Sonntagsbrief zum 7. Sonntag im Jahreskreis, 19. Februar 2017

18. Februar 2017

Aufrecht stehen

Aufrecht stehen

Hand

Ihr habt gehört, dass Gott gesagt hat: Auge um Auge und Zahn um Zahn. Ich lege euch das heute so aus: Leistet dem Bösen nicht mit gleichen Mitteln Widerstand. Vielmehr, wenn dich jemand auf die rechte Backe schlägt, halte ihm auch die andere Backe hin. Und wenn jemand gegen dich prozessiert, um dein Hemd zu bekommen, gib diesem Menschen auch deinen Mantel. Wenn dich jemand zur Zwangsarbeit für eine Meile Weg nötigt, gehe mit ihm zwei. Gib denen, die dich darum bitten, und wende dich nicht ab von denen, die etwas von dir borgen wollen.

Mt 5,38-48
Bibel in gerechter Sprache

„Leistet dem, der euch etwas Böses antut, keinen Widerstand, sondern, wenn dich einer auf die rechte Wange schlägt, dann halte ihm auch die andere hin!“

Ich glaube ja, dass kein Satz von Jesus mehr Kopfschütteln und weniger Akzeptanz auslöst als dieser über die Feindesliebe. Keinen Widerstand zu leisten, selbst wenn uns jemand etwas Böses antut? Das ist doch absurd, oder?

Ich aber finde, dass was Jesus da aufträgt, verdient ebenfalls das Wort: Widerstand. Auch wenn es nicht Gewalt mit Gewalt vergilt.

Hast Du Dich einmal gefragt, wie es möglich wäre, dass Dich einer auf die rechte Wange schlägt? Die meisten Menschen sind doch Rechtshänder und würden Dir auf die linke Wange schlagen. Es sei denn natürlich der Täter schlägt Dich nicht mit der Hand-Innenfläche sondern verächtlich mit der Hand-Außenfläche. Wenn Du ihm dann sofort die andere Wange hinhältst, was wird das in dem Angreifer auslösen? Ich behaupte ja, diese Deine völlig überraschende Reaktion wird dafür sorgen, dass der Hass in ihm kleiner wird. Mahatma Gandhi hatte diese Methode mutig angewandt und „gewaltlosen Widerstand“ genannt.

Ich selber habe einmal einen Text geschrieben mit dem Titel: „Der Tod ist ein Schläger!“ und der geht so:

Der Tod ist ein Schläger!

Wenn Dich einer schlägt,
und Du schlägst zurück,
dann magst Du siegen,
weil Du stärker bist
und vielleicht auch im Recht,
so hat doch in Wahrheit der Schläger gesiegt;
weil das Schlagen selbst gesiegt hat!

Schlägst Du stattdessen nicht zurück,
hat dann nicht auch der Schläger gesiegt?

Nicht wenn Du aufrecht stehen bleibst in Deinem Blick,
der den Schläger nicht verachtet sondern achtet und doch bedauert,
weil er der Gewalt bedarf,
Dich treten, niederdrücken und erschlagen muss!
Respekt verdient in seiner Welt nur,
wer Angst verbreiten kann!

Bleibe selbstbewusste Person mit aufrechtem Haupte
und werde nicht niedergedrücktes Objekt dumpfer Gewalt!
Beuge Dich nicht dem Schläger, nicht einmal im wütenden Blick!
Behalte die Liebe im Blick!
Dann bleibst Du aufrecht und wirst aufgerichtet werden, selbst wenn Du unter seinen Schlägen stirbst.
Ja, denn dann hast Du den Hass besiegt, hast die Sünde überwunden und den Schläger Tod geschlagen!
Und alle, die bis dahin noch untätig dabei standen, werden staunen und verstehn:
Der Gewalttäter muss gehn!

Einen gesegneten Sonntag Euch allen
Johannes Brinkmann

Bildnachweis: Hand © Sigrid Grabmeier

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