Sonntagsbrief zum 7. Sonntag im Jahreskreis, 24. Februar 2019

23. Februar 2019 von Magnus Lux

Man kann sich doch nicht alles gefallen lassen...

Wolfgang Sauber: Franzosenkirche Schwabach Fahne 1729

Aber zu euch, die ihr zuhört, sage ich:

Liebet, die euch feindlich gegenüberstehen, und tut Gutes denen, die euch hassen. Heißt die willkommen, die euch fluchen, und betet für die, die euch schlecht behandeln.

Wenn dich jemand auf die eine Wange schlägt, halte auch die andere Wange hin, und wenn jemand dein Obergewand wegnimmt, kämpfe nicht für das Untergewand. Gib allen, die dich bitten, und fordere von denen, die von dir nehmen, nichts zurück.

Wie ihr wollt, dass euch die Leute tun, so sollt auch ihr ihnen tun. Wenn ihr nur die liebt, die euch lieben – welchen Dank erhaltet ihr dann? Denn auch diejenigen, die Unrecht tun, lieben die, die sie lieben. Wenn ihr denen Gutes tut, die euch Gutes getan haben, welchen Dank erwerbt ihr euch? Diejenigen, die Unrecht tun, verhalten sich auch so. Und wenn ihr denen ausleiht, von denen ihr hofft, zu erhalten, welchen Dank erhaltet ihr? Auch diejenigen, die in Unrecht verstrickt sind, leihen ihresgleichen, damit sie gleichermaßen auch erhalten.

Jedoch: Liebet eure Feinde und Feindinnen, tut Gutes und leiht aus, ohne etwas zu erhoffen! Dann wird eure Vergütung großsein, und ihr werdet Kinder des Höchsten, denn auch Gott wendet sich gütig den Ungütigen und Bösen zu. Habt Mitleid, wie auch Gott Mitleid übt. Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet. Verurteilt nicht, damit ihr nicht verurteilt werdet. Sprecht frei und ihr werdet freigesprochen! Gebt und euch wird gegeben werden. Was dann in euren Schoßfallen wird, ist wie ein gutes MaßGetreide, voll gedrückt, gerüttelt,überfließend! Denn mit dem Maß, mit dem ihr messt, wird euch im Gegenzug abgemessen werden.

Lk 6, 27-38 Bibel in gerechter Sprache

Man kann sich doch nicht alles gefallen lassen – 
oder: Verurteilt nicht, damit ihr nicht verurteilt werdet

Ach du lieber Gott, das hat uns gerade noch gefehlt, was dieser Jesus uns hier zumutet: „Liebet, die euch feindlich gegenüberstehen, und tut Gutes denen, die euch hassen.“ Ja was sollen wir denn noch alles tun! Wie kann ich denn meinen Feind lieben? Warum soll ich ausgerechnet denen Gutes tun, die mich hassen? Und das Tamtam geht weiter: „Wenn dich jemand auf die eine Wange schlägt, halte auch die andere Wange hin." Wo bleibt denn da die Selbstachtung und die Selbstliebe? Hat Nietzsche nicht recht, wenn er sagt: Der Gute im Sinne der Sklavenmoral ist gutmütig, leicht zu betrügen, ein bisschen dumm, ein Gutmensch. Nein, kämpfen wir für unser Recht, lassen wir uns doch nicht alles gefallen! Nur diese Sprache verstehen die Hasser. Dass wir uns auf Gott vertrösten lassen, damit rechnen die doch!

Da fällt mir eine Geschichte ein, die ich vor vielen Jahren einmal gelesen habe. Ehemals gute Nachbarn kommen sich wegen einer Kleinigkeit in die Haare. Das Ganze schaukelt sich hoch, weil keiner zurückstecken will, aus Selbstachtung, versteht sich. Am Schluss schießt einer aus dem Dachfenster eine Atomrakete ab. Schlussbemerkung: Jetzt sind wir zwar alle tot, aber man kann sich doch nicht alles gefallen lassen.

Hm. Vielleicht, ja vielleicht steckt doch ein Körnchen Wahrheit in der Botschaft von der Feindesliebe? Was verstehen wir denn eigentlich unter „Liebe“? Ist Liebe ein emotionales Hochgefühl, wie wir es von der partnerschaftlichen Liebe erwarten? Wie passt da hinein „Elternliebe“ oder „Kinderliebe“? Im Vordergrund steht wohl, den Eltern, den Kindern den Platz zukommen zu lassen, der ihnen zusteht, und alles zu tun, was sie fördert und was ein gutes Miteinander ausmacht. Und die Freude darüber macht uns glücklich. Aber das klappt nicht immer so gut, wie wir es erhoffen. Aber deswegen brechen wir doch nicht die Beziehung ab, sondern versuchen es immer wieder aufs Neue.

Nun, ich muss meinen Feind, meine Feindin ja nicht überschwänglich in die Arme schließen. Aber auch sie haben Vorstellungen, was sie vom Leben erwarten – und meine Vorstellungen stehen dem entgegen. Wie ist der Konflikt anders zu lösen, als dass wir aufeinander zugehen und den Ausgleich suchen? Die Friedenstifter sind die wahren Großen, nicht Schlappschwänze, wie man sie als „Pazifisten“ belächelt. Auch der Feind, die Feindin ist mir Bruder und Schwester. Wer den ersten Schritt tut, handelt im Sinne Gottes: „Verurteilt nicht, damit ihr nicht verurteilt werdet.“

Magnus Lux

Bildnachweis:

Schwabach ( Bayern ). Franzosenkirche ( 1687 ) - Fahne, der Hugenottengemeinde gestiftet von Karl Wilhelm Friedrich, Markgraf von Brandenburg-Ansbach, im Jahre 1729 – Detail: Glaube, Liebe (nicht durch ein Herz sondern durch Hände dargestellt) Hoffnung

© Wolfgang Sauber, wikipedia

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