Sonntagsbrief zum 14. Sonntag im Jahreskreis, 7. Juli 2019

5. Juli 2019 von Eva-Maria Kiklas

Ohne Geld und Macht

©Jan Tielens 2015-10-18

 

Danach nahm Jesus 70 weitere Schülerinnen und Schüler auf und schickte sie zu zweit voraus in alle Städte und Orte, wohin er selbst kommen wollte. Er sagte zu ihnen: „Das Erntefeld ist groß, die Menge der Arbeiterinnen und Arbeiter aber gering. Bittet nun den Herrn der Ernte, dass er Arbeitskräfte für sein Erntefeld sprießen lasse. Wohlan – seht, ich sende euch aus als Lämmer, die unter Wölfen leben müssen. Tragt keinen Geldbeutel bei euch, keine Tasche, keine Schuhe und hängt euch an niemanden unterwegs! Wo ihr aber in ein Haus eintretet, sagt als Erstes: ´Friede diesem Haus!` Und wenn dort Menschen leben, die Frieden lieben, wird euer Friede auf ihnen ruhen. Wenn aber nicht, wird der Friede auf euch zurückkommen. Bleibt in diesem Haus, esst und trinkt, was von ihnen kommt. Denn wer arbeitet, hat Lohn verdient. Geht nicht von einem Haus zum anderen. Und wenn ihr in einen Ort kommt und Aufnahme findet, so esst, was euch gegeben wird. Heilt die Schwachen am Ort und sagt ihnen: ´Das Reich Gottes ist nahe zu euch gekommen!` Wenn ihr aber in einen Ort kommt, wo ihr keine Aufnahme findet, geht hinaus ins Weite und ruft: ´Wir schütteln den Staub von unseren Füßen, der sich von eurem Ort an uns geklebt hat! Trotzdem wisset: Das Reich Gottes ist nahe herbeigekommen!` Ich sage euch: Es wird Sodom am Gerichtstag erträglicher gehen als jenem Ort! -

 

Die 70 kehrten mit Freude zurück und sagten: „Herr, auch die dämonischen Kräfte haben sich uns in deinem Namen untergeordnet“. Er sagte zu ihnen: „Ich sah die satanische Macht wie einen Blitz aus dem Himmel herabstürzen. Seht, ich gab euch die Macht, auf Schlangen und Skorpione zu treten, sowie über die gesamte Kraft des Feindes – nichts wird euch mehr schaden können. Darüber hinaus freut euch nicht, dass die Geister und Mächte euch untergeordnet sind, aber freut euch, dass eure Namen in den Himmeln aufgeschrieben stehen!“

 

Lk 10, 1-12,17-20 Bibel in gerechter Sprache

 

Ohne Geld und Macht

Als ich mir die Textstelle bei Lukas vornahm, um mir Gedanken zu diesem Sonntagsbrief zu machen, fiel mir sofort die Meldung in den Frühnachnrichten ein: Kardinal Marx hält den Zölibat für unverzichtbar in der katholischen Kirche. Begründung:

1. Es gibt eine lange Tradition (seit dem 12. Jh.-....  Ist das lange?)

2. Der Zölibat ist die Lebensform Jesu und da der Priester Christus stellvertretend darstellt, müsse er auch diese Lebensform annehmen.

Woher weiß Kardinal Marx, dass Jesus unverheiratet war? Die Evangelien beschreiben ja nur die 3 Jahre seines Lebens, in denen er in der Öffentlichkeit lehrte und heilte. Da war er schon 30 Jahre alt. Es finden sich in den Evangelien keine Hinweise auf die Lebensform; es sei denn, man gibt der Begleitung der Apostelin Maria Magdalena Bedeutung. In den apokryphen Evangelien, besonders in dem der Maria Magdalena, finden sich schon Hinweise, die auf eine sehr enge Beziehung zu ihr schließen lassen. Die Jünger, die Jesus aussendet, sind alle verheiratet und haben Familien. Das, was Jesus ihnen auf den Weg der Verkündigung mitgibt, ist, dass sie  o h n e   Geld,  o h n e   Beutel,  o h n e   Schuhe gehen sollen, um den Menschen Frieden zu bringen. Sie sollen auch ohne jede Sicherung wie Schafe unter Wölfen sein, also keinerlei Machtansprüche stellen. Da fällt mir die Losung des evangelischen Kirchentages 2019 ein:  "Welch ein Vertrauen!"  In diesem Vertrauen sollen sie vom Reich Gottes künden, o h n e  Geld und Macht. Sollte nicht diese Lebensform ein Charakteristikum für die Sendboten Jesu sein? Er selbst hat es vorgelebt. Er war ein "Obdachloser", wenn er auf die Ansage "Ich will Dir folgen" sagt, "Die Füchse haben Höhlen und die Vögel des Himmels Nester. Wir haben keinen Ort, wo wir uns ausruhen können." (Lk. 9,58).  Das ist die Lebensform Jesu. Wie sähe unsere Kirche aus, wenn man das in die heutige Zeit übersetzen könnte? Papst Franziskus hat das ja ansatzweise getan, indem er - im Gegensatz zu seinen Amtsvorgängern - in einer Schlichtheit zu leben versucht, die ihn so menschlich und sympathisch macht.

Wäre diese Tradition nicht eine überzeugendere als die Tradition des Zölibats? Margot Käßmann sagt zum Thema Tradition: "Tradition ist gut, wenn sie Menschen beheimatet. Aber sie muss verändert werden, wenn sie Menschen ausgrenzt." Wie viele Menschen grenzt der Zölibat aus!!! Da sind alle, die ihrem Herzen, ihrer Liebe zu einer Frau gefolgt sind und ihren Beruf als Priester aufgeben mussten, alle die sich von Gott zum Seelsorger berufen fühlen, aber Nähe und Beziehung brauchen, um Kraft schöpfen zu können für eine solche Tätigkeit.

Im Herbst 2019 findet in Rom die Amazonas-Konferenz statt, die sich mit dem Priestermangel in Südamerika beschäftigen wird. Viele Hoffnungen sind an diese Versammlung geknüpft, denn auch Europa ist von diesem Problem betroffen und die Zusammenlegung von Gemeinden ist  keine Lösung. Das wird immer deutlicher. So bleibt die große Hoffnung, dass in Rom endlich das Wort Jesu gilt: "Wer die Hand an den Pflug legt und nach hinten blickt, ist nicht geeignet für das Reich Gottes!"  (Lk.9,62)

 

Eva Maria Kiklas

Bildnachweis:

 Jan Tielens 2015-10-18; Kuppel und Decke im Petersdom   

 

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