Sonntagsbrief zum 17. Sonntag im Jahreskreis, 28. Juli 2024

27. Juli 2024 von Magnus Lux

Hört auf, ungerecht zu handeln!

Liebe Leserinnen und Leser,

einige von Ihnen haben es sicher gemerkt, einige haben auch reagiert, da ging etwas durcheinander. Der Sonntagsbrief für den heutigen Sonntag wurde schon vor zwei Wochen am 15. Sonntag im Lesejahr verschickt. Im Gegenzug kommt heute der Sonntagsbrief der eigentlich am 14. Juli dran gewesen wäre. Fehler passieren, die Redaktion bittet dafür um Entschuldigung.

 

Da rief er die Zwölf zu sich und machte sich daran, sie jeweils zu zweit auszusenden. Er gab ihnen Vollmacht über die unreinen Geister  und wies sie an, für den Weg nichts mitzunehmen außer einem Wanderstab – kein Brot, keinen Sack für Vorräte, kein Münzgeld im Gürtel.  „Zieht Sandalen an und tragt keine zwei Unterkleider übereinander.“  Weiter sagte er zu ihnen: „Wo ihr einmal in ein Haus eingekehrt seid, da bleibt, bis ihr von dort weiter wandert. Wenn eine Ortschaft euch nicht aufnimmt und die Leute nicht auf euch hören, so verlasst diesen Ort und schüttelt den Staub unübersehbar von euren Füßen ab.“  Da gingen sie fort und verkündigten:  „Hört auf, ungerecht zu handeln, und kehrt um zum Leben!“  Und sie vertrieben viele Dämonen, salbten viele Kranke mit Öl und heilten sie.

Mk 6,7-13  Bibel in gerechter Sprache

 

 

Hört auf, ungerecht zu handeln!

O Gott! Was ist aus den Anfängen geworden!

Da sind die Zwölf, die so genannten Apostel. Mit der Berufung der Zwölf erhebt Jesus, der Mann aus Nazaret, den Anspruch, dass seine Botschaft dem ganzen Gottesvolk gilt, das sich von Gott entfernt hat und das er zur Umkehr einladen will. Er „wies sie an, für den Weg nichts mitzunehmen außer einem Wanderstab – kein Brot, keinen Sack für Vorräte, kein Münzgeld im Gürtel“. „Zieht Sandalen an und tragt keine zwei Unterkleider übereinander.“
Was ist daraus geworden? Die Nachfolger der Apostel, als die sich die Bischöfe sehen, Tausende an der Zahl. Ihr Wanderstab ist ein vergoldeter und mit Edelsteinen verzierter Hirtenstab, ihr Gewand voller Pracht. Ihre Vorräte waren und sind groß, als Fürst-Bischöfe waren sie in Deutschland auch weltliche Herren. Das Einkommen der deutschen Bischöfe entspricht dem Einkommen eines Oberregierungsrates oder gar eines Ministerialrates, bezahlt vom Staat.

Da ist die Verkündigung: „Hört auf, ungerecht zu handeln, und kehrt um zum Leben!“
Diese Verkündigung hören wir auch heute. Aber leben die Verkündiger das, was sie verkünden – oder „predigen sie Wasser und trinken Wein“? Sie fordern von anderen Verzicht, Zurückhaltung, Bescheidenheit, Genügsamkeit usw., leben selbst aber ganz im Gegenteil dazu besonders verschwenderisch und genusssüchtig. Seien wir ehrlich: Es gab schon immer Menschen in der Kirche, auch solche in führenden Positionen, die dem biblischen Bild entsprachen, die sich voll einsetzten für die Menschen, für die sie sich verantwortlich wussten. Und es gibt sie zunehmend heute: Bischöfe, die auf persönlichen Pomp verzichten und so leben wie der Durchschnitt der Menschen, für die sie Hirten sind.
Doch schauen wir nicht nur auf die „die da oben“. Hatten wir uns nicht zu sehr daran gewöhnt, uns im Glanz der Bischöfe als der Vertreter Christi zu sonnen? Hatten wir uns nicht zu sehr daran gewöhnt, uns im „Haus voll Glorie“ wohlzufühlen? Hatten wir uns nicht zu sehr daran gewöhnt, uns als Mitglieder der „einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche“ über Christinnen und Christen anderer Couleur zu erheben, uns als die Besseren zu fühlen?

Da ist der Ruf: „Hört auf, ungerecht zu handeln!“
Hören wir diesen Ruf überhaupt noch? Wir müssten ja erst einmal einsehen, dass wir ungerecht handeln. Ungerecht? Das betrifft uns auf allen Ebenen, nicht nur in der Kirche. Haben wir uns nicht längst ans Unrecht gewöhnt? Das ist eben so, dass die einen viel mehr haben als die anderen, dass die Frauen weniger verdienen als die Männer, dass die Pensionen höher sind als die Renten. Das ist eben so, dass es Privilegierte und Unterprivilegierte gibt, dass die Kinder von Armen weniger Chancen haben als die der Reichen, dass bei den Kleinen die Steuerprüfer genauer hinschauen als bei den Großen, dass es Vorzugsmenschen und Diskriminierte gibt.

Das ist eben so? Wir nehmen als Christinnen und Christen hin, was gang und gäbe ist, ja mehr noch, wir handeln oft selber genau nach diesen Prinzipien, statt dass wir uns entsprechend der Botschaft vom Reich Gottes verhalten. Wir geben den Menschen gute Ratschläge, halten uns aber selbst nicht daran. Das kritisiert Jesus bei den Pharisäern als heuchlerisch. Und wollen wir überhaupt die „Dämonen“ austreiben lassen? Unsere Überheblichkeit, unsere Gier nach Besitz, unser Blindsein für die Schwachen in unserer Gesellschaft, unsere Gleichgültigkeit, mit der wir die Ausbeutung vieler in der dritten Welt hinnehmen, weil es Vorteile für uns bringt, auf die wir nicht verzichten möchten?

„Hört auf, ungerecht zu handeln!“ gilt uns allen, auch und gerade in der Kirche.

Magnus Lux

 

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