Sonntagsbrief zum 5. Sonntag im Jahreskreis, 7. Februar 2016

6. Februar 2016 von Barbara Dominguez

Loslassen

Sonntagsbrief zum 5. Sonntag im Jahreskreis, 7. Februar 2016

Morgen am See GenezarethAls Jesus am Ufer des Sees Gennesaret stand, drängte sich das Volk um ihn und wollte das Wort Gottes hören. Da sah er zwei Boote am Ufer liegen. Die Fischer waren ausgestiegen und wuschen ihre Netze. Jesus stieg in das Boot, das dem Simon gehörte, und bat ihn, ein Stück weit vom Land wegzufahren. Dann setzte er sich und lehrte das Volk vom Boot aus. Als er seine Rede beendet hatte, sagte er zu Simon: Fahr hinaus auf den See! Dort werft eure Netze zum Fang aus! Simon antwortete ihm: Meister, wir haben die ganze Nacht gearbeitet und nichts gefangen. Doch wenn du es sagst, werde ich die Netze auswerfen. Das taten sie, und sie fingen eine so große Menge Fische, dass ihre Netze zu reißen drohten. Deshalb winkten sie ihren Gefährten im anderen Boot, sie sollten kommen und ihnen helfen. Sie kamen und gemeinsam füllten sie beide Boote bis zum Rand, sodass sie fast untergingen. Als Simon Petrus das sah, fiel er Jesus zu Füßen und sagte: Herr, geh weg von mir; ich bin ein Sünder. Denn er und alle seine Begleiter waren erstaunt und erschrocken, weil sie so viele Fische gefangen hatten; ebenso ging es Jakobus und Johannes, den Söhnen des Zebedäus, die mit Simon zusammenarbeiteten. Da sagte Jesus zu Simon: Fürchte dich nicht! Von jetzt an wirst du Menschen fangen. Und sie zogen die Boote an Land, ließen alles zurück und folgten ihm nach.

Lk. 1, 1-11
Einheitsübersetzung

Wieder einmal war ich überrascht, wie viel Neues mir beim Eintauchen in dieses bekannte  Evangelium aufging! Der reiche Fischfang am See Gennesaret und die Berufung des Petrus werden im letzten Kapitel des Johannesevangeliums sehr ähnlich erzählt. Welche Absicht Lukas und Johannes wohl dabei hatten? Und wir fragen uns heute: Was sollen wir nur mit dem Fischwunder und der radikalen Nachfolge der ersten Jünger, die alles zurücklassen, anfangen? Das ist doch alles viel zu weit weg, nicht realistisch!

Am Ende einer mühevollen Nacht steigen die Fischer aus – und Jesus steigt ein. Dort, wo alle anderen aussteigen. Jesus steigt mitten in unser Leben ein, mitten in unseren Alltag, besonders dann, wenn wir müde, ausgelaugt und frustriert sind. Und er bittet uns, mit unserem Lebensboot ein Stück weit vom Land wegzufahren. So kann es gelingen, ein bisschen zur Ruhe zu kommen und ihm zuzuhören.

Überraschend ist dann Jesu Aufforderung, am Morgen die Netze nochmals auszuwerfen.  „Wir haben die ganze Nacht gearbeitet und nichts gefangen!“ Der Sinn unseres Engagements zeigt sich nicht, die lähmende Tatsache, wieder von vorn beginnen zu müssen, am Ende wieder mit leeren Händen dastehen, sich die bange Frage stellen: Was habe ich nun eigentlich erreicht? Konnte ich denn etwas bewirken?

Grandios, wie sich Petrus auf den „Nichtexperten“ Jesus einlässt, einfach so, auf sein Wort hin! „Wenn du es sagst, Jesus, ok, dann werde ich die Netze auswerfen, dann will ich es versuchen.“ Jesus können wir es zutrauen, ihn dürfen wir beim Wort nehmen, enthält doch seine direkte Aufforderung so viel Zutrauen und Ermutigung. Übrigens: Dieses Auswerfen der Netze heißt in der Ursprache des Evangeliums einfach "loslassen". In diesem Loslassen spiegelt sich nochmals das Vertrauen. Das gegenseitige Zu-trauen und Ver-trauen in der Beziehung zwischen Jesus und Petrus, zwischen Jesus und uns, wird hier deutlich. Das ist es, was uns das scheinbar Unlogische und Unmögliche wagen lässt. Konnten wir nicht schon manchmal erleben, dass uns sogenannte „unvernünftige“ Ideen und Impulse überraschend weiter gebracht haben? Uns einen reichen Fischfang beschert haben? Weil wir es wagten, auf unser innerstes Gespür zu vertrauen? Das Wunder beginnt eigentlich noch vor dem Fischfang, denn das sich Einlassen auf Jesus ist die Voraussetzung dafür.

Sich auf Jesus einlassen – „ihm nachfolgen“ – das ist für uns alle eine ganz persönliche Angelegenheit. Die Konsequenzen daraus können sein, dass wir uns den Herausforderungen stellen müssen, uns neu zu orientieren, Gewohntes loszulassen, „alles zurückzulassen“.

Barbara Dominguez

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