Sonntagsbrief zum 11. Januar 2015

9. Januar 2015 von Eva-Maria Kiklas

Johannes verkündete: »Nach mir kommt jemand machtvoller, als ich es bin. Verglichen mit dieser Person bin ich nicht gut genug, dass ich mich bücke und ihren Schuhriemen löse. Ich habe euch im Wasser getauft, sie aber wird euch in heiliger Geistkraft taufen.«

In jenen Tagen kam Jesus aus Nazaret, das in Galiläa lag, und wurde von Johannes im Jordan getauft. Sobald er aus dem Wasser herauskam, sah Jesus, wie der Himmel sich öffnete und die Geistkraft wie eine Taube auf ihn herabkam. Und aus dem Himmel tönte eine Stimme: »Du bist mein geliebtes Kind, über dich freue ich mich.«

Markus 1, 7-11
Bibel in gerechter Sprache

Es gibt zwei Erzählungen im neuen Testament, die mir Schlüssel sind zum Verständnis der Beziehung zwischen Gott und Jesus von Nazareth: Das ist die Taufe Jesu im Jordan und das Gleichnis vom barmherzigen Vater. Mit der Taufe Jesu beginnt das Markusevangelium. Sie ist die Initialzündung des öffentlichen Wirkens Jesu. Er erlebt – wo und wie auch immer – eine Gotteserfahrung und sich als geliebten Sohn eines zärtlich liebenden Vaters. Dieses Geschehen muss ihn „umgehauen“ haben, so dass er sich in die Wüste zurückzog, um sich über die Konsequenzen dieser Erfahrung klar zu werden. Er sah es von nun an als seine Lebensaufgabe an, diese „gute Nachricht“ zu verbreiten: alle Menschen sind Gottes geliebte Töchter und Söhne. Mit dieser Erfahrung seid ihr frei, frei von Angst, von Machthunger, von Minderwertigkeitskomplexen und Besitzstreben.

Beim Nachdenken über diese Gotteserfahrung Jesu fiel mir ein Erlebnis während eines Aufenthaltes in Jerusalem ein. Ich stand vor der Klagemauer und war überwältigt von der Mächtigkeit und Geschichtsträchtigkeit dieses Bauwerkes. Ich fühlte mich eingereiht in eine lange Reihe von Menschen, die hier Trost und Hilfe erbeten hatten. Ich lehnte meine Stirn an die Mauer. Und plötzlich hatte ich das Gefühl, als ob mich jemand in die Arme nahm und ein Gefühl der Geborgenheit umhüllte mich wie ein warmer Mantel. Dieses Gefühl hat mich nie wieder verlassen.

Eva-Maria Kiklas

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