten Patriarchate: Rom, Konstantinopel, Alexandrien, Antiochien und Jerusalem. Es ist doch immer gut, die Geschichte der Kirche nicht aus dem Auge zu verlieren. Darauf weist eine Anekdote hin: Ein katholischer Theologe und ein Rabbi unterhalten sich. Fragt der Rabbi: Was macht ihr Katholiken eigentlich mit jemandem, der anderer Meinung ist? Strikte Antwort: Anathema sit! (der sei ausgeschlossen, wörtlich: verflucht). Fragt der Katholik: Und was macht ihr? Der Rabbi darauf verschmitzt: Oh, wir heben die andere Meinung auf; vielleicht brauchen wir sie ja später noch einmal.
Stimmt! Vielleicht brauchen wir sie noch. Wie heißt es im 1. Petrusbrief: „Hütet die Herde Gottes ... Ihr sollt nicht Aufsicht führen wie die, die über ihr Eigentum gebieten, sondern ihr sollt eure Aufgabe so ausführen, dass ihr Vorbilder werdet für die Herde.“ „Hierarchie = heilige Herrschaft“ – wie verträgt sich diese Bezeichnung mit dem Begriff „ministerium = Dienst?“ Ist der von Franziskus verwendete Begriff „synodale Kirche“ nicht eher zutreffend: eine Kirche, die Gemeinde des Herrn, die sich gemeinsam auf den Weg macht? Ein Vergleich der Einheitsübersetzung mit der Bibel in gerechter Sprache gibt uns einen weiteren Hinweis. Dort heißt es: „Du bist Petrus und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen.“ Und hier: Du bist Petrus, der Fels, und auf diesen Felsen werde ich meine Gemeinde bauen.“ „Ecclesía kyriaké“ ist die „Gemeinde des Herrn“; aber als „Kirche“ wurden jahrhundertelang die Kleriker verstanden (obwohl im NT alle Getauften Kleriker, d.h. von Gott Erwählte sind), zu den „Laien = Mitglieder des Volkes Gottes“ rechneten sie sich nicht; die Laien waren plebs sancta, der heilige Pöbel. Es war schon ein Fortschritt, als von „lehrender“ und „hörender“ Kirche die Rede war.
Nun, welche Bedeutung hat nach jahrhundertelangem Streit in der Kirche die Rede von Petrus als dem Felsen, als dem ersten Papst für uns heute? Auch da tun wir gut daran, uns nicht auf die Machtansprüche, ja Weltmachtansprüche vieler Päpste durch alle Jahrhunderte zu beschränken, sondern zurückzugehen bis in die urchristliche Zeit. Schon die Rede von Petrus als dem ersten Papst ist anachronistisch, weil heutiges Verständnis in die damalige Situation übertragen wird. Den Titel „Papst“ trägt seit alters der Leiter der koptisch-orthodoxen Kirche in Ägypten, für den Bischof von Rom ist er von Gregor VII. 1075 festgelegt worden. Päpste und Gegenpäpste lagen immer wieder im Wettstreit; 1414 setzte das Konzil von Konstanz drei Päpste ab und wählte Martin V. Mit Benedikt XVI. trat nach vielen Jahrhunderten wieder einmal ein Papst freiwillig zurück; er entzauberte den Mythos, den Johannes Paul II. bis zu seinem Tod aufrechterhalten hat: auch Jesus sei nicht von seinem Kreuz herabgestiegen.
Die Antwort auf die Frage: Brauchen wir heute überhaupt noch einen Papst? ist eindeutig: Ja! Auf Petrus, den Felsen, baut Jesus, den wir als den Christus bekennen, seine Kirche auf: seine Kirche, seine Gemeinde. Und so ist der Petrusdienst immer ein Dienst an den Menschen; denn „der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen“ (Mk 10,45). Petrus, der Petrusdienst „bindet“ uns an die Notwendigkeit der Umkehr und Buße und „löst“ uns von Schuld. Der Papst ist der Diener, ja der Garant der Einheit aller Christen und Christinnen. Wie kann er vom „Stolperstein“ zum „Eckstein der Ökumene“ werden? Bei katholisch.de können wir am 2.1.2025 lesen: Das vatikanische Dokument „Der Bischof von Rom“ wirbt für ein neues Verständnis und eine andere Ausübung des Papstamtes, mit der der Papst künftig von anderen christlichen Kirchen als Ehrenoberhaupt akzeptiert werden könnte. Es hebt drei Prinzipien für den weiteren ökumenischen Dialog hervor: Erstens den „Primat der Ehre, ähnlich wie im ersten Jahrtausend“. Ein weiteres Prinzip: „Synodale Entscheidungsprozesse“ als Gegengewicht zur zentralisierten Autorität. Und ein drittes: die „Subsidiarität“: Entscheidungen sollten so weit wie möglich auf lokaler Ebene getroffen werden, wobei der Primat nur eine vermittelnde und unterstützende Rolle spielt.
Der Petrusdienst könnte ein neues Gesicht bekommen, ja, er muss es bekommen, wenn Kirche im 3. Jahrtausend eine Zukunft haben soll. Nicht „Ein Haus voll Glorie schauet“ kann das Leitmotiv sein, sondern vielmehr: „Geh mit uns auf unserm Weg“.
Magnus Lux
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