Sonntagsbrief zum 30. Sonntag im Jahreskreis, 25. Oktober 2015
24. Oktober 2015 von Johannes Brinkmann
....mit dem Herzen sehen...
Sonntagsbrief zum 30. Sonntag im Jahreskreis
Als er mit seinen Jüngerinnen und Jüngern und einer großen Menge Volk wieder aus Jericho wegzog, saß am Weg Bartimäus, der Sohn des Timäus, ein blinder Bettler. Als er hörte, es sei Jesus aus Nazaret, begann er laut zu schreien: „Nachkomme Davids, Jesus, erbarm dich meiner!“ Viele herrschten ihn an, er solle den Mund halten. Doch da schrie er noch viel lauter: „Nachkomme Davids, erbarm dich meiner!“ Abrupt blieb Jesus stehen und sagte: „Ruft ihn her.“ Sie riefen den Blinden und sagten zu ihm: „Sei guten Mutes, steh auf, er lässt dich rufen.“ Er warf sein Obergewand fort, sprang auf seine Füße, kam zu Jesus, und Jesus fragte ihn: „Was soll ich für dich tun?“ Der Blinde antwortete: „Mein Rabbi, mach, dass ich sehen kann.“ Jesus daraufhin: „Geh, dein Vertrauen hat dich gesund gemacht.“ Mit einem Mal konnte er sehen. Und auch er zog mit Jesus davon.
Mk 10,46b-52
Bibel in gerechter Sprache
„Sei nicht vorlaut!“ „Halte Dich zurück!“ „Man schreit nicht auf der Straße!“ „Ruhe ist die erste Bürgerpflicht!“ „Schweigen ist Gold!“ „Halte Dich geschlossen, wenn Du vor Autoritäten stehst!“ „Errege kein Ärgernis!“ „Sei fein, sei brav, sei still!“ Alles Benimm-Regeln, die zur falschen Zeit befolgt, Blindheit fördern können.
Bartimäus, sein Name bedeutet „Sohn des Geehrten". Sein Vater Timäus mochte geehrt gewesen sein, Bartimäus ist es als Bettler sicher nicht. Er fristet ein trauriges Dasein. Bartimäus, der blinde Bettler, immerzu auf Erbarmen angewiesen, hat nichts zu verlieren. Im Mut der Verzweiflung wirft er alle anerzogene Bravheit über Bord. Er schreit laut auf der Straße, wird zum Störenfried! Viele werden ärgerlich und befehlen ihm zu schweigen. Was fiel dieser Randfigur der Gesellschaft ein, die ganze Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen? Doch er schreit sogar noch lauter! Und was er schreit, ist ein Bekenntnis seines Glaubens! Dieser Jesus, der da in der Menschenmenge an ihm vorüber zu gehen droht, ist der „Sohn Davids“! „Sohn Davids, Jesus, hab Erbarmen mit mir!“ Vom Sohn Davids erwartet Israel die Rettung, er ist der Messias, der Gesalbte, der Retter, die letzte Hoffnung! Jetzt oder nie! In diesem Bewusstsein schreit Bartimäus. Tut so etwas einer, der blind ist? Der Sünder ist blind. Er erkennt weder sich noch die Herrlichkeit Gottes; er sitzt in Finsternis und Todesschatten. Doch Bartimäus ist nicht blind! Wie Viele in der Menschenmenge, die Jesus da folgt, sind sehend wie Bartimäus? Die Volksmenge spricht von Jesus, als dem Nazaräer, während er ihn Sohn Davids nennt. Die Vielen betonen, dass Jesus aus der verachteten Stadt Nazareth in Galiläa kommt, was es für einige fragwürdig macht, ob er der Messias sein könne (vgl. Joh 7,41.42).
Und was bekommt Bartimäus von dem von ihm angerufenen Jesus zur Antwort: „Dein Glaube hat Dir geholfen!“ Dem Innen gut Sehenden werden die Augen auch wieder für die Außenwelt geöffnet! Und was macht er daraufhin? Er folgte Jesus auf seinem Weg!
„Hab nur Mut, steh auf, er ruft Dich!“
Ich wünsche Euch allen einen gesegneten Sonntag
Johannes Brinkmann