Sonntagsbrief zum 3. Mai 2015, 5. Sonntag der Osterzeit

30. April 2015 von Johannes Brinkmann

Man liebt nicht, wenn man die Wahrheit übergeht; die Liebe muss zur Wahrheit führen, sie darf die Wahrheit nicht verdrängen.

5. Sonntag der Osterzeit

Kinder, lasst uns nicht mit Wort und Rede lieben, sondern durch Tat und Wahrheit. Daran werden wir erkennen, dass wir aus der Wahrheit sind, und Gott gegenüber unser Herz beruhigen: Wenn unser Herz etwas gegen uns weiß, ist Gott größer als unser Herz und weiß alles. Geliebte, wenn unser Herz nichts gegen uns weiß, sind wir unerschrocken vor Gott, und was wir bitten, bekommen wir von Gott, weil wir ihre Gebote beachten und tun, was ihr gefällt. Dies ist Gottes Gebot, dass wir an den Namen ihres Erwählten, Jesus, des Messias glauben und einander lieben, wie uns geboten ist. Alle, die Jesu Gebote halten, bleiben in ihm und er in ihnen. Durch die Geistkraft, die uns gegeben ist, erkennen wir, dass er in uns bleibt.

Joh 3,18-24
Bibel in gerechter Sprache

Zwei Wörter und ihre Bedeutung sind bestimmend in diesem Text: Liebe und Wahrheit!

Der Passauer Bischof Stefan Oster erzählte in der Sendung des Bayrischen Fernsehens „Jetzt red i“ vom 15. April diesen Jahres, wie er als dreißigjähriger Ordensmann geworden sei, weil er sich die Frage gestellt habe: „Was ist Wahrheit und was ist Liebe?“

Eine gute Frage, denn man liebt nicht, wenn man die Wahrheit übergeht; die Liebe muss zur Wahrheit führen, sie darf die Wahrheit nicht verdrängen, auch wenn der Liebe -bedürftige sie lieber verdrängen möchte! Selbst auf die Gefahr hin, dass der Geliebte sich dann nicht geliebt fühlt. Liebe ist hier deutlich mehr als ein Gefühl!

In dieser Sendung waren auch Sigrid Grabmeier vom Bundesteam und ihr Mann Johannes zu Gast. Sigrid mahnte an, dass Jesus niemanden vom Mahl ausgegrenzt habe, sondern vielmehr gesagt habe: „Nicht die Gesunden brauchen den Arzt, sondern die Kranken!“  Anlass war der Ausschluss von wiederverheirateten Geschiedenen von der Eucharistie! Und Sigrid fragte, ob dieser Ausschluss  wirklich das ist, was Jesus wollte oder es nicht vielmehr das ist, was eine „Kleriker-Kaste“ über die Jahrhunderte aufgebaut hat, um ihren Machterhalt zu sichern.

Daraufhin erinnerte Bischof Oster daran, dass ein Drittel aller Jesusworte Gerichtsworte seien, die betonten: „Freunde, da geht´s um was!“ Und dann sagte Bischof Oster Folgendes: „Wenn nun das Argument gebracht wird, er hat mit allen Menschen gegessen, er hat alle Menschen zum Mahl eingeladen, dann lesen Sie mal das Lukasevangelium im 13. Kapitel. Vorher sagt Jesus: „also geht durch die enge Tür, dann werdet Ihr mit mir im Himmelreich an meinem Tisch sitzen“ und da kommen von allen Ecken ganz Viele und dann werden die, die nicht rein kommen sagen: „Aber wir haben doch mit Dir gegessen und getrunken!“ dann wird er sagen: „Ich kenne Euch nicht!“ “

Was mich an dieser Antwort von Bischof Oster besonders wütend macht ist die Tatsache, dass er ganz offensichtlich ausschließt, dass ihn dieses Gerichtswort am Ende, also, wenn der „Hauswirt“ (strenge Übersetzung von Lk 13,25) aufsteht und die Tür schließt, selber treffen könnte. „Haben wir nicht mit Dir gegessen und getrunken, haben wir nicht in Deinem Namen eingeladen oder ausgeschlossen?“ Und er wird sagen: „Ich kenne Euch nicht!“

Diese Gerichtsworte sind gesprochen, damit kein Mensch sich als Richter über die Anderen erhebe, damit alle demütig sein sollen, barmherzig und liebevoll!

Doch tatsächlich: Diese „Kleriker-Kaste“ ist davon überzeugt, im Namen Jesu richten zu dürfen. Sie halten sich für die unfehlbare Stimme Jesu hier auf Erden, bevor er wiederkommt und als Hauswirt die Tür schließt. Von daher ist es für sie ausgeschlossen, dass sie als Hirten im Amt, dann vom Himmlischen Mahl ausgeschlossen würden. Deshalb kann es sich diese „Kaste“ auch leisten stur an ihrem Schriftverständnis über die „Unauflöslichkeit der Ehe“ selbst dann festzuhalten, wenn namhafte Theologen ihre Theologie als falsch entlarven. Ihr Amtsverständnis gibt ihnen sogar das Recht, diese Theologen einfach zu ignorieren.

Ich verweise hier auf den Brief von Prof. Norbert Scholl und Prof. Hermann Häring an Kardinal Müller, zu finden auf den Seiten 9-14 unserer Arbeitshilfe zur Familiensynode. Diese Arbeitshilfe hatten wir auch allen deutschen Bischöfen zugesandt, also auch Bischof Oster!

> Wir sind Kirche Arbeitshilfe zure Familiensynode -PDF

Wer die Sendung verpasst hat, kann sie unter diesem Link finden. Das von mir hier Berichtete beginnt mit der 27. Minute:

> Link zur Sendung.

Einen gesegneten Sonntag miteinander

Johannes Brinkmann, Essen

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