Sonntagsbrief zum 4. Sonntag im Jahreskreis, 31. Januar 2016

30. Januar 2016 von Eva-Maria Kiklas

Was es ist.

Sonntagsbrief zum 4. Sonntag im Jahreskreis, 31. Januar 2016

Baustelle Neues JerusalemSetzt euch für diese wichtigen Aufgaben ein. Und ich kann euch auch noch einen wunderbaren Weg dazu zeigen. Wenn ich wie ein Mensch rede oder wie ein Engel und bin ohne Liebe, bin ich ein schepperndes Blech und eine gellende Zimbel. Und wenn ich die Gabe habe, die Zeichen der Zeit zu deuten, und alles Verborgene weiß und alle Erkenntnis habe und alles Vertrauen, so dass ich Berge versetzen kann, und bin ohne Liebe, dann bin ich nichts. Und wenn ich alles, was ich kann und habe, für andere aufwende und mein Leben aufs Spiel setze selbst unter der Gefahr, auf dem Scheiterhaufen zu enden, und bin ohne Liebe, hat alles keinen Sinn.Die Liebe hat einen langen Atem und sie ist zuverlässig, sie ist nicht eifersüchtig, sie spielt sich nicht auf, um andere zu beherrschen. Sie handelt nicht respektlos anderen gegenüber und sie ist nicht egoistisch, sie wird nicht jähzornig und nachtragend. Wo Unrecht geschieht, freut sie sich nicht, vielmehr freut sie sich mit anderen an der Wahrheit. Sie ist fähig zu schweigen und zu vertrauen, sie hofft mit Ausdauer und Widerstandskraft. Die Liebe gibt niemals auf. Prophetische Gaben werden aufhören, geistgewirktes Reden wird zu Ende gehen, Erkenntnis wird ein Ende finden. Wir erkennen nur Bruchstücke, und unsere Fähigkeit, Zusammenhänge zu erkennen, ist begrenzt. Wenn aber die Vollkommenheit kommt, dann hört die Zerrissenheit auf. Als ich ein Kind war, redete und dachte ich wie ein Kind und war klug wie ein Kind. Als ich erwachsen wurde, ließ ich zurück, was kindlich war. Wir sehen vorläufig nur ein rätselhaftes Spiegelbild, dann aber von Angesicht zu Angesicht. Heute erkenne ich bruchstückhaft, dann aber werde ich erkennen, wie ich von Gott erkannt worden bin. Jetzt aber leben wir mit Vertrauen, Hoffnung und Liebe, diesen drei Geschenken. Und die größte Kraft von diesen dreien ist die Liebe.

Kor. 12, 31 -13, 13
Bibel in gerechter Sprache

Diese Schriftstelle gehört für mich zu den ganz besonderen Perlen den Neuen Testamentes. In diesem Text kommt Paulus dem Wanderprediger Jesus, dem er ja persönlich nie begegnet ist, am nächsten. Im 12. Kapitel des 1. Briefes an die Korinther beschreibt Paulus die verschiedenen Charismen, die in einer Gemeinde vorhanden sein können und fordert auf, sich für diese „wichtigen Aufgaben“ einzusetzen. Aber all dieses ehrenwerte Tun ist hohl und unnütz, wenn es nicht von der Liebe getragen ist. Bildgewaltig beschreibt er, wie diese Liebe auszusehen hat, ohne sie „hat alles keinen Sinn“.

Wichtig ist für mich, dass diese Liebe absichtslos ist, uneitel, nicht darauf bedacht, „gute Werke“ zu tun, die auf Erden oder spätestens im Himmel belohnt werden. Ja , ich setze sogar ein Fragezeichen hinter die Begründung, Gutes zu tun, weil wir im Nächsten Christus sehen. In den Gerichtsreden fragen die Belobten „Herr , wann haben wir Dich hungrig gesehen?“ Das heißt, die zur Rechten Gottes sitzen, haben aus einer inneren Haltung heraus Gutes getan, ohne Bedenken und Absicht.

Da kommt mir die jetzige Situation mit den Flüchtlingen in den Sinn. Wie viele Menschen tun, was sie für notlindernd halten. Auch viele Nichtchristen sind dabei, die garantiert nicht auf einen  Fensterplatz im Himmel hoffen, sondern für ihr Tun sogar angegriffen werden. In einer Stadtteilversammlung sollte jede/r seine Position zur Flüchtlingsproblematik erklären und begründen. Ich beschrieb, wie sehr ich unter dem verbalen und körperlich ausgeübten Hass leide. Als Christin kann ich darauf nur reagieren, in dem ich auf die Liebe setze. Vielleicht ist das illusorisch und unvernünftig . Aber „vernünftig“ ist Liebe eben nicht.

Erich Fried beschreibt diese Liebe so:

Was es ist
Es ist Unsinn
sagt die Vernunft.
Es ist, was es ist , sagt die Liebe.

Es ist Unglück,
sagt die Berechnung.
Es ist nichts als Schmerz
sagt die Angst.
Es ist aussichtslos
sagt die Einsicht.
Es ist, was es ist, sagt die Liebe.

Es ist lächerlich,
sagt der Stolz.
Es ist leichtsinnig,
sagt die Vorsicht.
Es ist unmöglich,
sagt die Erfahrung.
Es ist, was es ist, sagt die Liebe.

Ihnen allen einen „liebevollen“ Sonntag.
Eva-Maria Kiklas

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