Sonntagsbrief zum 20. Sonntag im Jahreskreis, 18. August 2019

16. August 2019 von Magnus Lux

Zeit der Entscheidung

©Petr Brož 

 

 

„Ich bin gekommen, um auf der Erde ein Feuer zu entzünden, und ich wollte, es stünde schon in hellen Flammen. Aber ich muss noch eine Taufe auf mich nehmen – hätte ich sie doch schon hinter mir. Meint ihr, ich sei gekommen, um Frieden in die Welt zu bringen? Nein, nicht Frieden, sage ich euch, sondern Entzweiung. Denn so wird es von nun an zugehen: Wenn fünf Menschen in einer Familie zusammenleben, werden drei gegen zwei stehen und zwei gegen drei. Der Vater wird gegen den Sohn sein und der Sohn gegen den Vater. Die Mutter wird gegen die Tochter sein und die Tochter gegen die Mutter. Die Schwiegermutter wird gegen die Schwiegertochter sein und die Schwiegertochter gegen die Schwiegermutter.“

 

Lk 12,49-53 Einheitsübersetzung

 

Zeit der Entscheidung

Das heutige Evangelium irritiert. Jesus bringt Spaltung auf die Erde, nicht Frieden? Uns klingt da die Botschaft der Engel von Weihnachten in den Ohren: „Glanz in den Höhen bei Gott! Und Friede auf der Erde bei den Menschen, an denen Gott Freude hat!“ Das steht auch bei Lukas.

Was ist da los? Offenbar ist sich Jesus klar darüber geworden, dass sein prophetisches Handeln von den Menschen seiner Zeit nicht aufgegriffen wird, der zündende Funke nicht bei allen überspringt. Und so kommt es tatsächlich zu Zwietracht und Spaltung; denn die einen haben begriffen, worum es geht, die anderen nicht: Die einen trauen der Botschaft Jesu und wollen sie in ihrem Leben verwirklichen, die anderen fordern, dass alles beim Alten bleibt; denn sie haben ja mit dem „Gesetz“, das buchstabengetreu erfüllt werden muss, den richtigen Glauben.

Und auf einmal kommt mir dieses Evangelium vor, als wäre es für unsere Zeit geschrieben. Eigentlich haben wir in unserer Kirche nicht nur Zwietracht, sondern bereits eine handfeste Spaltung. Wenn die Erzreaktionären ihre Sicht als den „einzig-wahren Glauben“ darstellen und von allen einfordern, dann erinnert mich das an die Brandrede Jesu gegen die Pharisäer und Schriftgelehrten bei Matthäus: „Weh euch, ihr Schriftgelehrten und Pharisäer, ihr Heuchler! Ihr gebt den Zehnten … und lasst das Wichtigste im Gesetz außer Acht: Recht, Barmherzigkeit und Treue. … Weh euch, ihr Schriftgelehrten und Pharisäer, ihr Heuchler! Ihr haltet Becher und Schüsseln außen sauber, innen aber sind sie voll von Raffsucht und Gier.“ Man könnte das ganze Kapitel 23 hier zitieren. 

Eine Frau sagte mir kürzlich: Kritik in der Kirche ist wichtig, damit wir den richtigen Weg finden; wenn aber Menschen, die anderer Meinung sind, von einigen Kardinälen und Bischöfen fertiggemacht werden, dann ist das Sünde. - Wenn von Kardinälen und Bischöfen alle Bemühungen, der Kirche in Deutschland eine Zukunft zu geben, zerrissen und verzerrt werden, wenn aller Neubeginn, wie er von der Amazonien-Synode für Südamerika und die ganze Weltkirche erhofft wird, von vornherein als Abfall vom wahren Glauben gebrandmarkt wird und als Versuch, die Kirche zu zerstören und eine andere Kirche zu etablieren, wenn alles niedergemacht wird, was der Kirche Zukunft verheißt, wenn das Wort Jesu, die Zeichen der Zeit zu erkennen, als ein „Dem-Zeitgeist-Nachgeben“ verunglimpft wird: dann ist höchste Wachsamkeit geboten. Noch einmal aus der Brandrede Jesu: „Auf dem Stuhl des Mose sitzen die Schriftgelehrten und die Pharisäer. Tut und befolgt also alles, was sie euch sagen, aber richtet euch nicht nach ihren Taten; denn sie reden nur, tun es aber nicht.“ 

Halten wir uns an Paulus. Er scheibt an die Gemeinde in Korinth: „Wir haben durch Christus so großes Vertrauen zu Gott. Er hat uns fähig gemacht, Diener des Neuen Bundes zu sein, nicht des Buchstabens, sondern des Geistes. Denn der Buchstabe tötet, der Geist aber macht lebendig.“ 

Magnus Lux

Bildnachweis:

Risse in der Erdkruste infolge des Zerreißens des östlichen und westlichen Teils Islands; Nördlicher Grabenbruch Island ©Petr Brož 



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