Sonntagsbrief zum 31. Mai 2018 - Fronleichnam
30. Mai 2018 von Magnus Lux
Brot ist zum Essen da, nicht zum Herumtragen und zum Anbeten
Am ersten Tag des Festes der ungesäuerten Brote, an dem das Pessachlamm geschlachtet wurde, fragten seine Jüngerinnen und Jünger Jesus: „Sage uns: Wohin sollen wir gehen und Vorbereitungen treffen, damit du das Pessachmahl essen kannst?“ Da schickte er zwei von ihnen mit den Worten los: „Geht in die Stadt Jerusalem. Da wird euch eine Person begegnen, die trägt einen Krug mit Wasser. Folgt ihr, und wo sie hineingeht, da sagt zur Besitzerin oder zum Besitzer des Hauses: `Der Lehrer fragt: Wo ist meine Unterkunft, in der ich mit meinen Jüngerinnen und Jüngern das Pessachmahl essen und feiern kann?´ Dann wird euch ein großes Zimmer im Obergeschoss gezeigt, das mit Kissen ausgelegt und vorbereitet ist. Dort sollt ihr für uns die Vorbereitungen treffen.“ Die Jüngerinnen und Jünger gingen los, kamen in die Stadt und fanden alles so vor, wie Jesus es beschrieben hatte. Da begannen sie, das Festessen vorzubereiten.
Als sie aßen, nahm Jesus ein Brot, sprach den Brotsegen und brach es, gab es ihnen und sagte: „Nehmt, dies ist mein Leib.“ Dann nahm er einen Becher, sprach den Segen über ihm, gab ihn an sie weiter, und sie tranken alle daraus. Jesus sprach weiter: „Das ist mein Blut des Bundes, das für alle vergossen wird. Ja, ich sage euch: Ich werde nicht mehr von der Frucht des Weinstocks trinken bis zu jenem Tag, an dem ich sie in der Welt Gottes neu trinken werde.“ Am Schluss des Pessachmahls priesen sie Gott mit einem Lied.
Mk 14, 12-16, 22-26 Bibel in gerechter Sprache
Brot ist zum Essen da, nicht zum Herumtragen und zum Anbeten
Fronleichnam. Welche Faszination ging von diesem Wort aus, als ich ein Kind war! Meine Eltern fuhren 80 Kilometer nach Bamberg, um mit Zehntausenden die Straße zu säumen, durch die die nicht enden wollende Fronleichnamsprozession der Domstadt zog.
Fronleichnam. Welch großartige Demonstration des Glaubens! Unser Religionslehrer erzählte uns voller Stolz, wie er im evangelischen Kulmbach als Kaplan die Fronleichnamsprozession wieder durchgesetzt hat – um den Evangelischen zu zeigen, wie die Katholiken die konsekrierte Hostie verehren.
Fronleichnam. Was für einen Aufstand gab es in unserer Pfarrei, als sich keine jungen Mädchen fanden, die Lourdes-Muttergottes bei der Prozession zu tragen, und stattdessen einer der vier Fronleichnams-Altäre gestaltet wurde mit einem Schriftband: Durch Maria zu Jesus. Das ging überhaupt nicht!
Fronleichnam? Erst als Theologiestudent wurde ich damit konfrontiert, was es mit diesem Fest auf sich hat. Äußerst mysteriöse Umstände führten im 13. Jahrhundert zur Einführung dieses Festes, sozusagen als Manifestation des Dogmas von der Transsubstantiation, der Lehre von der Wandlung von Brot in den Leib Christi. Der Herrenleib, das heißt Fronleichnam, sollte zur Schau gestellt werden, und das meint „Monstranz“, in der die Hostie durch die Straßen und die Fluren getragen wird.
Und dann lesen wir im Evangelium nach Matthäus: „Während des Mahls nahm Jesus das Brot und sprach den Lobpreis; dann brach er das Brot, reichte es ihnen und sagte: Nehmt und esst, das ist mein Leib.“ Was für eine neue, eigentlich selbstverständliche Erkenntnis: Brot ist zum Essen da, nicht zum Herumtragen und zum Anbeten!
Und was heißt das nun? Wir beten: „Unser täglich Brot gib uns heute.“ Brot ist ein Synonym für all das, was wir zum Leben brauchen. Und wenn wir im Brot Christus in uns aufnehmen, dann bedeutet das: Wir leben aus ihm. Das muss nicht sakral überhöht und quasi mit einem Heiligenschein versehen werden. Es genügt, wenn wir uns dazu bekennen, die Botschaft des Mannes aus Nazaret vom Reich Gottes wieder neu zu erfahren und sie in unserer Zeit in die Tat umzusetzen. Schauen wir nur wieder einmal auf die Seligpreisungen: „Selig, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit… Selig die Barmherzigen… Selig, die Frieden stiften…“ Wer heute nach Gerechtigkeit ruft, wird als Querulant verunglimpft. Wer heute Barmherzigkeit predigt, wird der Verleugnung von ewigen Wahrheiten verdächtigt. Wer heute Frieden stiften will, wird als Pazifist (das heißt Friedensstifter!) und als Gutmensch apostrophiert.
Fronleichnam. Nehmen wir Abstand von Glanz und Gloria, nehmen wir Abstand von Pomp und Getöse, nehmen wir Abstand von einem Zur-Schau-Stellen unseres Glaubens. Niemand und niefraud muss mit einem Schild herumlaufen: „Ich bin Christ*in und will gut sein.“ Nein, man muss es merken!
Magnus Lux
Bildnachweis: Fronleichnamszug © Sigrid Grabmeier