Sonntagsbrief zum 3. Sonntag im Jahreskreis, 27 Januar 2019

26. Januar 2019 von Eva-Maria Kiklas

Ein Leib und viele Glieder

Wilhelm Lehmbruck: Kniende (1911) - Lehmbruck-Museum Duisburg   Hans Weingartz

 

Denn wie der Körper eine Einheit ist und doch viele Teile hat, alle Teile des Körpers also die Einheit des Körpers ausmachen, so verhält es sich auch mit Christus. Wir alle sind durch den einen Geist zu einer leiblichen Einheit getauft worden, ob wir jüdische oder griechische Menschen sind, oder ob wir Unfreie oder Freie sind – uns alle hat Gott eine Geistkraft trinken lassen. Denn auch der menschliche Körper besteht nicht nur aus einem Körperteil, sondern aus vielen. Wenn der Fußsagen würde: „Weil ich keine Hand bin, gehöre ich nicht zum Körper“, gehört er nicht trotzdem dazu? Und wenn das Ohr sagen würde: „Weil ich kein Auge bin, gehöre ich nicht zum Körper“, gehört es nicht trotzdem dazu? Wenn der ganze Körper Auge wäre, wo bliebe dann das Hören? Wenn der ganze Körper Hören wäre, wo bliebe dann das Riechen? Nun hat Gott den Körper aus vielen Teilen zusammengefügt. Jedes einzelne Körperteil gehört nach Gottes Willen dazu. Wenn aber alle Teile identisch wären, wo bliebe der Körper? Nun gibt es zwar viele Körperteile, aber nur einen Körper. Das Auge kann der Hand nicht sagen: „Ich brauche dich nicht“. Auch der Kopf kann zu den Füßen nicht sagen: „Ich brauche euch nicht“. Nein! Gerade auf die Körperteile, die unbedeutender zu sein scheinen, kommt es an. Den Körperteilen, die wir für weniger beachtenswert halten, lassen wir besondere Achtung zukommen, und bei den Körperteilen, die wir an uns für unanständig halten, achten wir besonders auf Würde. Was wir an uns für anständig halten, muss nicht besonders geehrt werden. Gott hat den Körper zusammengefügt und gab dem niedrig gehaltenen Teil umso größere Ehre, damit der Körper nicht von einer Grenze durchzogen wird, sondern die Glieder sich gemeinsam umeinander sorgen. Und wenn ein Körperteil leidet, leiden alle anderen mit; wenn ein Körperteil geehrt wird, freuen sich die anderen alle mit. Ihr seid der Leib Christi und – einzeln genommen – Angehörige Christi.

 

Gott hat der Gemeinde unterschiedliche Aufgaben gestellt, da sind erstens Apostel und Apostelinnen, zweitens Prophetinnen und Propheten, drittens Lehrerinnen und Lehrer, weiterhin die Aufgaben: Erweise der Macht Gottes zu vollbringen, zu heilen, zu helfen und zu leiten oder die Fähigkeit zu entwickeln, Gott gegenüber eine besondere Sprache zu sprechen. Können etwa alle apostolische oder prophetische Aufgaben erfüllen oder lehren und Wunder tun? Haben etwa alle die geschenkte Fähigkeit zu heilen oder eine besondere Sprache Gott gegenüber zu sprechen oder sie zu deuten? Setzt euch für diese wichtigen Aufgaben ein. 1Kor 12,12-31a Bibel in gerechter Sprache

Ein Leib und viele Glieder 

Ich möchte mit diesem Sonntagsbrief noch beim Korinther-Brief des Apostels Paulus bleiben, weil ich meine, dass er für die heutige Situation von Gemeinde und Kirche Bedeutung hat  und gerade in der gegenwärtigen Krise unserer Kirche einen Weg heraus zeigen kann. Sprach Paulus in der Lesung des vorigen Sonntags von den verschiedenen Charismen, die die Geistkraft verleiht,so geht es in dieser Lesung um das Zusammenwirken aller Geistesgaben, ohne die der "Leib", die Gemeinde und Kirche, nicht existieren können. Paulus legt Wert darauf, dass alle gleich wichtig sind und "wenn ein Glied leidet, leiden alle Glieder mit." Da kommt bei mir die Frage auf: und was ist mit uns Frauen? Gibt es denn nicht viele Frauen, die sich auch berufen fühlen, denen die Geistkraft Begabungen und Geistesgaben geschenkt hat, die sie in den Dienst der Gemeinde stellen möchten,  aber von vielen Funktionen ausgeschlossen sind? Zwei Jahrtausende, nach dem Paulus in Galater 3 sagt : „...es gibt nicht mehr Sklaven und Freie, nicht Mann und Frau, denn ihr alle seid einer in Christus Jesus", gibt es noch immer keine Gleichberechtigung von Frauen in der katholischen Kirche. Die Kirche bringt als Argument immer wieder, dass sie nicht berechtigt sei, Frauen zu Priesterinnen zu weihen. Im vorliegenden Text gibt es kein Wort davon, dass die Geistesgaben nur Männern vorbehalten sind. Ist möglicherweise diese Ungleichheit die Ursache für die gegenwärtige Krise der Kirche ? Es gäbe keinen Mangel an Seelsorgerinnen und Gemeindeleiterinnen; und es gäbe auch keine Großpfarreien, wenn Frauen zu allen Ämtern Zutritt hätten. Ja, es gibt auch die Meinung, dass es das Ausmaß der sexuellen Verbrechen so nicht gegeben hätte, wären auch  Frauen in  Leitungsfunktionen in der Kirche gewesen. Wäre die Kirche nicht  auch viel glaubwürdiger, wenn sie sich für Gerechtigkeit für Frauen in der Welt einsetzen würde, was so notwendig wäre? Zur Zeit ist das nicht möglich, weil sie selbst in ungerechten Strukturen lebt. Und auf wie viele Charismen und Möglichkeiten verzichtet sie, in dem sie Frauen benachteiligt!

Auch wenn Papst Franziskus der Lösung der Frauenfrage eine Absage erteilte, gibt es immer wieder Stimmen- auch unter Bischöfen-, die dieses Problem benennen und sich Frauen am Altar vorstellen können. Auf der letzten Bundesversammlung von Wir-sind-Kirche wurde eine Petition zur Grundgesetzänderung  an den Deutschen Bundestag verabschiedet, "Mit dieser Petition soll der Anstoß gegeben werden, dass der Staat auf die Beseitigung der bestehenden Nachteile für Frauen durch ihre Diskriminierung innerhalb der katholischen Kirche und auch anderer Religionsgemeinschaften hinwirkt und  diese nicht länger duldet. Das Petitionsverfahren wird Anfang 2019 gestartet (Wintermailing der KirchenVolksBewegung)

"Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht,sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn hat, egal wie es ausgeht." ( Vaclav Havel )

In diesem Sinne Ihnen allen ein "sinn- und hoffnungserfülltes" Jahr 2019 !

Eva- Maria  Kiklas

Bildnachweis: Wilhelm Lehmbruck: Kniende (1911) - Lehmbruck-Museum Duisburg  Hans Weingartz 

 

 

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