Sonntagsbrief zum 15. Sonntag im Jahreskreis, 10. Juli 2016

9. Juli 2016 von Barbara Dominguez

Worte zum Leben

Worte zum LebenJa, du hörst auf die Stimme Adonajs, deiner Gottheit, und bewahrst all ihre Gebote und Bestimmungen, die in diesem Torabuch niedergeschrieben sind. Ja, du kehrst mit Herz und Verstand, mit jedem Atemzug zu Adonaj, deiner Gottheit, zurück.

Ja, das Gebot, das ich dir heute auftrage, ist nicht zu schwer verständlich für dich und nicht abwegig. Es ist nicht im Himmel, so dass es heißen müsste: ´Wer steigt für uns in den Himmel, holt es für uns herunter und bringt es uns nahe, damit wir uns danach richten?` Es ist nicht jenseits des Meeres, so dass es heißen müsste: ´Wer überquert das Meer, holt es für uns und bringt es uns nahe, damit wir uns danach richten?` Nein, dieses Wort ist dir sehr nahe. Es ist in deinem Mund, in deinem Herzen und deinem Verstand, so dass du dich danach richten kannst.

Dtn 30, 10-14
Bibel in gerechter Sprache

Die Stimme Adonajs hören, mit Herz und Verstand seine Gebote verstehen – das „Material“ dazu sind Worte!

Was wären wir ohne das Wort? Was wären wir Menschen ohne die Sprache? Wir kennen doch das hilflose Gefühl, uns einfach nicht verständlich machen zu können und nichts zu verstehen in einer Runde, in der in einer fremden Sprache drauflos geredet wird! Ganz deutlich wird das aktuell in der Situation der Asyl suchenden Menschen. Auf beiden Seiten sind wir da absolut benachteiligt, fühlen uns ausgegrenzt, verunsichert und unfähig, das Gespräch und die Gedanken mitzuvollziehen, geschweige uns daran zu beteiligen. Wenn wir am miteinander Reden, am Austausch unserer Gedanken und wichtiger Mitteilungen gehindert werden, dann fehlt uns etwas ganz Wesentliches in unserem Zusammenleben. Das Wort, die Sprache, sind fundamental wichtig für unsere zwischenmenschlichen Beziehungen. Alles was unser Leben ausmacht können wir in Worten ausdrücken, in abstrakten Worten – und das ist eine geistige Leistung.

Gott hat uns Menschen als denkende Wesen mit geistigen Fähigkeiten geschaffen. Ist dieses Denkenkönnen nicht auch eine Dimension, die am ehehsten geeignet ist, um irgendwie ansatzweise an Gott heranzukommen, eine Beziehung zu ihm aufzubauen? Er, der alle unsere Vorstellungskraft sprengt, teilt sich uns mit im Wort, er begegnet uns im Geist. Oft ist unsere Begegnung mit Gott, im Reden mit ihm, im Gebet, gefüllt mit unseren Gedanken und Worten.

Das Wort Gottes, die Bibel, Gott sei Dank gibt es sie! Damit können wir uns auseinandersetzen, auch wenn uns die Schriftworte oft rätselhaft und sogar unverständlich erscheinen. Gott bedient sich unserer menschlichen Möglichkeiten, um uns nahe zu kommen, er spricht durch die Propheten, die Evangelisten, er spricht durch Menschen in menschlicher Sprache zu uns.

Wir dürfen wirklich davon ausgehen, dass Gottes Geist in uns allen gegenwärtig und lebendig ist. Die Frage ist, ob wir diese Tatsache wahrnehmen und zulassen, ob wir uns seiner überhaupt bewusst werden. So vieles, nein, unser ganzes Leben gründet in Gott: unsere Freuden und Sorgen, unser Bemühen, unsere Ideen, die kritische Auseinandersetzung mit den Problemen dieser Welt – letztlich lebt alles durch seinen Geist, den er uns geschenkt hat.

In unserer Welt, die von Worten überflutet ist, lohnt es sich, mehr auf unsere Worte zu achten, sorgsamer, sensibler mit ihnen umzugehen – sei es im Denken, wie wir miteinander reden, was wir lesen, ja sogar bei Email und Sms.
Alles was du tust, war vorher ein Gedanke in dir. Ich schließe mit einer Weisheit aus dem Talmud:

Achte auf deine Gedanken, denn sie werden zu Worten. Achte auf deine Worte, denn sie werden zu Handlungen. Achte auf deine Handlungen, denn sie werden zu Gewohnheiten. Achte auf deine Gewohnheiten, denn sie werden dein Charakter. Achte auf deinen Charakter, denn er wird dein Schicksal.

Ein Wochenende mit schönen Begegnungen!
Barbara Dominguez

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