Sonntagsbrief zum 5. Sonntag in der Österlichen Bußzeit, 13. März 2016

12. März 2016 von Eva-Maria Kiklas

Barmherzigkeit statt Opfer

Sonntagsbrief zum 5. Sonntag in der Österlichen Bußzeit, 13. März 2016

Barmherzigkeit statt OpferJesus aber ging auf den Ölberg. Am frühen Morgen begab er sich wieder in den Tempel, und das ganze Volk kam zu ihm, und er setzte sich und lehrte sie. Die Schriftgelehrten, Pharisäerinnen und Pharisäer brachten eine Frau, die beim Ehebruch ergriffen worden war, und stellten sie in die Mitte, und sie sagten ihm: »Lehrer, diese Frau ist ergriffen worden, wie sie gerade dabei war, Ehebruch zu begehen. In der Tora hat uns Mose geboten, solche Frauen zu steinigen. Was meinst du nun dazu?« Dies sagten sie aber, um ihn auf die Probe zu stellen, damit sie etwas hätten, um ihn anzuklagen. Jesus aber beugte sich nieder und schrieb mit dem Finger in den Sand. Als sie dabei blieben, ihn zu fragen, richtete er sich auf und sagte ihnen: „Welche unter euch ohne Unrecht sind, mögen als Erste einen Stein auf sie werfen.“ Und er beugte sich wieder hinunter und schrieb in den Sand. Als sie dies hörten, gingen sie alle nacheinander weg, angefangen bei den Ältesten, und ließen ihn allein mit der Frau, die in der Mitte war. Jesus richtete sich auf und sagte ihr: „Frau, wo sind sie? Hat dich niemand gerichtet?“ Sie sagte: „Niemand, Rabbi.“ Jesus sagte ihr: „Auch ich richte dich nicht; geh und tue von jetzt an kein Unrecht mehr.“

Joh 8,1-11
Bibel in gerechter Sprache

Die Evangelientexte des 4. und 5. Fastensonntags kreisen um das Thema Schuld und Versöhnung, sowie um Gerechtigkeit und Barmherzigkeit. Da ist einmal der barmherzige Vater, der den heimgekehrten, verirrten Sohn in die Arme schließt und zum anderen Jesus selbst, der zu einem Urteil – Tod durch Steinigung – gezwungen werden soll. Es ist natürliche eine Falle, die die Schriftgelehrten und Pharisäer ihm stellen. Geradezu raffiniert umgeht Jesus diese Gefahr. Er nivelliert die Schuld Ehebruch nicht und stellt das Gesetz nicht in Frage, sondern die Richter über diese Frau. Die Thora verlangt nämlich, „dass man einen Menschen erst dann verurteilen darf, wenn man ihn verhört und festgestellt hat, was er tut“ ( Joh.7, 51 ). Es ist wohl sicher,  dass man dieser Frau keine Gelegenheit gegeben hat, sich zu erklären. Auch in dieser Szene sagt sie kein Wort. Sie weiß, dass das sinnlos wäre.

Und was ist mit dem Mann? „Küssen kann man nicht alleine“ singt Max Raabe und zum Ehebruch gehören wohl auch immer zwei. Kein Wort in diesem Text spricht von dem dazugehörigen Mann. Hat dieser die Frau verführt, eine Notlage ausgenützt, gar vergewaltigt? Oder war es eine große Leidenschaft, die die beiden über alle Gesetzestreue hinweg gerissen hat? Wer darf ein Todesurteil über diese Frau sprechen? Jesus: „Wer ohne Schuld ist, werfe den ersten Stein.“ Kein Mensch kann das von sich behaupten, auch Jesus tut das nicht. Das gestehen wir nur Gott zu und wie Gott handelt im Fall von Schuld sagt das Bild vom barmherzigen Vater, der Vergebung schenkt – ohne blutiges Opfer. Das ist die Überzeugung Jesu und so schenkt er der Frau Vergebung und Befreiung zu einem neuen Anfang.

Sollte sich unsere Kirche – gerade jetzt im Jahr der Barmherzigkeit – nicht ein Beispiel daran nehmen? Viele wiederverheiratete Geschiedene, wegen Heirat suspendierte Priester und ausgegrenzte Theologen warten darauf.

Eav-Maria Kiklas

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