Sonntagsbrief zum 33. Sonntag im Jahreskreis 17. November 2019

15. November 2019 von Reinhard Olma

Empfinden Sie das vielleicht auch so?

Pavel Ševela

 

Als einige vom Tempel sagten, er sei mit schönen Steinen und geweihten Gaben geschmückt, sagte er: „Was ihr da betrachtet – es werden Tage kommen, in denen nicht Stein auf Stein bleiben wird, sondern Stein um Stein heraus gebrochen wird!"

 

Sie fragten ihn aber: „Lehrer, wann wird denn das sein, und was ist das Zeichen dafür, wann dies zu geschehen anfängt?“ Er aber sagte: „Seht zu, dass ihr nicht in die Irre geführt werdet! Denn viele werden unter meinem Namen auftreten und sagen: Ich bin es! oder: Der Zeitpunkt ist da! Lauft nicht hinter ihnen her! Wenn ihr aber hören werdet ´Kriege!` und ´Aufstände!` – erschreckt nicht! Denn dies muss zuerst geschehen, doch das Ende ist nicht sofort da!“

 

Dann sagte er zu ihnen: „Volk wird sich gegen Volk erheben und Königreich gegen Königreich. Es werden große Beben und da und dort Hungersnöte und Epidemien auftreten, es werden erschreckende Dinge kommen und vom Himmel herab große Zeichen! Noch vor diesem allem werden sie Hand an euch legen und euch verfolgen, sie werden euch an die Gemeinde und Gefängnisse ausliefern, um euch vor Könige und Statthalter zu führen um meines Namens willen. Es wird auf euch zukommen, dass ihr Zeugnis ablegen müsst. Darum prägt es euren Herzen ein, nicht im Voraus darauf zu sinnen, wie ihr euch verteidigen wollt! Ich werde euch Worte und Weisheit geben, der niemand von denen, die gegen euch sind, wird widerstehen oder widersprechen können. Ihr werdet aber auch von euren Eltern und Geschwistern ausgeliefert werden, von Verwandten, Freunden und Freundinnen. Und sie werden einige von euch töten. Auch werdet ihr von allen um meines Namens willen gehasst. Und doch soll nicht ein Haar von eurem Kopf verloren gehen! Mit eurer Widerstandskraft werdet ihr euer Leben gewinnen!“

Lk21, 5-19 Bibel in gerechter Sprache

Empfinden Sie das vielleicht auch so?

Das Evangelium des heutigen Sonntags liest sich in einigen Abschnitten wie die Warnungen der Klimaforscher vor dem nicht allzu fernen Kollaps der Natur. Unser egoistischer Umgang mit der Schöpfung führt zu Katastrophen, Kriegen und Verteilungskämpfen um die knapper werdenden Ressourcen; die Anzahl der Flüchtenden aus den unbewohnbar gewordenen oder im steigenden Meeresspiegel untergehenden Teilen der Welt steigt unaufhaltsam. Hat uns Jesus schon prophezeit, dass wir mit dem uns anvertrauten Gut nicht umgehen können?

Sicher wurden die Prophezeiungen über das Ende der Welt schon von früheren Generationen auf Nöte und Katastrophen der jeweiligen Zeit bezogen. Und dass falsche Propheten mit ihren populistischen Parolen scheinbar einfache Lösungen für die globalen Probleme anbieten, hat es auch immer wieder gegeben. Auch heute schießen sie mit ihren Botschaften wie Pilze aus der Erde und vergiften die Atmosphäre:

„Amerika first!“ – „Wir kommen zuerst!“ – „Wir müssen uns vor den Fremden schützen!“ - „Wir lassen uns unsere Nationalkultur nicht untergraben!“ – „Wir müssen unseren Wohlstand verteidigen, schließlich haben wir uns alles sauer verdient!“

Botschaften, die so einfach erscheinen, dass viele ihnen auf den Leim gehen und den falschen Propheten nachlaufen.

Aber es gibt leider keine einfachen Lösungen und die Abschottung gegen das Fremde und Ungewohnte kann überhaupt nichts nützen. Stattdessen lenkt es uns ab und hindert uns daran, unser Leben so zu verändern, dass es auch für unsere Kinder und Enkel noch eine halbwegs intakte Welt geben kann.

Noch so eine vermeintlich einfache Lösung der vielen Probleme ist das Suchen nach Sündenböcken: Die Flüchtlinge sind schuld! Der Islam unterwandert uns!

Und so wird Hass geschürt und Gewalt gegen „die Anderen“ scheint ein probates Mittel zur vermeintlichen Verteidigung des eigenen Wohlstands zu werden. Es gibt Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte und Synagogen. Und auch gegen Kirchen und Christen richtet sich die Hetze der rechten Allianzen und Parteien. In der vergangenen Woche fand der Magdeburger Bischof Dr. Gerhard Feige in einem Interview der „Volksstimme“ aus Magdeburg deutliche Worte. Er sorge sich sehr um den Fortbestand der Demokratie, sagte er.

Und was tun wir? Was sollten wir tun?

Die Texte des heutigen Sonntags geben klare Orientierung: Seid standhaft! Haltet mit eurer Meinung nicht hinterm Berg. „Ich werde euch die Worte und die Weisheit eingeben, so dass alle eure Gegner nicht dagegen ankommen… können.“ Nicht wegducken! Deutlich Position beziehen! Und eines vor allem: Wir werden nicht zulassen, dass in unserem Beisein andere Menschen ausgegrenzt und bedroht werden. 

Die Worte des Propheten Maleachi machen uns Mut: „Seht der Tag kommt,… da werden alle Überheblichen und Frevler zu Spreu, und der Tag, der kommt, wird sie verbrennen…“ „ Für euch aber… wird die Sonne der Gerechtigkeit aufgehen…“Mal 3, 19-20b

Oft fehlt uns dieses Vertrauen; wir glauben uns schwach und allein und zweifeln daran, etwas verändern zu können. Aber wir müssen nicht zweifeln! Glaubhaft müssen wir sein in unserem Handeln. Und das bedeutet, mit den Veränderungen der Gesellschaft bei uns selbst zu beginnen. Weniger Autofahren, weniger Fleisch essen, weniger Energie verbrauchen usw. usw. – eigentlich wissen wir das alles, aber es gelingt eben noch zu selten. Es sind oft kleine Schritte, die wir mit wenig Anstrengung tun können. Und die müssen unser bisheriges Leben nicht völlig auf den Kopf stellen. 

„Seid nicht so aufgeregt! Gehrt in Ruhe eurer Arbeit und Beschäftigung nach“, schreibt Paulus im Brief an die Thessalonicher und auch an uns. 2 Thess 3, 7-12 

Und schließlich gibt Psalm 98, der auch zu den Texten für den heutigen Sonntag gehört, Trost und Hilfe:

Es gibt immer noch gute Gründe zur Freude, zum Feiern und Musizieren. Und da nehmen wir uns einfach mal vor, auch Menschen einzubeziehen, die es sonst schwer haben, von der Gesellschaft akzeptiert zu werden. Das könnte ein guter Vorsatz für die kommende Woche sein.

 

Reinhard Olma

Bildnachweis:

Tišnov-Kinderheim, Bewege dich und singe mit Hanka und Nova

von Pavel Ševela

 

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