Sonntagsbrief zum 14. Sonntag im Jahreskreis, 9. Juli 2017

6. Juli 2017 von Johannes Brinkmann

Konsequenter Provokateur

Jon Sobrino in den Domitilla Katakomben

Brich laut in Jubel aus, Tochter Zion! Schrei deine Freude heraus, Tochter Jerusalem! Sieh doch, dein König! Er kommt zu dir. Ins Recht gesetzt und gerettet ist er, ohne Besitz, voll Demut und reitet auf einem Esel, ja, auf einem Grautier, dem Füllen der Eselin. Aus Efraim rotte ich die Kampfwagen aus, die Streitrosse aus Jerusalem, der Kriegsbogen wird zerbrochen. Er verkündet den Nationen Frieden, regiert von Meer zu Meer, vom Tigrisstrom bis zu den Enden der Erde.

Sach 9,9-10 Bibel in gerechter Sprache

Da kommt kein stolz geschwellter König, der mit Macht Größe demonstriert und damit auf die Knie zwingt, nein dieser, der da kommt, liebt nicht die Macht, er bringt das Recht. Gerechtigkeit ist was er bringt. Nicht auf hohem Ross und mit bedrohlichem Heer zieht er ein, er ist bei den Kleinen, fühlt mit ihnen. Was für ein atypischer Auftritt für einen König. Er sitzt auf einem einfachen Esel, Esel reiten tut auch der kleine Mann.

Und dieser König steht für das Ende von gewalttätigen Auseinandersetzungen, seine innere Haltung steckt an, steckt an zum Frieden! Der Kriegsbogen zerbricht über ihm und wird nicht wieder gespannt!
  Was für ein Bild! Doch sucht die Welt nach so einem König? Dieser König reitet durch das Tor Deines Herzens hinaus in die Stadt! Von Innen nach Außen, von Außen nach Innen! Sehnt sich Dein Herz nach ihm? Können wir ihn lieben?
In allen vier Evangelien wird berichtet, dass Jesus zu seinem Auftritt, seinem entscheidenden und letzten, genau auf diese Weise in Jerusalem einritt, auf dem Rücken eines Esels. Eine sehr mutige Provokation. „Der da macht sich selbst zum messianischen König, wie ihn Sacharja angekündigt hat!“ Die Machthaber jubeln nicht, sie wittern Gefahr. Rom genauso wie die Priesterschaft!
  Es spricht vieles dafür, dass Jesus diese Provokation tatsächlich gesetzt hat, ein kraftvolles Zeichen in eine aufgeladene Gemengelage, und das vor dem großen Fest. Genauso hat wohl die sogenannte Tempelreinigung nach seiner Ankunft, schnurstracks zum Tempelberg hinauf und im Tempel Randale machen, tatsächlich stattgefunden.
  Wir haben einen König der provoziert, aber auch einen, der geduldig den Preis trägt, den Preis für seinen provokanten Auftritt, ohne Macht-Demonstration! Sanft bis zum Schluss! Nicht Faust sondern offene Hand! Auch das ist eine Provokation! Jesus als konsequenter Provokateur, als Unruhe- wie Ruhestifter!

 

Einen gesegneten Sonntag wünsche ich

Johannes Brinkmann / Essen

 

Bild: Ion Sobrino © Sigrid Grabmeier

Der Jesuit Ion Sobrino provoziert, sowohl die Mächtigen in El Salvador als auch die vatikanischen Hierarchen. Als enger Mitarbeiter von Oscar Romero entwickelte Sobrino seine Christologie, die konsequent den Menschen Jesus aus Nazareth in den Mittelpunkt stellte, mit dem, was wir von seinem Leben, von seiner Ankündigung des Reiches Gottes in Wort und Tat wissen, von seinen Konflikten mit den Reichen und Mächtigen, von seiner Ermordung am Kreuz und schließlich von der Erfahrung, dass dieser Tod am Kreuz nicht das letzte Wort war. „Eine zentrale Frage ist: Warum wurde Jesus umgebracht? Warum wurde Erzbischof Romero umgebracht? Warum werden die Armen getötet? »Das Kreuz Jesu verweist auf die gegenwärtigen Kreuze. Gleichzeitig aber weisen diese gegenwärtigen Kreuze auch auf das Kreuz Jesu hin. Sie stellen – historisch gesehen – die große Hermeneutik dar, um zu verstehen, warum Jesus umgebracht wurde. Und theologisch gesehen, werfen sie dieselbe nicht unterdrückbare Frage nach dem Geheimnis auf: Warum starb Jesus? Die gekreuzigten Völker der Dritten Welt sind heute der hervorragende theologische Ort, um das Kreuz Jesu zu begreifen.«

Am 15. März 2007 reagierte die römische Glaubenskongregation mit einer „öffentlichen Notifikation“. Darin werden „einzelne Thesen“ des Jesuiten verurteilt. Radio Vatikan erläuterte: „Einige Thesen Sobrinos können (...) den Gläubigen durch ihre Irrtümer und Gefährlichkeit schaden‘. In seinen Werken finden sich große Mängel, sowohl methodologisch als auch inhaltlich‘. Laut Sobrino sei ‚die Kirche der Armen‘ der Ort, an dem Christus gegenwärtig sei. Er vergesse damit, dass einzig im Rahmen des ‚apostolischen Glaubens‘, der von der Kirche an alle Generationen weitergegeben wird, gültig Theologie betrieben werden könne. ‚Diese Irrtümer‘, so die Glaubenskongregation, führen in kritischen Punkten zu einer Nicht-Übereinstimmung mit dem Glauben der Kirche: die Göttlichkeit Jesu Christi, die Menschwerdung des Gottessohnes, das Verhältnis zwischen Jesus und dem Reich Gottes, sein Sendungsbewusstsein und die Heilsbedeutung seines Todes.‘“

Das Bild entstand bei der Eucharistiefeier am 16. November 2015 im Rahmen der von der Gruppe pro-konzil und vom Institut für Theologie und Politik organisierten Versammlung “Katakombenpakt erinnern und erneuern” in den Domitilla-Katakomben in Rom, in dem Sobrino predigte.

weitere Informationen: 

http://www.forum-weltkirche.de/de/personen/13827.jon-sobrino-sj.html

https://de.wikipedia.org/wiki/Jon_Sobrino

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