Sonntagsbrief zum 3. Sonntag der Osterzeit, 30. April 2017

26. April 2017 von Magnus Lux

Mahl der Solidarität

Mahl der Solidarität beim ökum. Kirchentag 2003 in Berlin

Und siehe, zwei von ihnen wanderten an diesem Tag in ein Dorf, das von Jerusalem 60 Stadien entfernt war, namens Emmaus; und sie redeten miteinander über alle diese Ereignisse. Als sie miteinander redeten und nachdachten, da näherte sich Jesus selbst und ging ein Stück Weg mit ihnen. Ihre Augen aber wurden mit Kraft davon abgehalten, ihn zu erkennen. Er sprach zu ihnen: „Was sind das für Worte, die ihr unterwegs miteinander wechselt?“ Und sie blieben niedergeschlagen stehen. Derjenige, der Kleopas hieß, antwortete ihm: „Bist du der Einzige, der in Jerusalem weilt und nicht erfahren hat, was sich in diesen Tagen da ereignet hat?“ Er sagte zu ihnen: „Was?“ Sie antworteten ihm: „Das mit Jesus von Nazaret, der ein Prophet war, mächtig in Tat und Wort vor Gott und dem ganzen Volk; wie ihn die Hohenpriester und unsere Obrigkeit zum Todesurteil ausgeliefert haben und sie ihn gekreuzigt haben. Wir aber hofften, er sei es, der Israel befreien sollte. Aber bei dem allem ist es schon der dritte Tag, seit dies geschehen ist. Aber auch einige Frauen aus unserer Mitte haben uns erschreckt. Nachdem sie früh am Morgen bei der Gruft gewesen waren und seinen Leib nicht gefunden hatten, kamen sie und sagten, sie hätten gar eine Erscheinung von Engeln gesehen, die sagten, dass er lebe! Einige von uns gingen hin zur Gruft und fanden es so, wie die Frauen gesagt hatten. Ihn selbst aber haben sie nicht gesehen.“

Er sprach zu ihnen: „Oh, ihr seid ja unverständig und zu schwer von Begriff, um darauf zu vertrauen, was die Prophetinnen und Propheten gesagt haben! War es nicht notwendig, dass der Gesalbte dies erlitten hat und in seinen Lichtglanz hineinging?“ Und er begann bei Mose und allen prophetischen Schriften und erklärte ihnen überall, was dort über ihn stand. Und sie näherten sich dem Dorf, wohin sie unterwegs waren, und er tat so, als ob er weiterwandern wollte. Sie nötigten ihn mit den Worten: „Bleibe bei uns, denn es will Abend werden, und der Tag hat sich schon geneigt.“ Und er ging mit, um bei ihnen zu bleiben. Als er mit ihnen zu Tische lag, nahm er das Brot, dankte; brach es und gab es ihnen. Da wurden ihre Augen aufgetan, und sie erkannten ihn. Er aber verschwand. Und sie sagten zueinander: „Brannte nicht unser Herz in uns, als er auf dem Weg mit uns sprach, und als er uns die Schriften erklärte?“ In dieser Stunde standen sie auf und kehrten nach Jerusalem zurück. Dort fanden sie die Elf und ihre Gefährtinnen und Gefährten versammelt. Diese erzählten: „Der, dem wir gehören, der ist wirklich auferweckt worden und dem Simon erschienen.“ Und sie selbst erzählten, was auf dem Weg geschehen war und wie er beim Brotbrechen von ihnen erkannt worden war.

Lk 24,13-35  Bibel in gerechter Sprache

Grundaussage der Predigt eines Bischofs in der Osternacht 2017: Es gibt auch Christen, die nicht an die Auferstehung glauben. Sie deuteln herum, dabei sind die Berichte der Evangelien doch eindeutig. Zwar war am Grab niemand dabei, aber viele haben den Auferstandenen leibhaftig gesehen. Glauben wir also an die Auferstehung, verkünden wir sie und leben wir sie. Amen.

Es ist immer wieder erstaunlich, dass die Exegese (Auslegung der Schrift) der letzten Jahrzehnte offenbar bei einigen in der Kirchenleitung immer noch nicht angekommen ist. Kein Wunder, wenn sie den Menschen dann auch nichts mehr zu sagen haben. Die Geschichte von den Emmaus-Jüngern ist wohl die Erzählung, die alle Elemente des Ostergeschehens enthält. Die Menschen, die ihre Hoffnung auf Jesus gesetzt hatten, sind bitter enttäuscht und gehen ihrer Wege. Da begegnen sie Jesus, aber sie erkennen ihn nicht. Das leere Grab, das bis heute immer wieder zum Beweis für die Auferstehung angeführt wird, hat die Jünger nicht zum Glauben geführt. Der Auferstandene erläutert ihnen die Worte des Gesetzes und der Propheten, die auf den Messias hinweisen, aber sie merken immer noch nichts. In ihrem eigenen Haus übernimmt der Fremde dann die Rolle des Gastgebers: Er nahm das Brot, dankte, brach es und gab es ihnen. Im Mahl, das Gemeinschaft stiftet, ist ihnen Jesus, der Christus, ganz nahe, und sie erkennen ihn – doch dann sehen sie ihn nicht mehr. Nach Jerusalem zurückgekehrt, erfahren sie, dass Jesus dem Simon Petrus erschienen ist.


Der Auferstandene ist also erst einmal der Fremde. Wenn er den Menschen erscheint, muss er sich ihnen zu erkennen geben. Dass das beim Mahl geschieht, ist nicht zufällig; denn beim Mahl hat Jesus alle an einem Tisch versammelt, die Frommen und die, die sich dafür hielten, aber auch die am Rand Stehenden und die, die von den Frommen als Sünder und Sünderinnen missachtet wurden. Beim Mahl wird Nähe und Gemeinschaft erfahren. In die Fußstapfen des Auferstandenen zu treten, heißt also, alle Diskriminierung aufzugeben und alle Menschen als Schwestern und Brüder anzunehmen; denn der Einladende ist Jesus, der Christus, selber.


„Er ist dem Simon erschienen“ bedeutet nicht, dass er wie ein Gespenst aufgetreten ist oder dass Petrus irgendwelchen Hirngespinsten nachläuft. „Erscheinung“ war die Ankunft des römischen Herrschers, „Erscheinung des Herrn“ ist die menschliche Gegenwart Gottes in Jesus, dem Christus. Das war nach Ostern allen klar: Gott hat ihn auferweckt, er hat den als Verbrecher am Kreuz Gestorbenen nicht in der Versenkung, in der Grube, im Grab einfach verschwinden lassen, sondern ihn als den Maßstab für gelingendes menschliches Leben hingestellt.


Fragen wir uns, ob wir so Ostern feiern, als das Fest des Lebens für alle, als das Fest, das uns bewusst macht, dass das Reden und Tun dieses Mannes aus Nazaret auch heute noch entscheidend für das Überleben der Menschheit ist. Oder ob wir uns damit begnügen, wieder einmal einen feierlichen Gottesdienst mit viel Gold und Weihrauch gefeiert zu haben, der zwar religiöse Bedürfnisse befriedigt, aber vielleicht letztlich folgenlos bleibt.

Magnus Lux

Bildnachweis: Mahl der Solidarität © Pedro Dolabella

Mahl der Solidarität – Für alle genug

Beim Ökumenischen Kirchentag 2003 in Berlin boten IKvu und Wir sind Kirche außerhalb des offiziellen Programms gemeinsam drei ökumenische Mahlfeiern an. Eine in lutherischer Tradition, einer in röm. kath. Tradition, beide in gegenseitiger Gastfreundschaft in der Gethsemanekirche am Prenzlauer Berg. Aber uns war klar: Ökumene ist mehr als gemeinsam eucharistisches Brot und Wein zu teilen. Deshalb wurden zu dem „Mahl der Solidarität“ auf dem Kurfürstendamm vor der Deutschen Bank, neben dem Hotel Kempinski, auch die eingeladen, die Not leiden. Das „Mahl der Solidarität“ wurde von Bischof Gaillot eröffnet und gemeinsam mit den „Ordensleuten für den Frieden“ gestaltet, die seit vielen Jahren Mahnwachen hielten, um auf die immer größer werdende Kluft zwischen armen und reichen Völkern und ungerechte Finanzgebaren hinzuweisen.

 

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