Sonntagsbrief zum 29. März 2015

28. März 2015 von Sigrid Grabmeier

Palmsonntag

Wie den Palmsonntag begehen, verstehen, ertragen? Traditionellerweise beginnt bei uns die Liturgie dieses Feiertages mit einem Umzug um die Kirche, die Kinder haben große Palmbuschen, geschmückt mit bunten Bändern, die Erwachsenen kleine Sträußchen. In vergangenen Jahrhunderten wurden hölzerne Palmesel mit einer Jesusfigur darauf mitgezogen. Und auch heute noch kann man manchmal etwas von der Euphorie spüren, die damals, als Jesus in Jerusalem als Befreier, als Retter begrüßt wurde, geherrscht haben muss. Diese Euphorie findet in den folgenden Textstellen ein jähes, grausames Ende.

Mit den Kindern in unserer Gemeinde haben wir statt eines Palmesels eine große, goldene Krone mitgetragen: Jesus als König. Während das Evangelium von Abendmahl, Gefangennahme, Verurteilung und Hinrichtung vorgelesen wurde, rissen sie Stück für Stück das Goldpapier von der Krone ab - die Dornenkrone wurde sichtbar.

Der Palmsonntag ist für mich immer wieder DER Tag, an dem mir die Zerbrechlichkeit, die Verwundbarkeit unseres menschlichen Daseins besonders bewusst gemacht wird. Wir erfahren Anerkennung, Begeisterung, wir freuen uns, wir feiern – und im nächsten Augenblick ist alles zerstört – durch menschliches Handeln und Versagen.

So war es für die Menschen im Flugzeug von Barcelona nach Düsseldorf: erfüllt von den Erlebnissen, in Vorfreude auf zuhause, die Menschen in Spanien und Deutschland, in Erwartung auf ein Wiedersehen. Dann  Absturz – Zerstörung – Tod.  Verzweiflung, Schmerz, Trauer, Wut, Hilflosigkeit.

Jesus setzt sich dem Menschsein aus. Seiner ganzen Armseligkeit, auch seinen angenehmen Seiten. Er erfährt Ablehnung und Verfolgung, menschliche Willkür, Machtmissbrauch, Ermordung und Gottverlassenheit. »Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?«

Auch unser Gott ist - mit uns - verwundbar.

 

Sigrid Grabmeier

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