Sonntagsbrief zum 27. Sonntag im Jahreskreis, 4. Oktober 2015

3. Oktober 2015 von Eva-Maria Kiklas

Die Chance zum Neubeginn

Sonntagsbrief zum 27. Sonntag im Jahreskreis

Gemeinsam

Pharisäerinnen und Pharisäer kamen hinzu und fragten ihn: „Ist es einem Mann erlaubt, seine Frau ziehen zu lassen?“ Das wollten sie mit ihm klären. Jesus entgegnete ihnen: „Was hat euch Mose geboten?“ Sie sprachen: „Mose hat es gestattet, einen Scheidebrief zu schreiben und sie ziehen zu lassen.“ Da sagte Jesus zu ihnen: „Weil eure Herzen so hart sind, schrieb er euch dieses Gebot auf. Am Anfang der Schöpfung aber `schuf Gott die Menschen männlich und weiblich. Deshalb wird ein Mensch Vater und Mutter verlassen, wird ein Mann sich mit seiner Frau verbinden und eine Frau sich mit ihrem Mann. Und die zwei werden ein Fleisch sein`. Also sind sie nicht mehr zwei, sondern ein Fleisch. Was Gott zum Paar verbunden hat, soll ein Mensch nicht trennen.“ Im Blick auf ihre eigene Situation fragten die Jüngerinnen und Jünger wie schon früher weiter nach. Jesus antwortete ihnen: „Wer seine Frau ziehen lässt und heiratet eine andere, der begeht ihr gegenüber Ehebruch. Lässt sie ihren Mann ziehen und heiratet einen anderen, dann begeht sie Ehebruch.“

Leute aus dem Dorf brachten Kinder zu Jesus, damit er sie berühre. Aber die Jüngerinnen und Jünger herrschten sie an. Als Jesus das sah, wurde er wütend und sagte zu ihnen: „Lasst die Kinder zu mir kommen und hindert sie nicht daran, denn sie gehören zu Gottes Reich. Ja, ich sage euch: Nur wer Gottes Reich wie ein Kind aufnimmt, wird dort hineingelangen.“ Und er nahm die Kinder in die Arme, segnete sie und legte die Hände auf sie.

Mk 10, 2-16
Bibel in gerechter Sprache

Am 4. Oktober beginnt in Rom die Familiensynode der Bischöfe, an die große Erwartungen geknüpft werden. Der Sommer-Info-Brief der Bewegung Wir sind Kirche titelt „2015 – Jahr der Entscheidungen für unsere Kirche“. Die Minimalerwartung ist ein neuer Umgang mit den wiederverheiratet Geschiedenen. Dieses Thema steht schon seit vielen Jahren auf der Liste der dringenden pastoralen Reformen ganz oben. Viele Bischöfe, die auf dem Ausschluss von der Mahlgemeinschaft bestehen, berufen sich auf diese obige Aussage Jesu. Unbestritten ist, dass eine lebenslange Ehe ein Ideal ist, das wohl jedes Paar, das vor den Traualtar tritt, erst einmal vor Augen hat mit der festen Absicht, es zu verwirklichen. Doch die Tatsache, dass jede 3. Ehe geschieden wird, zeigt die Diskrepanz zwischen Ideal und Wirklichkeit. Eine Scheidung ist immer mit großem Leid verbunden: für das Paar, aber auch für die Kinder und alle Angehörigen. Welches Geschenk kann es bedeuten, wenn nach einem solchen „Scheitern“ sich die Möglichkeit eines Neubeginns ergibt, eines neuen Impulses zum Lieben, zur tiefsten Begegnung zwischen zwei Menschen.

Die Kirche schließt Paare, die einen solchen Weg gehen, von der Mahlgemeinschaft der Gemeinde aus. Wie geht Jesus mit dieser Diskrepanz zwischen Ideal und Realität um, die es auch damals schon gab? Die Antwort gibt die Erzählung von der Ehebrecherin, die vor Jesus gebracht wird. Er setzt das „Gesetz“ nicht außer Kraft, aber er gesteht den Vollzug nur denen zu, die ohne Schuld sind und verurteilt auch selbst nicht. Er gibt dieser Frau die Chance eines Neuanfangs: „Geh hin und sündige nicht mehr.“

Der 5. Punkt der Forderungen des KirchenVolksBegehrens von 1995 heißt: „Frohbotschaft statt Drohbotschaft“ wobei an alle gedacht ist, deren Lebenspläne sich nicht erfüllen konnten. Gerade diesen Menschen einen Neubeginn zu ermöglichen, sie dazu in der Gemeinschaft der Kirche zu begleiten und nicht auszuschließen von der „Wegzehrung“ wäre ein Zeichen, das von der Bischofssynode zu erwarten ist. Möge die heilige Ruach in Rom wehen und wirken!

In dieser Hoffnung wünsche ich allen einen gesegneten Sonntag.
Eva Maria Kiklas
Dresden

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