Sonntagsbrief zum 5. Sonntag der Osterzeit, 14. Mai 2017

9. Mai 2017 von Barbara Dominguez

Daheimsein

Blick über Innsbruck

„Seid nicht aufgewühlt und erschrocken! Glaubt an Gott und glaubt an mich. Im Haus Gottes, meiner Heimat, sind viele Wohnungen. Hätte ich euch sonst gesagt: Ich gehe, um für euch einen Platz vorzubereiten? Und wenn ich gegangen bin und euch einen Platz bereitet habe, dann komme ich wieder und nehme euch zu mir, damit auch ihr da seid, wo ich bin. Und wohin ich gehe – ihr kennt den Weg.“ Thomas sagte zu ihm: „Rabbi, wir wissen nicht, wohin du gehst. Wie können wir den Weg kennen?“ Jesus sagte zu ihm: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben. Nur durch mich gelangt ihr zu Gott, der Quelle allen Lebens. Wenn ihr mich erkannt habt, dann habt ihr auch Gott erkannt. Von nun an kennt ihr Gott und habt sie gesehen.“ Philippus sagte zu ihm: „Rabbi, zeige uns Gott und wir sind zufrieden.“ Jesus sagte zu ihm: „So lange Zeit bin ich schon bei euch und du hast mich nicht erkannt, Philippus? Alle, die mich gesehen haben, haben auch Gott gesehen. Wie kannst du da sagen: Zeige uns Gott? Glaubst du nicht, dass ich in Gott bin und Gott in mir ist? Die Worte, die ich euch sage, rede ich nicht von mir aus, sondern Gott, die in mir wohnt, führt ihre Taten aus. Glaubt mir, dass ich in Gott bin und Gott in mir; und wenn nicht, dann glaubt wegen der Taten. Amen, amen, ich sage euch: Alle, die an mich glauben, werden die Taten, die ich vollbringe, auch tun, und sie werden noch größere als diese tun, denn ich gehe zu Gott.“

Joh 11, 1-12 Bibel in gerechter Sprache

 

„Komm gut heim!“ Wie oft haben wir das schon lieben Menschen gewünscht, besonders wenn der Heimweg nicht gerade der kürzeste war. Komm gut heim, ich wünsche dir, dass du wohlbehalten nach Hause kommst, dort wo du daheim bist. Wo sind wir daheim?

Bei unseren erwachsenen Kindern ist oft allerhand los. Da wird übersiedelt, umgebaut, neue Wohnungen bezogen. Planungen und Kostenvorschläge, wie das alles durchführbar ist, gehen natürlich voraus. Die meisten von uns kennen das und haben es erlebt – eine eigene Wohnung, ein liebevoll hergerichtetes Nest unterstützt unser tiefes Bedürfnis nach einem Leben in einem geborgenen Daheim. Und dafür lohnen sich alle Mühen.

Vom Wohnen bei Gott lesen wir im heutigen Evangelium. Es gehört zu den sog. Abschiedsreden Jesu, die er nach dem Abendmahl am Abend vor seinem Tod zu seinen Jüngern und Jüngerinnen gehalten hat. Sie sind total verunsichert, haben Angst vor dem, was mit Jesus geschehen wird, Angst, dass sie ihn verlieren werden. Jesus hätte jetzt eigentlich selbst starke Freundschaft gebraucht, doch er ist derjenige, der seine Freunde und Freundinnen tröstet. Seid nicht erschrocken! Im Haus Gottes, meiner Heimat, sind viele Wohnungen. Ich gehe, um einen Platz für euch vorzubereiten!

Wir alle kennen solche Plätze. Wir erinnern uns an einen Platz daheim bei unseren Eltern, an unser Zimmer, an Orte und Flecken, wo wir uns so richtig geborgen gefühlt haben. Wir haben uns als Kinder Höhlen aus Polstern und Decken gebaut, vielleicht auch eine kleine Hütte im Garten oder ein Baumhaus. Wie eine kleine, eigene Wohnung, wo ich ich sein kann, daheim bei mir. Wo immer wir auch heute wohnen, da wollen wir zusammen mit unseren Lieben leben, daheim sein. Und da haben wir auch oft Möglichkeiten geschaffen, wo ein Kind, ein lieber Mensch, Platz hat, Unterschlupf findet, bei uns daheim.

Viele, viele Menschen haben so einen Platz nicht – und damit meine ich nicht nur die Flüchtlinge auf der ganzen Welt oder Familien, die ihr Heim durch Katastrophen verlieren. Daheimsein, Heimat, ist nicht nur ein Ort, ein Haus aus Steinen. Daheim bin ich, wo ich verstanden werde, wo ich mich nicht erklären muss. Daheim bin ich bei Menschen, die mich lieben und die ich lieben darf.

Deshalb ist es ja auch so ein schönes Bild, wo Jesus für uns einen Platz im Haus Gottes, seiner Heimat, vorbereitet. Daheim sein bei Gott – das bedeutet, Gott nimmt mich ganz bei sich auf, herzlich erwartet, mit meinen Ängsten und Enttäuschungen, mit meinem Versagen und meiner Freude, mit meinem Schmerz und meiner Sehnsucht.

Ja, das muss schön sein! Nur, wie kommen wir dort hin? Thomas und Philippus fragen auch an unserer Stelle – immer wieder wollen wir uns den Weg zur Heimat bei Gott einfach zeigen lassen. Jesus sagt: ICH bin der Weg und die Wahrheit und das Leben – doch DEN Weg gibt es nicht. Jeder und jede von uns muss den eigenen, persönlichen Weg suchen. Das heißt sich auf den Weg machen, aktiv sein, sich mit den Fragen des Lebens und der Gesellschaft auseinandersetzen. So ganz ohne Planung und Investition wird das nicht abgehen. Den Kostenvoranschlag liefert uns Jesus auf seine Art: Glaube an mich, ich bin mit dir, in dir. Begegnet euch in den Augen und Herzen der Menschen um euch. Öffnet eure Herzen füreinander!

Mit Jesus und in ihm werden wir unseren Weg finden, er IST der Weg. Komm gut heim!

Barbara Dominguez

Bildnachweis: Blick über Innsbruck © Barbara Dominguez

 

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