Sonntagsbrief zum 29. Sonntag im Jahreskreis, 20. Oktober 2019

18. Oktober 2019 von Johannes Brinkmann

GOTTES-Stab schützend über allen Menschen

Francesco de Goya

Während der Schlacht zeigte es sich, dass Israel im Vorteil war, solange Mose seine Hände hochhielt, dass aber Amalek gewann, wann immer er sie sinken ließ. Mit der Zeit wurden Mose die Arme schwer. Da nahmen die Begleiter einen Stein, legten ihn hinter Moses, und er setzte sich darauf. Aaron und Hur stützten seine Arme – der eine von rechts, der andere von links –, so dass sie bis zum Sonnenuntergang fest aufgerichtet blieben. So hielt Josua die amalekitischen Stämme mit Waffengewalt nieder. 

 

Ex17,8-13:Bibel in gerechter Sprache 

 

 

GOTTES-Stab  schützend über allen Menschen 

Oha, ein Kampf Volk gegen Volk, ein blutiger Kampf. Nicht gerade das, was ich in der Bibel gerne lese. Nicht Krieg, sondern Wege zu Frieden und Gerechtigkeit suche ich in der Lektüre der Bibel.

Doch hier, so scheint es, verhält sich Israel wie irgendeine andere regionale Macht. Die Zeichenhandlung des Mose vom Feldherrenhügel aus, beide Hände samt Gottesstab hochzuhalten, verweist auf Symbole der Umwelt. In Ägypten ist der erhobene Arm des Pharao das Zeichen einer göttlichen und deshalb unschlagbaren und fraglosen Macht. Zwei erhobene Arme sind im alten Orient wirksame Zeichen der Beschwörung. Beruhigen tut mich nur, dass Mose hier nicht zu einem Übermenschen erhöht wird, sondern dass ihm wie jedem anderen Menschen mit der Zeit die Arme schwer werden und er der Unterstützung bedarf.

 

Was mich allerdings beunruhigt ist, dass GOTT hier wie selbstverständlich in den Dienst nationaler Interessen genommen wird. GOTT wird national! Ein Phänomen, das wieder weltweit zu beobachten ist. Es gibt einen ausgesprochen national-polnischen Katholizismus, ein sehr amerikanisches Verständnis des Christentums, oder ein russisch-orthodoxes, oder, oder, oder. Und das gilt nicht nur für das Christentum, auch die Türkei betreibt gerade mit einem sehr national geprägten Islamverständnis eine Invasion auf die Kurdengebiete. Und das in einer Zeit, wo es drängende Probleme gibt, wie z.B. den Klimawandel, den die Menschheit nur als Menschheit gemeinsam lösen kann. Statt dieser Klugheit zu entsprechen, schießt nationales bis nationalistischen Denken wie Pilze aus dem Boden. Giftige Pilze!

 

Und gerade in dieser aufbrechende Separierung von Nationen, die sich auf ihre eigenen Interessen zurückziehen und GOTT dafür ohne jeden Skrupel einspannen, wird der Deutschen rkK vorgeworfen, sich zu separieren, weil sie es wagt, Themen zu diskutieren, die von globalem Ausmaß sind. Sie diskutiert z.B. darüber, ob es gerecht ist, wenn die rkK lehrt, dass Männer und Frauen zwar die gleiche Würde, nicht aber die gleichen Rechte innehaben, und dass das nicht nach dem Plan der Männer so sei, sondern nach GOTTES Plan. Wie selbstverständlich legen Männer Männern die Hände auf und behaupten, dass dadurch GOTT selbst in der Heiligen Geistkraft aus diesen Männern geistliche Führer macht. GOTT selbst also weiht diese Männer, und zwar nur Männer. Wird da nicht der Heilige Geist missbraucht und in eigensinnige, von Männerinteressen geprägten, Formen und Strukturen gepresst? Gehört das nicht zum großen Thema des erkannten und erschreckenden Ausmaßes von Missbrauch durch sogenannte Geistliche? Und löst sich dieser Missbrauch dadurch auf, wenn man diese Männerformen und -strukturen nun auch für Frauen öffnet? Alles das wird hoffentlich sehr ernsthaft in der Deutschen rkK diskutiert werden.

Aber ich kann darin keine Ablösung der deutschen Kirche von der Weltkirche erkennen. Im Gegenteil, es ist eine Herausforderung an die Weltkirche, sich mit dringenden und notwendigen Themen auseinanderzusetzen, die uns alle betreffen. Ein gutes Gegenmittel zu nationalen bis nationalistischen Denkweisen, damit sich der GOTTES-Stab wieder über allen Menschen schützend erhebt und nicht allein über nationalen oder gar sexistischen Interessen.

 

Ich wünsche einen gesegneten Sonntag

Johannes Brinkmann aus Essen

Bildnachweis

Francisco de Goya Verwüstungen des Krieges (1810er-Jahre)

 

 



 

 

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