Sonntagsbrief zum 8. Sonntag im Jahreskreis, 3. März 2019
2. März 2019 von Reinhard Olma
Büttenpredigt ohne Bier
Er sagte ihnen auch ein Gleichnis: „Kann eine blinde Person eine andere blinde führen? Werden nicht beide in den Straßengraben fallen? Ein Lehrling steht nicht über der Meisterin oder dem Meister; erst wenn sie die Lehre vollendet haben, werden sie sein wie die, von denen sie gelernt haben.
Warum siehst du den Splitter im Auge deiner Geschwister, nimmst aber den Balken in deinem eigenen Auge nicht wahr? Wie kannst du sagen: Geschwister, wartet, ich werde den Splitter in eurem Auge herausziehen – wenn du selbst den Balken in deinem Auge nicht siehst? Du machst dir etwas vor! Entferne zuerst den Balken aus deinem Auge, und dann wirst du sehen, ob du den Splitter aus dem Auge deiner Geschwister herausziehen kannst.
Denn es gibt keinen guten Baum, der faule Frucht bringt, und auch keinen faulen Baum, der gute Frucht bringt. Denn jeder Baum wird an seiner Frucht erkannt; von Dornen sammeln sie ja keine Feigen, und von einem Dornbusch schneiden sie keine Trauben. Wohlwollende Menschen bringen aus dem guten Schatz ihres Herzens Wohl hervor, Übelwollende aus dem schlechten Schatz Übles. Wovon dein Herz erfüllt ist, davon redet dein Mund!“
Lk 6, 39-45 Bibel in gerechter Sprache
Büttenpredigt ohne Bier
Am Faschingssonntag ist es Brauch
und deshalb wollen wir es auch:
Wir halten heute keine Predigt,
die Sache ist für uns erledigt.
Und deshalb hört ihr heute hier
`ne Büttenpredigt ohne Bier.
Auch heuer sehn wir uns nicht um,
es geht ums Evangelium.
Und Lukas ist der fromme Dichter,
ich hoffe, Euch geh‘n auf die Lichter.
Das wünsch‘ und hoffe ich gar sehr-
doch fürcht‘ ich manchem fällt es schwer.
Dem anderen ins Auge sehen
und dann das Gleichnis bald verstehen.
Wer hat den Balken; wer den Splitter?
Die Antwort, die ist für uns bitter.
Du kannst beim Nächsten lange suchen:
Du hast den Balken – Pustekuchen!
Nee, Lukas, das kann gar nicht sein,
ich steig bei Jesus Sirach ein.
In seinem Text da les‘ ich glatt,
dass jeder viele Fehler hat;
der And‘re aber immer mehr.
Das find‘ ich gut, gefällt mir sehr!
Da bin ich gerne die Instanz,
die urteilt über jeden ganz.
Und kann ich was von ihm erwarten,
dann hat er sicher gute Karten.
Wie gerne mag ich Richter sein
und schätze alle richtig ein!
So ist das halt in dieser Welt:
Zuerst komm‘ ich mit meinem Geld.
Dann kommt mein Land und meine Stadt,
wo der nur was zu sagen hat,
der denkt und handelt so wie ich.
Wer anders ist, der trolle sich.
Solange ich das Urteil fälle,
sitz‘ ich natürlich an der Quelle,
wo jeden ich bewerten kann.
Was mich betrifft- geht keinen an!
So finde ich als edler Ritter
in Deinem Auge jeden Splitter-
und wäre er auch noch so klein.
Da kannst Du wirklich sicher sein?!
„Nein“, sagt da Jesus, „oh Ihr Blinden,
wie wollt Ihr denn den Splitter finden
bei dem, den Ihr den Bruder nennt,
wenn Euch der Balken von ihm trennt-
in Euerm Auge. Ach Du Tropf!
Damit stößt Du ihn vor den Kopf
und kommst gar nicht so dicht heran,
dass man den Splitter finden kann
in seinem Auge. Geh jetzt heim,
wir gehen Dir nicht auf den Leim!“
Da steh’n wir nun mit unsern Balken
Und hoffen, dass wir nicht verkalken,
bevor wir sie herausgezogen
und ihren Inhalt abgewogen:
Den Egoismus und den Frust,
dass irgendwas Du teilen musst.
Die Feigheit und Bequemlichkeit,
wenn jemand Hassparolen schreit;
was sind die Balken lang und dick!
Wir grollen unserm Mißgeschick-
Wir sind doch meist recht gute Christen?!
Du kannst nicht Jesus überlisten!
Zieh tapfer Deinen Balken raus,
dann siehst Du gleich viel besser aus.
Und nachher, in der Fastenzeit,
da gibt es die Gelegenheit
aus Balken mal ein Haus zu baun
und abzureißen manchen Zaun,
der uns von unserm Nächsten trennt,
der uns bisher nur flüchtig kennt,
weil wir uns meistens abgeschottet
und unsre Habe eingemottet,
statt denen etwas abzugeben,
die nur mit unsrer Hilfe leben.
Denn wer das erst einmal versucht,
der ist der „Baum mit guter Frucht“.
Der kann sich freuen an den Gaben,
die wir von Gott empfangen haben;
und an der Schönheit der Natur,
die uns umfängt in Wald und Flur;
hat Zeit, mit anderen zu lachen,
was unvernünftiges zu machen;
zu feiern in der Faschingszeit.
Gott hält all das für uns bereit,
was wir für morgen nötig haben
für unser Wohl und für die Gaben,
die wir mit Freude weiter geben,
damit auch andre besser leben,
in unserm und in seinem Namen.
Das wollt‘ ich heute sagen.
Amen
Reinhard Olma
Bildnachweis: Domenico Fetti, Das Gleichnis vom Splitter und vom Balken; ca. 1619; Metropolitan Museum of Art