Sonntagsbrief zum Fest Erscheinung des Herrn, 6. Januar und zum 1. Sonntag im Jahreskreis, 7.Januar 2024

5. Januar 2024 von Sigrid Grabmeier

Gut verpackt

Als Jesus in Betlehem in Judäa geboren war, in den Tagen des Königs Herodes, seht, da kamen königliche Magier aus dem Osten nach Jerusalem. Sie sagten: „Wo ist der neugeborene König des jüdischen Volkes? Wir haben seinen Stern im Osten aufgehen sehen und sind gekommen, um ihm zu huldigen.“ Als König Herodes davon hörte, erschrak er zutiefst – und ganz Jerusalem auch. Er berief eine Versammlung aller Hohenpriester und Toragelehrten aus dem Volk, um von ihnen zu erfahren, wo der Messias geboren werden sollte. Sie sagten ihm: „In Betlehem in Judäa. Denn so steht es beim Propheten: Und du, Betlehem im Land Juda, keineswegs bist du die unbedeutendste unter den führenden Städten Judas. Denn aus dir wird ein Herrscher hervorgehen, der mein Volk Israel behütet.“ Da ließ Herodes die königlichen Magier heimlich rufen, um von ihnen in Erfahrung zu bringen, zu welcher Zeit der Stern erschienen war. Dann schickte er sie nach Betlehem und sagte: „Geht! Stellt genaue Nachforschungen über das Kind an. Wenn ihr es gefunden habt, gebt mir Bescheid, damit auch ich kommen kann, um ihm zu huldigen.“ Als sie das vom König gehört hatten, brachen sie auf. Und seht, der Stern, dessen Aufgang sie beobachtet hatten, zog vor ihnen her, bis er ankam und über dem Ort stillstand, an dem das Kind war. Als sie den Stern dort sahen, waren sie überwältigt vor Freude. Sie gingen in das Haus und sahen das Kind zusammen mit Maria, seiner Mutter. Sie fielen vor ihm nieder, ihm zu huldigen. Sie breiteten ihre Schätze aus und überreichten dem Kind Geschenke: Gold, Weihrauch und Myrrhe. Im Traum aber erhielten sie die Weisung, nicht zu Herodes zurückzugehen. So kehrten sie auf einem anderen Weg in ihr Land zurück.

Mt 2,1-12 Bibel in gerechter Sprache

 

 

In jenen Tagen kam Jesus aus Nazaret, das in Galiläa lag, und wurde von Johannes im Jordan getauft. Sobald er aus dem Wasser herauskam, sah Jesus, wie der Himmel sich öffnete und die Geistkraft wie eine Taube auf ihn herabkam. Und aus dem Himmel tönte eine Stimme: „Du bist mein geliebtes Kind, über dich freue ich mich.“ Sofort trieb die Geistkraft ihn in die Wüste hinaus.

Mk 1,9-12 Bibel in gerechter Sprache

  

Gut verpackt

Zwei Evangelisten, zwei Ereignisse. Während Matthäus die Erzählung vom Leben Jesu in grauer Vorzeit beginnen lässt, nämlich bei Abraham, beginnt Markus, dessen Evangelium als das älteste gilt, mit einer kurzen Vorstellung Johannes des Täufers um dann gleich im 9. Vers des 1. Kapitels die Taufe Jesu in den Mittelpunkt des Geschehens zu rücken. 

 

Zwei Evangelisten, zwei unterschiedliche Adressatenkreise. Während Matthäus sich an ein jüdisches Publikum wendet, das mit dem Stammbaum etwas anfangen kann, für das auch Herodes als von den Römern eingesetzter König ein Begriff und mit vielen negativen Assoziationen verbunden war, stellt Markus den erwachsenen Jesus, der bei seiner Taufe als Sohn Gottes offenbart wird, weitgehend heidenchristlichen Gemeinden vor.

 

Beide Autoren(schaften), wie auch Lukas, agieren in ihren Erzählungen sehr geschickt. Sie verpacken die Botschaft von Jesus, dem Mann aus Nazareth so, dass seine Sendung und seine unmittelbare Beziehung zu Gott für die jeweiligen Rezeptionskreise plausibel wird. Für den jüdischen Kreis des Matthäus wird durch die Erzählung von den drei Magiern – Gelehrten von sehr weit her, die den Stern gesehen haben, im Jüdischen als königliches Zeichen bekannt, deutlich, dass dieser König eben nicht nur dem jüdischen Volk sondern aller Welt geschickt wird. Markus hingegen schreibt für ein heidenchristliches Publikum, das römischen Repressalien ausgesetzt ist. Jesus der Sohn Gottes tritt gegen die Mächtigen in der Welt an, verkündet das Evangelium und spricht: „Der Augenblick ist gekommen, die Zeit erfüllt. Die Gottesherrschaft ist nahe gekommen! Kehrt zum Leben um und vertraut dem Evangelium!“ (Mk 1,15)

 

Warum ich das so ausführe? Weil ich mich frage, warum damals, vor knapp 2000 Jahren, es den Aposteln und Evangelisten gelang, erfüllt von dieser Botschaft von Jesus, sie weiter zu tragen; sie in die Herzen der Menschen hineinzutragen und das heute anscheinend nicht mehr funktioniert. Sie haben sich doch tatsächlich die Mühe gemacht, sich in ihr Publikum hineinzuversetzen. Sie haben Anknüpfungspunkte gesucht und haben mit soziokulturellem Feingefühl Geschichten erzählt. Geschichten, die wie wir heute wissen so nicht passiert sind. (Kein Stall, kein Ochs, kein Esel, keine Sterndeuter …) Die Geschichten waren zum Teil erfunden, es wurden innere Bilder erzeugt, die die Menschen verstanden. Aber nicht die Botschaft war erfunden, nicht der Kern. 

 

„Die neue Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung, an der sich erstmals auch die katholische Kirche beteiligt hat, beschreibt schonungslos die Lage der Kirchen in Deutschland.“, so textet katholisch.de den Artikel an, in dem diese Untersuchung analysiert wird. Sie wurde zum ersten Mal auch über den gesamten Bevölkerungsquerschnitt erhoben, nicht nur bei Kirchenmitgliedern.

Während die Zugehörigkeit zu einem Geschlecht bezüglich der Religiosität kaum eine Rolle mehr spielt, so finden sozial Benachteiligte immer weniger Zugang zu den Inhalten der Kirchen. Nur ein kleiner Teil der Bevölkerung in Deutschland findet es wichtig, Gottesdienste zu besuchen. Diese sollten vor allem ein ästhetisches Erlebnis mit ansprechender Predigt und moderner Sprache sein.

 

Erschütternd, ja. Vor allem, weil eine Zielgruppe Jesu, nämlich die Menschen am Rande, die Benachteiligten, die Nicht-Intellektuellen praktisch nicht mehr erreicht werden. Ist das Auftreten der Institutionen zu elitär? Sind diejenigen, die sich darin (noch) engagieren so abschreckend? Selbst wenn die soziale Arbeit der Kirchen positiv wahrgenommen wird, so dringt das was sie verkünden nicht mehr bis in die Herzen der Menschen vor.

 

Ich habe keine Lösungen parat. Vielleicht sowas wie Ideen. Ich gehe ja sehr gern ins Theater und in die Oper. Auch elitär. Vielleicht. Aber was mich dort am meisten fasziniert, ist, dass das Orte sind, an denen man alte Inhalte immer wieder neu zu erzählen versucht. In Beziehung setzt zu aktuellem Geschehen. Mal mehr, mal weniger gelungen. Und das wünsche ich mir auch für die Kernbotschaft des Evangeliums.

 

Zum Schluss noch Frohe Botschaft:

 

Auf, ihr Durstigen, kommt alle zum Wasser,
und ihr, die ihr kein Geld habt!
Los, kauft und esst! Los, kauft ohne Geld und ohne Preis Wein und Milch!
Warum zählt ihr Geld ab, ohne Brot zu bekommen,
und euren Lohn, ohne satt zu werden?
Hört mir gut zu, und ihr werdet Gutes essen
und eure Kehle am Nahrhaften laben.
 
Neigt eure Ohren und kommt her zu mir, hört, und ihr werdet leben!
Ich will mit euch einen dauerhaften Bund schließen,
zuverlässige Zuwendung, die ich David erwies.
Schau, als Zeugen für die Völker setze ich ihn ein,
als Fürsten und Gebieter über Völker.
Schau, fremde Völker, die du noch nicht kennst, wirst du rufen,
und fremde Völker, die dich nicht kannten, eilen zu dir,
um GOTTES willen, deiner Gottheit,
heilig in Israel ist sie, ja, dich schmückt sie.
 
 
Fragt nach GOTT, solange Gott gefunden werden kann,
fragt, solange Gott nahe ist.
Wer Übles tut, verlasse den eingeschlagenen Weg,
wer Unheil wirkt, das Geplante,
und kehre um zu GOTT, so wird Gott sich liebevoll zeigen,
zu unserer Gottheit, denn sie macht die Vergebung groß.
Denn meine Pläne sind nicht eure Pläne 
und eure Wege sind nicht meine Wege, Spruch GOTTES.
Wie der Himmel höher ist als die Erde,
so sind meine Wege höher als eure Wege und meine Pläne als eure Pläne.
Denn wie Regen und Schnee vom Himmel herabfallen
und nicht dorthin zurückkehren, 
sondern die Erde tränken, sie fruchtbar machen und sprießen lassen,
damit sie Samen gibt zum Säen und Brot zum Essen,
so wird das Wort, das aus meinem Mund hervorkommt,
nicht ohne Erfolg zu mir zurückkehren, sondern tun, was ich will,
und ihm wird gelingen, wozu ich es gesandt habe.
Ja, ihr sollt mit Freude ausziehen und mit Frieden geleitet werden.
Berge und Hügel sollen fröhlich sein, sollen mit euch jauchzen
und alle Bäume des Feldes in die Hände klatschen.
Anstelle von Dorngewächs soll Wacholder wachsen,
anstelle von Brennnesseln Myrten.
Das wird sich mit GOTTES Namen verbinden
zum dauerhaften Zeichen, das nicht abgehauen werden kann.
 
Jesaja 55 Bibel in gerechter Sprache

 

Sigrid Grabmeier

Mehr zur Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung hier

 

 

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