Sonntagsbrief zum 19. Sonntag im Jahreskreis, 11. August 2019

9. August 2019 von Magnus Lux

Treuer und kluger Verwalter gesucht

©crocou

„Fürchte dich nicht, du kleine Herde! Denn euer Vater hat beschlossen, euch das Reich zu geben.

Verkauft euren Besitz und gebt Almosen! Macht euch Geldbeutel, die nicht alt werden! Verschafft euch einen Schatz, der nicht abnimmt, im Himmel, wo kein Dieb ihn findet und keine Motte ihn frisst!Denn wo euer Schatz ist, da ist auch euer Herz. Eure Hüften sollen gegürtet sein und eure Lampen brennen!

Seid wie Menschen, die auf ihren Herrn warten, der von einer Hochzeit zurückkehrt, damit sie ihm sogleich öffnen, wenn er kommt und anklopft! Selig die Knechte, die der Herr wach findet, wenn er kommt! Amen, ich sage euch: Er wird sich gürten, sie am Tisch Platz nehmen lassen und sie der Reihe nach bedienen. Und kommt er erst in der zweiten oder dritten Nachtwache und findet sie wach - selig sind sie. Bedenkt: Wenn der Herr des Hauses wüsste, in welcher Stunde der Dieb kommt, so würde er verhindern, dass man in sein Haus einbricht. Haltet auch ihr euch bereit! Denn der Menschensohn kommt zu einer Stunde, in der ihr es nicht erwartet.“

Da sagte Petrus: „Herr, sagst du dieses Gleichnis nur zu uns oder auch zu allen?“ Der Herr antwortete: „Wer ist denn der treue und kluge Verwalter, den der Herr über sein Gesinde einsetzen wird, damit er ihnen zur rechten Zeit die Tagesration gibt? Selig der Knecht, den der Herr damit beschäftigt findet, wenn er kommt! Wahrhaftig, ich sage euch: Er wird ihn über sein ganzes Vermögen einsetzen.

Wenn aber der Knecht in seinem Herzen sagt: Mein Herr verspätet sich zu kommen! und anfängt, die Knechte und Mägde zu schlagen, auch zu essen und zu trinken und sich zu berauschen, dann wird der Herr jenes Knechtes an einem Tag kommen, an dem er es nicht erwartet, und zu einer Stunde, die er nicht kennt; und der Herr wird ihn in Stücke hauen und ihm seinen Platz unter den Ungläubigen zuweisen.

Der Knecht, der den Willen seines Herrn kennt, sich aber nicht darum kümmert und nicht danach handelt, der wird viele Schläge bekommen. Wer aber, ohne den Willen des Herrn zu kennen, etwas tut, was Schläge verdient, der wird wenig Schläge bekommen. Wem viel gegeben wurde, von dem wird viel zurückgefordert werden, und wem man viel anvertraut hat, von dem wird man umso mehr verlangen.“

Lk 12, 32-48 Einheitsübersetzung

Treuer und kluger Verwalter gesucht 

Ach, was für ein schöner Satz: „Fürchte dich nicht, du kleine Herde!“Generationen von Bischöfen und anderen selbsternannten Glaubenswächtern haben ihn mit Inbrunst ausgesprochen, und das zu einer Zeit, da es kaum Kirchenaustritte gegeben hat. Da ging es um die „kleine Herde“ der Glaubenstreuen, also derer, die den Bischöfen und den Päpsten nach der Pfeife tanzten. 

„Bist du denn von allen guten Geistern verlassen?“, höre ich schon die empörten Rufe derer, die die Sakramentalität des Weiheamtes, die Autorität der Bischöfe als der Nachfolger der Apostel und die der Päpste als sichtbares Oberhaupt der Kirche, als Stellvertreter Christi, unfehlbar, wenn es um Glaubens- und Sittenlehre geht, höher stellen als das Evangelium.

Ihnen rufe ich zu: „Lest weiter!“ Wie hört sich das an: „Verkauft euren Besitz und gebt Almosen!“ Nein, nein, auf Glanz und Gloria wollen wir nicht verzichten, auch nicht auf die Dotationen, also den Unterhalt der Bischöfe durch den Staat, das steht uns doch zu! Hat nicht der Staat vor über 200 Jahren die Kirchengüter geraubt? Frage: Wozu hat die Kirche denn damals so viele Schätze gebraucht? Wozu brauchen wir heute all den Reichtum? – Damit kein Missverständnis aufkommt: Natürlich braucht die Gemeinde Jesu Christ Geld, um ihre Aufgaben zu erfüllen. Ein Auskommen haben auch Jesus und die Zwölf gebraucht.

Papst Franziskus und einige Bischöfe haben inzwischen erkannt, dass sie ihre Aufgabe neu definieren müssen, wenn sie „treue und kluge Verwalter“sein wollen. Sie haben erkannt, dass das „Haus voll Glorie“ Vergangenheit ist – wenn es denn je Gegenwart war, da die Glorie mehr der Verherrlichung der Amtsträger galt, der Klerikerkaste, schön damit kaschiert, dass es um die Ehre Gottes gehe.

Halten wir uns vor Augen: „Wem viel gegeben wurde, von dem wird viel zurückgefordert werden, und wem man viel anvertraut hat, von dem wird man umso mehr verlangen.“Besser: Halten wir es denen vor Augen, die in den nächsten Jahren den „synodalen Weg“ gehen wollen, den Weg also, der der Kirche in Deutschland Zukunft geben soll. „Wir brauchen nicht dauernd die Rede von der Strukturveränderung, wir brauchen mehr Glauben“, wird mir sicher entgegengehalten. Doch zum einen predigen auch Strukturen: Das uneinsichtige Festhalten am zölibatären Mann als dem einzigen Spender des Heils ist eine Frage der Macht, so sehr es auch als Treue zum wahren Glauben hinausposaunt wird. Und zum anderen: Glaube ist nicht ein Für-wahr-Halten aller im Laufe der Geschichte der Kirche verkündeten Lehr-Sätze, die sich oft als Leer-Sätze erwiesen haben; nein, Glaube ist das Ur-Vertrauen, dass Gott auf unserer Seite steht und uns Leben verheißt.

Nach den Worten des Herrn ist es ausgemacht, dass das „System Kirche“ so keinen Bestand hat, ein System, in dem sich die Verwalter zu Herren gemacht haben. Diejenigen können nicht Verwalter bleiben, die nicht „gegürtet“ sind, also als Schlafende nicht bereit zum Handeln, die so tun, als würden sie nie zur Rechenschaft gezogen. Wen wird der Herr über sein ganzes Vermögen einsetzen? Es ist der „treue und kluge Verwalter“.

Magnus Lux

Bildnachweis: Schafherde in Rustrel, Frankreich © crocou

 

 

 



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