Sonntagsbrief zum 3. Sonntag im Jahreskreis, 21.Januar 2024

18. Januar 2024 von Magnus Lux

Kehrt zum Leben um!

Nachdem Johannes ins Gefängnis gesperrt worden war, ging Jesus nach Galiläa, um das Evangelium, die frohe Botschaft Gottes, zu verkünden. Er sagte: „Der Augenblick ist gekommen, die Zeit erfüllt. Die Gottesherrschaft ist nahe gekommen! Kehrt zum Leben um und vertraut dem Evangelium!“

Während er am See von Galiläa entlangging, sah er Simon und Andreas, den Bruder des Simon, wie sie Netze im See auswarfen. Sie waren nämlich Fischer. Da rief Jesus ihnen zu: „Kommt, folgt mir nach! Aus euch mache ich Fischer von Menschen.“ Sofort ließen sie die Netze zurück und folgten ihm nach. Als er ein wenig weitergegangen war, sah er Jakobus, den Sohn des Zebedäus, und dessen Bruder Johannes, auch sie im Boot, beim Säubern und Flicken der Netze. Sofort rief er sie. Da ließen sie ihren Vater Zebedäus mit den Leuten, die im Tagelohn für sie arbeiteten, im Boot zurück und gingen fort, hinter ihm her.

Mk 1, 14-20, Bibel in gerechter Sprache

 

Kehrt zum Leben um!

 

Na ja, wieder mal Fastenzeit vor der Tür. Und da gehört der Spruch „Kehrt um und glaubt an das Evangelium!“ halt zum Repertoire. Kommt jedes Jahr wieder und wird gern am Aschermittwoch bei der Austeilung des Aschenkreuzes gesagt. Ist halt ein Ritual, ein besonderes, das man gerne mitnimmt. – Dass die „Bibel in gerechter Sprache“ diese Stelle mit „Kehrt zum Leben um und vertraut dem Evangelium!“ übersetzt, lässt allerdings aufhorchen, kommt doch hier ins Spiel, dass wir auf dem Weg in den Tod, ins Verderben sind und dass das Vertrauen in die Frohe Botschaft uns einen Weg ins Leben zeigt.



Da kommt mir in den Sinn, was Josua dem Volke Israel vor dem Einzug ins gelobte Land gesagt hat: „Leben und Tod lege ich dir vor, Segen und Fluch. Wähle also das Leben, damit du lebst, du und deine Nachkommen.“ Die Frohe Botschaft vom Reich Gottes ist auch so ein Wort, das uns zur Entscheidung herausfordert: „Wähle das Leben!“ Ich überlasse dieses Wort nicht den Abtreibungsgegnern und -gegnerinnen, die es zum Kampfbegriff erhoben haben, hinter dem alles andere zurückzustehen habe. „Wähle das Leben!“ ist viel umfassender, wenn ich es mit der Frohen Botschaft zusammenbringe, der Botschaft „Das Reich Gottes ist nahe“, „Die Gottesherrschaft ist nahegekommen“.



Doch was fangen wir mit diesen Begriffen an, die doch in unserem Alltagsleben nicht mehr vorkommen: Reich, Herrschaft? Vor Jahren sagte einmal ein Schüler: „Das Reich Gottes ist da, wo Gott uns erreicht.“ Das trifft zwar sprachgeschichtlich nicht zu, stimmt aber im Kern: Gott macht uns ein Angebot, das wir annehmen können. Das Leben wird uns geschenkt, wir müssen es nicht verdienen. Und so ist das Evangelium keine Morallehre, wie es viele verstehen bzw. missverstehen, sondern das Angebot, unser Leben neu zu orientieren. Und wenn Gott Herr ist, dann werden die selbsternannten Herren auch in der Kirche zu Zwergen, wie es ein alter Spruch aus „Dreizehnlinden“ sagt: „All die Riesen sind nur Zwerge, all die Herrn nurarme Knechte!“



„Umkehr“ verknüpfen wir mit „Buße“ und Buße mit Versagen und Strafe. Doch Buße ist ein „fröhliches Geschäft“, wie Martin Luther sagt. Denn Umkehr führt uns ja zum Leben, Buße bedeutet „besser machen“. Dann überlegen wir doch einmal, wo wir etwas besser machen können. Fangen wir in der Familie an: Streit um Kleinigkeiten und Rechthaberei – oder die Meinung der anderen erst einmal gelten lassen und prüfen und dann das Leben miteinander gestalten. Schauen wir in die Gesellschaft: Möglichst viel für die eigene Gruppe herausschlagen ohne Rücksicht auf andere – oder um des Gemeinwohls willen Abstriche machen. Und in die Welt: Das eigene Land „first“, auch mit Verleumdung, Gewalt und Krieg – oder Völkerverständigung.



Fehlt noch diese unsere Kirche. Wie wäre es, wenn wir Ernst machen würden mit dem Wort „Vertraut dem Evangelium“? Ist uns das selbstgemachte Kirchenrecht das Wichtigste, das mit dem Begriff „göttliches Recht“ gar jede Änderung verunmöglichen möchte; ist es die im Laufe von Jahrhunderten entwickelte Dogmatik bis hin zur Unfehlbarkeit des Papstes das Wichtigste – oder schauen wir auf das, was der Mann aus Nazaret, den wir als den Christus bekennen, sagt und tut? Halten wir am Althergebrachten fest und verkaufen das als „wahren Glauben“ – oder verkünden wir die Frohe Botschaft in unserer Zeit so, dass die Menschen, mit denen wir zusammenleben, sie verstehen und annehmen können? Haben wir Angst vor Veränderung – oder vertrauen wir darauf, dass Gottes heilige Geistkraft leitet und uns ans Ziel bringt? Geht es den Kirchenleitern darum, ihre Macht und ihre Position als Kleriker, als von Gott Erwählte zu behaupten (übrigens ein Begriff, der im Evangelium alle Glaubenden meint) – oder sind sie „Diener der Freude“, wie Paulus sagt (2 Kor 1,24)?



„Kehrt zum Leben um!“ ist ein Aufruf, alles wegzulassen, was Tod und Verderben bringt. Vertrauen wir der Frohen Botschaft; dann gelingt es uns auch, die Welt ein wenig besser zu machen, ein wenig lebens-werter.


Magnus Lux

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