Sonntagsbrief zum 15. Sonntag im Jahreskreis, 16. Juli

15. Juli 2023 von Luise Mayr-Hendl

Hören und Sehen

Aus technischen Gründen hat sich der Versand des Sonntagsbriefes leider verzögert.

Die Jünger und Jüngerinnen traten zu ihm heran und fragten: „Warum sprichst du zu ihnen in Gleichnissen?“ Jesus antwortete ihnen: „Weil euch die verborgenen Wahrheiten der Welt Gottes offenbart worden sind, jenen aber nicht. Die schon etwas haben, denen wird mehr gegeben, sogar bis zum Überfluss. Die nichts haben, denen wird das Wenige, das sie haben, noch weggenommen. Ich rede deshalb in Gleichnissen zu diesen Leuten, weil sie sehenden Auges nicht sehen, und obwohl sie hören, nicht hören und nicht verstehen. Bei ihnen ist die Prophezeiung Jesajas wahr geworden, die lautet: 

Ihr werdet hören, hören und nicht verstehen, und sehen, sehen und nicht sehen. 15Das Herz dieses Volkes wurde undurchlässig, ihre Ohren wurden schwerhörig, und ihre Augen haben sie verschlossen, damit sie mit ihren Augen nichts sehen und mit den Ohren nichts hören und mit dem Herzen nichts verstehen, das alles, damit sie nicht umkehren und ich sie heilen werde.

Selig sind eure Augen, weil sie sehen, und eure Ohren, weil sie hören.

Wahrhaftig, ich sage euch: Viele Prophetinnen und Propheten und Gerechte haben sich danach gesehnt zu sehen, was ihr seht, und sahen es nicht, und zu hören, was ihr hört, und hörten es nicht.

Mt 13, 10-17 Bibel in gerechter Sprache

 

Hören und Sehen

Die ganz Stelle des heutigen Evangeliums Mt 13, 1-23 erzählt das Gleichnis von Aussaat, bei der einige Körner auf den Weg, einige auf felsigen Boden, zwischen Dornen und andere auf fruchtbaren Boden fielen. Das Zwischenstück, die Unterhaltung zwischen Jesus und seinen Begleitern, enthält meines Erachtens besonderen Zündstoff. Es ist eine Gegenüberstellung von solchen die Hören, sehen und verstehen und solchen die nicht hören, sehen und verstehen (wollen). Das „Zitat“ von Jesaja bezieht sich auf Kapitel 6, 9-10. 

 

Wer gehört nicht gerne zu denen die hören, sehen und verstehen. Man fühlt sich so viel besser als diejenigen, die das eben nicht tun. In den vergangenen Jahrhunderten hat die Amtskirche sich immer gerne zur ersten Gruppen gezählt. Nein. Sie war die erste Gruppe. Und alle anderen die zweite. 

 

Und wir selbst? Wozu gehören wir? Gehören wir zu denen, die durchblicken? In den letzten Jahren hat sich in unserer Gesellschaft eine üble Gemengelage aufgebaut, in der immer mehr Gruppen und Einzelpersonen ganz genau zu wissen scheinen, dass nur sie die richtigen Informationen haben, die richtigen Lösungen wissen, die richtigen Entscheidungen treffen. Gespräche miteinander sind nicht mehr möglich, die Keulen, mit denen aufeinander losgegangen wird, werden immer größer, die Positionen driften immer weiter auseinander. 

 

Selig sind unsere Augen, wenn sie sehen, selig unsere Ohren, wenn sie hören. Selig sind wir, wenn wir hinsehen und hinhören.

Luise Mayr-Hend

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