Sonntagsbrief zum 2. Sonntag im Jahreskreis, 20. Januar 2019

18. Januar 2019 von Magnus Lux

Wes Geistes Kind seid ihr denn eigentlich?

Henk Caspers/Naturalis Biodiversity Center Large multicolour model of DNA.  Museum Naturalis Leiden

Es gibt Unterschiede in den geschenkten Fähigkeiten, doch sie stammen aus derselben göttlichen Geistkraft. Es gibt Unterschiede in den Arbeitsfeldern, doch der Auftrag dazu kommt von ein und derselben EWIGEN. Es gibt Unterschiede in den Fähigkeiten, doch es ist derselbe Gott, der in allen alles in gleicher Weise bewirkt; den Einzelnen offenbart sich die Geistkraft zum Nutzen aller. Der einen wird durch die Geistkraft die Fähigkeit zum Denken und Reden in Weisheit gegeben, einem anderen durch denselben Geist die Fähigkeit, Offenbarungen weiterzugeben. Der nächsten wird Vertrauen gegeben – von derselben Geistkraft –, einem anderen wiederum die Fähigkeit zu heilen – durch die eine Geistkraft –, eine andere erhält die Fähigkeit, Wunder zu tun, der nächste die Gabe zu prophezeien, oder eine andere die Fähigkeit, kritisch zu prüfen, ob alles tatsächlich durch die Geistkraft bewirkt wird. Andere bekommen die Fähigkeit, eine besondere Sprache Gott gegenüber zu sprechen, und wieder andere können sie deuten. Alles dieses wirkt eine und dieselbe Geistkraft, die sich den Einzelnen mitteilt, so wie sie es will. 

1 Kor 12, 4-12 Bibel in gerechter Sprache

 

Wes Geistes Kind seid ihr denn eigentlich?

 Ihr kennt sicher alle die Geschichte vom himmlischen Betriebsausflug. Es wird überlegt, wohin der Ausflug gehen soll. Jerusalem? Da sagt Jesus: Nein, da habe ich schlechte Erfahrungen gemacht. Rom? Da sagt der heilige Geist: Ja, da war ich noch nie! Angesichts der Wirrnisse im Vatikan und bei den Kirchenleitern möchte ich ihm durchaus recht geben. Ich frag‘ mich im Ernst: Wes Geistes Kind seid ihr denn eigentlich?

Bei Licht betrachtet war es wohl schon immer so in der Kirche, dass es Streit um die rechte Lehre und um unterschiedliche Lebenswege gegeben hat. Bischof Heiner Wilmer von Hildesheim hat es auf den Punkt gebracht: Das Böse liegt in der DNA der Kirche. Ja, es menschelt in der Kirche, das hat auch Paulus in der von ihm gegründeten Gemeinde in Korinth schmerzlich zur Kenntnis nehmen müssen.

Aber Paulus bleibt nicht bei der Feststellung stehen, sondern er eröffnet einen Weg, wie in Schwierigkeiten gehandelt werden sollte: Verlasst euch auf die Kraft des Geistes und anerkennt, dass er durch uns Menschen verschieden wirkt. Oder anders ausgedrückt: Seht die vielen Gaben in der Gemeinde, die zum Wohle aller zusammenwirken. „Alles dieses wirkt eine und dieselbe Geistkraft, die sich den Einzelnen mitteilt, so wie sie es will.“ Ich lese hier:
„so wie sie es will“. Wer von den selbsternannten Hierarchen darf sich anmaßen, dieser Wirkung des Geistes zu widersprechen? Und doch geschieht das tagtäglich. Deshalb meine Frage: Wes Geistes Kind seid ihr denn eigentlich?

Schon regt sich Widerstand gegen die Unfähigkeit der Kirchenleitung, die erforderlichen Schritte zu einer wirklichen Kirchenreform zu gehen. Schon wird davon gesprochen, dass Papst Franziskus scheitert, da ihm zu wenige Gefolgschaft leisten. Schon wird gefordert: Entmachtet die Bischöfe! Chilenische Christen und Christinnen haben eine Laien-Synode gehalten, weil sie ihre Bischöfe für unfähig halten, die Glaubwürdigkeit der Kirche angesichts der sexualisierten Gewalt wiederherzustellen.

Und wir hier in Deutschland? Ich höre schon die abwiegelnden Worte: Ja wie soll das denn gehen? Die Bischöfe sitzen halt am längeren Hebel und bestimmen über das Geld; wenn eine*r nicht funktioniert, dann weiß man sich seiner und ihrer zu entledigen. Aufgewacht! Die Leiter sind nach Paulus nicht die Herren der Gemeinde, sondern die Diener der Freude. Wir sind nicht die Gläubigen der Bischöfe, wir sind nicht das Objekt der Seelsorge, sondern das Subjekt. Bündeln wir doch unsere Charismen, die Gnadengaben, die uns allen geschenkt sind, und lassen wir uns nicht durch vorgestriges Denken, leere Formeln und fromme Worte einlullen. Wir sollten uns ein Wort von Shakespeare vor Augen halten: Caesar wäre nicht Wolf, wären die Römer nicht Schafe. Frei übersetzt: Die Herren könnten nicht Herren sein, würden wir uns nicht als Untergebene verstehen. „Wandelt euch durch ein neues Denken“ war das Motto des Katholikentags 1964. Wann handeln wir endlich danach?

Magnus Lux

Henk Caspers/Naturalis Biodiversity Center; Grosses mehrfarbiges Model einer DNA. Museum Naturalis Leiden

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