Sonntagsbrief zum 2. Sonntag der Osterzeit, 28. April 2019

26. April 2019 von Sigrid Grabmeier

Vergeben

Nürnberg, Caritas-Pirckheimer-Haus, Bronzeplastik, FotoSigrd Grabmeier

Am Abend dieses ersten Tages nach dem Sabbat, als die Jüngerinnen und Jünger hinter geschlossenen Türen saßen aus Angst vor der jüdischen Obrigkeit, da kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte zu ihnen: „Friede sei mit euch!“ Als er das gesagt hatte, zeigte er ihnen die Hände und die Seite. Da freuten sich die Jüngerinnen und Jünger, dass sie Jesus den Lebendigen sahen. Jesus sagte noch einmal zu ihnen: „Friede sei mit euch! Wie mich Gott gesandt hat, so sende ich euch.“ Und als er das gesagt hatte, blies er sie an und sagte ihnen: „Nehmt die heilige Geistkraft auf. Allen, denen ihr Unrecht vergebt, ist es vergeben. Allen, denen ihr dies verweigert, bleibt es.“

Aber Thomas, einer der Zwölf, der Didymos oder Zwilling genannt wurde, war nicht bei ihnen, als Jesus kam. Die anderen Jüngerinnen und Jünger sagten zu ihm: „Wir haben Jesus den Lebendigen gesehen.“ Er aber sagte zu ihnen: „Wenn ich nicht die Wunden der Nägel in seinen Händen sehe und meinen Finger in die Nägelwunden lege und mit meiner Hand in seine Seite greife, dann werde ich nicht glauben.“ Nach einer Woche saßen die Jüngerinnen und Jünger wieder drinnen und Thomas war bei ihnen. Jesus kam – die Türen waren verschlossen – und trat in ihre Mitte und sagte: „Friede sei mit euch!“ Dann sagte er zu Thomas: „Lege deinen Finger hierher und sieh meine Hände an und nimm deine Hand und greife in meine Seite und sei nicht ungläubig, sondern gläubig!“ Thomas antwortete und sagte zu ihm: „Ich verehre dich und will dir gehorchen, du bist der Lebendige, mein Gott!“ Jesus sagte zu ihm: „Weil du mich gesehen hast, glaubst du. Glücklich sind, die nicht sehen und trotzdem glauben.“

Jesus tat noch viele andere Wunderzeichen vor seinen Jüngerinnen und Jüngern, die nicht in diesem Buch aufgeschrieben sind. Dieses hier aber ist aufgeschrieben, damit ihr glaubt, dass Jesus der Messias ist, der Erwählte Gottes, und als Glaubende in seinem Namen Leben habt.

Joh 20,19-31 Bibel in gerechter Sprache

 

Vergeben

Friede sei mit euch! Wie mich Gott gesandt hat, so sende ich euch. Nehmt die heilige Geistkraft auf. Allen, denen ihr Unrecht vergebt, ist es vergeben. Allen, denen ihr dies verweigert, bleibt es. Glücklich sind, die nicht sehen und trotzdem glauben.“ Zentrale Botschaft der heutigen Perikope.

Johannes, der in seinem Buch über das Leben Jesu, mehr als die anderen Evangelisten, theologische Deutung einfließen lässt, er setzt auf diese Szene gleichsam einen Bühnenscheinwerfer. Und er tut das mit den beiden letzten Sätzen: „Jesus tat noch viele andere Wunderzeichen vor seinen Jüngerinnen und Jüngern, die nicht in diesem Buch aufgeschrieben sind. Dieses hier aber ist aufgeschrieben, damit ihr glaubt, dass Jesus der Messias ist, der Erwählte Gottes, und als Glaubende in seinem Namen Leben habt.“

Der Auferstandene sendet seine engsten Freunde, er be-geist-ert sie noch einmal und er trägt ihnen auf zu vergeben und die Kraft der Vergebung weiter zu sagen. Das ist seine erlösende, seine messianische Botschaft. Friede und Vergebung. Beides gehört zusammen. Frieden ist immer in Bedrohung, denn Menschen machen Fehler, laden Schuld auf sich, sondern sich voneinander ab. Der Weg der Vergebung, aber auch des Bittens um Vergebung sind Grundlagen des Friedens, den Jesus seinen Freunden und Freundinnen, uns Menschen wünscht.

 

Vergeben

Wenn die Last sich
wie Mehltau
über deine Seele legt,
wenn dunkles sich
zwischen dich
und einen anderen Menschen schiebt,
wenn das DU des anderen
konturenlos verschwindet,
wenn das ICH
sich nicht mehr kennen mag,
woher kommt dir Hilfe?
 
Wenn die Sehnsucht
nach dem DU
in dir Wurzeln schlägt,
wenn die Traurigkeit
in deinem Herzen Früchte trägt,
wenn der Trotz
der Frage nach dem Weg weicht,
wenn die Hilflosigkeit
sich auf die Suche macht,
wirst du dann
den ersten Schritt tun?
 
Wirst du fragen
ob das DU
dich wieder kennen will?
Wirst Du suchen
ob es eine Brücke gibt?
Wirst du dann
zu deinem Fehlen stehn?
Wirst du die Wunde,
die du schlugst,
versorgen?
 
Wirst du den Knoten lösen?
Wirst du die Wunde heilen lassen?
Wirst du den Weg des Vergebens gehen?
Gebt ihr dem Frieden eine Chance?
 

 Sigrid Grabmeier

Bild: Nürnberg, Caritas-Pirckheimer-Haus, Bronzeplastik, Foto Sigrid Grabmeier

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