Sonntagsbrief zum Dreifaltigkeitssonntag, 4.Juni

3. Juni 2023 von Sigrid Grabmeier

Zweifel

Schließlich, liebe Geschwister, freut euch, fangt noch einmal an, lasst euch ermutigen, lebt einmütig und in Frieden! Gott ist Liebe und Frieden und wird mit euch sein. Begrüßt euch untereinander mit dem heiligen Kuss. Es grüßen euch alle heiligen Geschwister.

Die befreiende Zuwendung unseres Herrn Jesus Christus, die Liebe Gottes und die Gemeinschaft, die uns die heilige Geistkraft schenkt, sei mit euch allen!

 

2 Kor 13, 11-13 Bibel in gerechter Sprache

 

Zweifel

 

Ich habe meine Zweifel. An der Dreifaltigkeit. Möglicherweise an Gott, nicht an der Geistkraft, nicht an Jesus, unserem Christus. 

 

Als Kind, als Jugendliche erschienen mir die Geschichten und Sagen aus der Antike über die Götter und insbesondere deren Nachkommen sehr plausibel. Herakles, Sohn des Zeus und der Alkmene, Leda und der Schwan, Danae und der Goldregen, das kannte ich irgendwie ja schon. Maria und die Taube. Jesus, Sohn Gottes. 

 

Erst viel später wurde mir bewusst, lernte ich, dass es ja gerade die alten Griechen waren, die mit ihrem Verständnis die jüdische Überlieferung des Jesus als Sohn Gottes überformt hatten. Die hellenistische Brille machte aus dem Mann aus Nazareth, dem Sohn des Josef, den „Halbgott“ - ganz Mensch und ganz Gott. Nur Mensch, das war einfach zu wenig. Damit lies sich das, was er wirkte, nicht erklären. Sohn Gottes, das konnte nur so sein. 

 

Auf der anderen Seite aber wollte man das jüdische monotheistische Gottesverständnis nicht aufgeben. Also ging es darum, wie sich die Gottheit des Sohnes zur Gottheit des Vaters verhielt. 

 

„der als Einziggeborener aus dem Vater gezeugt ist, das heißt: aus dem Wesen des Vaters,
Gott aus Gott, Licht aus Licht,
wahrer Gott aus wahrem Gott,
gezeugt, nicht geschaffen,
eines Wesens mit dem Vater.“

So wurde es 325 beim ersten Konzil von Nicaea nach zähem Ringen formuliert.

 

Im Abspann dieses Glaubensbekenntnisses heißt es:


„Diejenigen aber, die da sagen 

„es gab eine Zeit, da er nicht war“
und „er war nicht, bevor er gezeugt wurde“,
und er sei aus dem Nichtseienden geworden,
oder die sagen, der Sohn Gottes stamme aus einer anderen Hypostase oder Wesenheit,
oder er sei geschaffen oder wandelbar oder veränderbar,


die belegt die katholische Kirche mit dem Anathema“ (Kirchenbann)

 

Ein prominenter Vertreter dieser anderen Lehre war Arius, Gelehrter und Prespyter in Alexandria. 

„Bei Arius ist Gott ungeworden und ungezeugt, anfangslos und ewig, unwandelbar wie unveränderlich und absolut transzendent. Der Logos-Sohn ist als selbständige Hypostase wie alles Außergöttliche erschaffen, doch unmittelbar von Gott, doch nicht identisch mit dem Gott innewohnenden Logos. Jesus Christus wurde als Träger des erschaffenen Logos entsprechend gleichfalls vor zwar undenkbarer Zeit erschaffen, doch gab es eine – logische – Zeit, in der Jesus Christus noch nicht erschaffen war. Der Logos wird bei Arius zum nicht-göttlichen, aber besonderen Schöpfungs-Vermittler, mit dem Gott alle weiteren Geschöpfe kreierte. Jesus Christus gilt bei Arius entsprechend als geschaffen und damit nicht-göttlich, nicht wesensgleich mit Gott.“  (Bei wikipedia: Jan Rohls: Gott, Trinität und Geist (= Ideengeschichte des Christentums. Band III/1). Mohr Siebeck, Tübingen 2014, S. 120 f.)

 

 

Mir persönlich liegt, wenn immer noch nicht wirklich nahe, diese Interpretation des besonderen Wesens Jesu näher. Der Logos, die Weisheit, das Wort, zu Beginn des Johannesevangeliums, wird nicht nur einem oder einer sondern vielen zugesprochen:

 

Die Weisheit war das wahre Licht,
das allen Menschen leuchtet, die in die Welt kommen.
Sie war in der Welt,
und die Welt ist durch sie entstanden,
aber die Welt hat sie nicht erkannt.
In das ihr Eigene kam sie,
aber die Ihrigen haben sie nicht aufgenommen.
Allen denen aber, die sie angenommen haben,
denen gab sie Vollmacht, Kinder Gottes zu werden.
Das sind die, die an Gottes Namen glauben,
die nicht aus Blut und nicht aus irdischem Bestreben
und nicht aus dem Willen eines Mannes,
sondern aus Gott geboren sind.
 

Joh 1, 9-13 Bibel in gerechter Sprache

 

Stellen Sie sich einmal vor, das Konzil hätte sich damals für die arianische Lösung entschieden. Die Dreifaltigkeit, so wie wir sie kennen, gäbe es nicht. Was wäre anders, was hätte sich anders entwickelt? Gäbe es das Christentum, so wie es sich heute darstellt, überhaupt? 

 

Einen nachdenklichen Sonntag

wünscht Ihnen

Sigrid Grabmeier

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