Sonntagsbrief zum 21. Sonntag im Jahreskreis, 26. August 2018

24. August 2018 von Magnus Lux

Ordnet euch unter!

II. Vatikanisches  Konzil Kardinäle verlassen den Petersdom zwischen 1963 und 1965  © Lothar Wolleh (1930–1979)

 

Ordnet euch einander unter in Ehrfurcht vor Christus: Ihr Frauen euren Männern, wie dem, der über euch Herr ist! Denn ein Mann ist Haupt der Frau, wie auch Christus das Haupt der Kirche ist, er ist Retter des Leibes. Darum, wie die Kirche sich dem Christus unterwirft, so auch die Frauen den Männern in allem. Ihr Männer, liebt die Frauen, ebenso wie Christus die Kirche geliebt hat und sich selbst für sie gegeben hat, um sie zu heiligen, indem er sie durch das Wasserbad im Wort reinigte. Somit stellte er sich die Kirche als eine Glänzende vor Augen, die keinen Flecken, Runzeln oder Ähnliches hat, sondern die heilig und fehlerlos ist. Die Männer müssen ihre Frauen ebenso lieben wie den eigenen Körper. Wer seine Frau liebt, liebt sich selbst. Denn niemand hat je sein eigenes Fleisch gehasst, sondern er pflegt und hegt es, wie auch Christus die Kirche, denn wir sind Glieder seines Leibes. Dafür wird ein Mensch Vater und Mutter verlassen und seiner Frau anhängen, und die zwei werden ein Fleisch sein. Dieses Geheimnis ist groß. Ich rede aber in Bezug auf Christus und die Kirche.

 

21. So Eph 5,21-32  Bibel in gerechter Sprache

 

Ordnet euch unter!


Das ist ja mal eine schöne Lesung, ganz nach dem Geschmack der Männer: „Ein Mann ist das Haupt der Frau, wie auch Christus das Haupt der Kirche ist.“ Kein Wunder, dass sie die Stamm-Lesung bei den Hochzeiten war. Sie deckt sich auch mit dem Denken der „Männer der Kirche“, der Kleriker, denen die Frauen in der Kirche „natürlich“ untergeordnet sind.

So war das im hellenistisch geprägten Kulturraum, in dem die christlichen Schreiber lebten. Entscheidend ist aber nicht dieser Ausgangspunkt, sondern das, was darüber hinausführt. Der Paulus-Schüler schärft den Christen und Christinnen in Ephesus ein: „Ordnet euch einander unter in Ehrfurcht vor Christus.“ Die Männer sollen ihre Frauen lieben wie Christus die Kirche liebt, von der er wünscht, dass sie „keinen Flecken, Runzeln oder Ähnliches hat, sondern die heilig und fehlerlos ist“.

Wir sind es in der Kirche gewohnt, uns das herauszunehmen, was uns in den Kram passt, und das andere stillschweigend unter den Tisch fallen zu lassen. Also: Dass sich die Frauen den Männern unterordnen sollen, ist christlich – und dass wir uns einander unterordnen sollen, na ja, das ist nicht so wichtig. Dass die Kirche „heilig und fehlerlos“ sein soll, das schwebt so manchem Bischof und Kardinal vor Augen, und die Herren wissen dann auch genau, was damit gemeint ist: Keine Kommunion an evangelische Ehepartner*innen, keine Kommunion an geschiedene Wiederverheiratete, keine Frauen als Priesterinnen, keiner, keine, keines.

Eine der Vorlagen für das Konzil begann mit dem Satz: „Folgende Wahrheiten stehen fest: …“ Der Theologe Bernhard Häring äußerte sich vorsichtig dazu: „Natürlich stehen sie fest – aber darf ich fragen, warum sie feststehen?“ Das hat die Herren doch sehr überrascht und sie waren um eine Antwort verlegen.

Fragen wir nach dem Warum, so fällt manche als vermeintliche Glaubenswahrheit vorgetragene Lehre wie ein Kartenhaus zusammen:
* Jesus hat beim Abendmahl gesagt: Nehmt und esst! Er hat vorher nicht gefragt: „Bist du katholisch?“ Die Kommunion, das Sakrament der Gemeinsamkeit, wird als Zeichen der Ausgrenzung missbraucht.
* Jesus hat gesagt: „Was Gott verbunden hat, soll der Mensch nicht trennen.“ Was als Weisung für ein gutes Leben gedacht ist, haben wir zum unerbittlichen Gesetz erklärt. „Keiner von euch soll sich Vater nennen, denn es gibt nur einen Vater, den im Himmel“ hat Jesus auch gesagt. Wir haben sogar einen Heiligen Vater, ein Titel, mit dem wir in der Liturgie Gott ansprechen.
* Jesus hat Maria von Magdala zu den Zwölfen gesandt, um ihnen die frohe Botschaft von der Auferstehung zu bringen, und sie so zur „Apostolin der Apostel“ gemacht. Dass keine Frau zur Priesterin geweiht werden kann, was Johannes Paul II. festgelegt hat, wird zur unfehlbaren Lehre hochstilisiert und dem Wort Gottes gleichgestellt.

Halten wir nicht von Menschen gemachte Satzungen für das Entscheidende! Lasst uns die alten Lehren neu überdenken und sie an dem messen, was uns der Mann aus Nazaret als seine frohe Botschaft gebracht hat. Dann gibt es nicht mehr ein Oben und Unten, keinen, der vorschreibt und keine, die zu gehorchen hätten. Dann gilt für alle: „Ordnet euch einander unter in Ehrfurcht vor Christus.“

Magnus Lux

Bildnachweis: II. Vatikanisches Konzil Kardinäle verlassen den Petersdom, zwischen 1963 und 1965  © Lothar Wolleh (1930–1979)

 

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