Sonntagsbrief zum 24. Sonntag im Jahreskreis, 16. September 2018

14. September 2018 von Magnus Lux

Der Glaube ohne die Werke ist tot!

geh und mach dasselbe © Enrique López-Tamayo Biosca

Liebe Schwestern und Brüder, was nützt es zu glauben, aber nicht dem Gesetz entsprechend zu handeln? Der Glaube allein rettet im Gericht sicher nicht.Wenn Brüder oder Schwestern so arm sind, dass sie sich nicht ausreichend kleiden können und nicht genug zu essen haben, und einige von euch beim Abschied zu ihnen sagen: „Geht hin in Frieden! Wir wünschen euch, dass ihr euch ausreichend kleiden und euch satt essen könnt“, sie geben ihnen jedoch nicht das, was sie zum Überleben brauchen, dann nützt das weder den Bedürftigen noch denen, die dieses gesagt haben. So ist es mit dem Glauben: Wenn er nicht mit Taten verbunden ist, dann ist er tot. Es könnten nun einige verharmlosend einwenden: „Die einen haben eben Glauben, und die anderen haben Taten.“ Denen entgegne ich Folgendes: „Zeigt mir doch, dass euer Glaube ohne Taten rettet, und ich werde euch stattdessen zeigen, dass mein Glaube durchaus durch die Taten rettet.“

Jak 2,14-18 Bibel in gerechter Sprache 

Der Glaube ohne die Werke ist tot

Oje, da haben wir‘s wieder: die Werk-Gerechtigkeit! Martin Luther nannte den Jakobusbrief deshalb eine „stroherne Epistel“. Sagt doch Paulus: „Der Glaube allein macht selig.“ Ging es da um eine frühchristliche Auseinandersetzung? Als die Judenchristen beim Apostelkonzil verlangten, die Heidenchristen müssten das (jüdische) Gesetz befolgen, konnte sich Paulus durchsetzen. Und als Petrus aus Angst vor angekommenen Juden nicht mit den Heidenchristen zusammen essen wollte, da gab es den großen Krach mit Paulus.

Aber sind die Positionen von Paulus und Jakobus wirklich so unversöhnlich? Jakobus verlangt, dass der Glaube wirksam werden muss, indem der Glaubende dementsprechend handelt. Insofern kann er sagen: „Wenn er nicht mit Taten verbunden ist, dann ist er tot.“ Aber auch Paulus sieht den Glauben nicht abgehoben. „Denn in Christus Jesus kommt es … darauf an …, den Glauben zu haben, der in der Liebe wirksam ist“ (Gal 5,6).

Nun könnte man meinen, das sei doch für alle Christ*innen inzwischen selbstverständlich und insofern müssten wir uns damit nicht mehr herumschlagen. Natürlich muss der Glaube Früchte bringen! Ein bloßer Für-wahr-halte-Glaube ist Selbstbetrug und macht auch den Menschen nur etwas vor, mit dem sie nichts anfangen können. Aber leben wir diese Überzeugung auch?

Übertragen wir die Gedanken des Jakobus in unsere heutige Zeit. Es genügt nicht, den Menschen auf der Südhalbkugel zu sagen: Wir wünschen euch, dass ihr Arbeit und Essen und sauberes Wasser und genügend Medikamente für eure Gesundheit habt. Wenn wir ihnen, mit deren „Kolonialwaren“ Europa reich geworden ist, nicht tatkräftig unter die Arme greifen, dass sie ihr Leben selbst gestalten können, dann werden sie weiter zu uns kommen. Wenn wir für die, die schon hier sind, nur ein freundliches „Macht mal!“ übrighaben, dann werden sie die Integration nicht schaffen, schon gar nicht, wenn sie ihr Leben lang die „mit Migrationshintergrund“ bleiben, selbst in der zweiten und dritten Generation.

Was kann denn Kirche heute dazu beitragen, dass aus dem Glauben Taten erwachsen, die den Menschen dienen? Bischof Kamphaus hat einmal mit Blick auf den barmherzigen Samariter, der dem unter die Räuber Gefallenen hilft, gesagt: Ja, wir sind für Barmherzigkeit zuständig. Aber was machen wir, wenn der Mann auf dem Rückweg noch einmal von denselben Räubern überfallen wird? Müssten wir da nicht etwas gegen die Räuber unternehmen? Auch Papst Franziskus weitet den Blick, wenn er Nächstenliebe meint. Er fährt nach Lampedusa, um für die auf dem Mittelmeer Ertrunkenen zu beten und die Menschheit aufzurütteln, tatkräftig an den Problemen der Welt zu arbeiten. Er kämpft dafür, den Klimawandel aufzuhalten, damit die Menschen gerade auf der Südhalbkugel, die die Folgen der Erderwärmung besonders trifft, eine Zukunft haben. Und da kommt ein Kardinal Müller daher und setzt in den Raum: „Die Christen sind nicht verpflichtet, der links-grünen Agenda von Papst Franziskus zu folgen.“ Doch es geht um Schöpfungstheologie, es geht um die Zukunft der Erde, die uns Gott als unseren Lebensraum gegeben hat, es geht um die Menschen, die alle Kinder Gottes sind, einander Schwestern und Brüder.

Der Glaube ohne die Werke ist tot – auch wenn er noch so feierlich und fromm auftritt.

Magnus Lux

 Bildnachweis: Bild an einer Mauer der Sankt Judas Thaddeus Kirche, Silao, Guanajuato, Mexico; "Geh und mach es ebenso" © Enrique López-Tamayo Biosca

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