Sonntagsbrief zum 19. Sonntag im Jahreskreis, 9. August 2015

8. August 2015 von Reinhard Olma

Brot vom Himmel - Nahrung für unser Denken, Reden und Tun

Sonntagsbrief zum 19. Sonntag im Jahreskreis

Tägliches BrotElija ging einen Tagesmarsch weit in die Wüste. Dort setzte er sich unter einen Ginsterstrauch und wollte nur noch sterben. Er sagte: „Es ist nun genug, EWIGE, nimm mein Leben, denn ich bin nicht besser als meine Vorfahren!“ Er legte sich nieder und schlief unter einem Ginsterstrauch ein. Doch plötzlich berührte ihn eine Botschaft: „Steh auf, iss!“ Da blickte er auf, und wirklich, neben seinem Kopf lag auf glühenden Steinen gebackenes Brot und ein Krug Wasser. Er aß und trank, drehte sich um und legte sich wieder hin. Da kam die Botschaft DER EWIGEN zum zweiten Mal und berührte ihn: „Steh auf, iss, denn der Weg, der vor dir liegt, ist weit!“ Und er stand auf, aß und trank und ging in der Kraft der Speise 40 Tage und 40 Nächte bis zum Gottesberg, dem Horeb.

1 Kön 19, 4-8
Bibel in gerechter Sprache

Die anderen jüdischen Menschen murrten über ihn, weil er gesagt hatte: `Ich bin das Brot, das vom Himmel herabsteigt´, und sie sagten: „Ist dieser nicht Jesus, das Kind von Josef und Maria, dessen Vater und Mutter wir kennen? Wieso sagt er jetzt: `Ich bin vom Himmel herabgestiegen´ ?“ Jesus antwortete und sagte ihnen: „Murrt nicht untereinander. Es ist nicht möglich, dass Menschen zu mir kommen, wenn Gott, mein Ursprung, aus dem ich gesandt bin, sie nicht zieht – und ich werde sie auferwecken am letzten Tag. Es ist geschrieben in den prophetischen Schriften: `Und sie werden alle Gelehrte Gottes sein´ : Alle, die von Gott gehört und gelernt haben, kommen zu mir. Nicht als ob jemand Gott gesehen hat außer demjenigen, der bei Gott ist: Dieser hat Gott gesehen. Amen, amen, ich sage euch: Alle, die an mich glauben, haben ewiges Leben. Ich bin das Brot des Lebens. Eure Eltern haben in der Wüste das Manna gegessen und sind gestorben. Dies ist das Brot, das vom Himmel herabsteigt, damit alle von ihm essen und so nicht mehr sterben. Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel herabgestiegen ist; alle, die von diesem Brot essen, werden ewig leben.“

Joh 6, 41-45
Bibel in gerechter Sprache

Da stehe ich traurig und wütend vor dieser Pegida-Demonstration. Jetzt müsste man etwas unternehmen, aber wir sind nur wenige und die vielen schreien uns zu Boden.--

Sollten wir nicht gerade bei uns Flüchtlinge aufnehmen? Aber die Nachbarn sehen uns verständnislos, beinahe feindselig an. Hier bei uns? Die passen doch nicht hierher! Die stören doch unseren Frieden und unsere Bequemlichkeit! Sollen wir denn künftig alle Nachbarn gegen uns haben? Ich weiß nicht weiter und resigniere.--

Begeistert erzählt der Bekanntenkreis von den letzten Shopping-Erlebnissen.  Wie günstig wieder alles war! Tolle Schnäppchen haben wir wieder eingeheimst! Jetzt müsste man was zur Kinderausbeutung und zur Umweltbelastung durch den ungezügelten Konsum sagen. Aber soll ich als einzelner die Stimmung verderben?--

Das haben wir alle schon erlebt: Wir wissen genau, was das richtige ist, was man jetzt tun oder sagen sollte, aber die Kräfte reichen nicht aus, es fehlt uns an Mut, die Hindernisse türmen sich auf, man möchte am liebsten in den Boden versinken. In dieser Situation erleben wir im heutigen Text Elija. Keiner hört ihm zu. Er hat auch nicht die richtigen Worte gefunden. Alles war vergebens. Lebensziel verfehlt, da kann er auch sterben. Und er legt sich hin, den Tod zu erwarten.

„Hier wird nicht gestorben“, sagt der Engel. „Iss, denn Gott hat mit Dir noch viel vor.“

Und als er wieder aufsteht, erkennt er plötzlich den richtigen Weg und geht weiter.

Und so geht es auch uns: Man wendet sich um und versucht davonzulaufen. Und plötzlich erkennt man, dass der Fluchtweg genau der ist, der zum Ziel führt. Und auf diesem Weg fassen wir Mut und uns wachsen plötzlich die Kräfte zu, die wir zuvor so schmerzhaft vermisst haben, mit denen wir die ausweglose Lage überwinden können.

Im Johannes-Text ist Jesus „das Brot“, das vom Himmel kommt und die nötigen Kräfte verleiht, um ein wenig die Welt zu retten. Seine unorthodoxen Worte und Taten fügen sich nach und nach zu einem Konzept der Liebe und des Dienens, der Mitmenschlichkeit. Einem Konzept, dass uns Nahrung für unser Denken, Reden und Tun sein kann. Wir müssen uns trotz des Misstrauens, das dieser Botschaft von vielen, besonders von den Mächtigen entgegen gebracht wird, nur darauf einlassen. Und wir müssen aus der Erkenntnis heraus handeln! „Seid gütig zueinander und ahmt Gott nach“, ruft Paulus den Ephesern zu. Aber ist das nicht ein zu hoher Anspruch? Gott nachahmen? Mit unseren Einschränkungen und kleinen Wehwehchen solcher Herausforderung gerecht werden?

Hier schließt sich der Kreis, und wir scheinen wieder bei Elija anzukommen und in Resignation zu fallen. Aber inzwischen ist etwas anders: Jetzt haben wir das lebendige Brot! Und so können wir uns einmischen, wenn wir Ungerechtigkeiten in Kirche und Gesellschaft sehen, wenn mit Flüchtlingen herzlos umgegangen wird, wenn  pure Bequemlichkeit oder maßlose Gier die Umwelt zerstören. So können wir uns einmischen, auch wenn wir zunächst als einsame Rufer gegen eine Wand aus Ignoranz ankämpfen. Beharrlichkeit und Herzensgüte brechen den ersten Stein aus der Mauer und weitere folgen. Und irgendwann fällt die Mauer und wir sehen das Ziel vor Augen.

Reinhard Olma

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