Sonntagsbrief zum 13. Sonntag im Jahreskreis, 26. Juni 2016

25. Juni 2016 von Sigrid Grabmeier

Freiheit – nicht Zügellosigkeit!

Am Ufer des Tejo in Lissabon, Foto: © Sigrid GrabmeierZur Freiheit hat Christus uns befreit! Bleibt daher standhaft und lasst euch nicht wieder unter das Joch der Sklaverei zwingen!

Geschwister, ihr seid zur Freiheit berufen! Doch gebraucht eure Freiheit nicht als Vorwand, um die Wünsche eurer selbstsüchtigen Natur zu befriedigen, sondern dient einander in Liebe. Denn das ganze Gesetz ist in einem einzigen Wort zusammengefasst, in dem Gebot: „Du sollst deine Mitmenschen lieben wie dich selbst.“ Wenn ihr jedoch ´wie wilde Tiere aufeinander losgeht,` einander beißt und zerfleischt, dann passt nur auf! Sonst werdet ihr am Ende noch einer vom anderen aufgefressen.

Was will ich damit sagen? Lasst den Geist ´Gottes` euer Verhalten bestimmen, dann werdet ihr nicht mehr den Begierden eurer eigenen Natur nachgeben. Denn die menschliche Natur richtet sich mit ihrem Begehren gegen den Geist ´Gottes`, und der Geist ´Gottes` richtet sich mit seinem Begehren gegen die menschliche Natur. Die beiden liegen im Streit miteinander, und jede Seite will verhindern, dass ihr das tut, wozu die andere Seite euch drängt. Wenn ihr euch jedoch vom Geist ´Gottes` führen lasst, steht ihr nicht mehr unter ´der Herrschaft` des Gesetzes.

Galater 5,1; 13-18
Neue Genfer Übersetzung

Eigentlich sprechen diese Zeilen für sich selbst. Und ich kann nur einladen, diese Textstelle in einzelnen Sätzen mehrfach zu lesen, womöglich laut, sich auf der Zunge zergehen und in Herz und Hirn eindringen zu lassen.

Da ist z.B dieser Satz: „Wenn ihr jedoch ´wie wilde Tiere aufeinander losgeht,` einander beißt und zerfleischt, dann passt nur auf! Sonst werdet ihr am Ende noch einer vom anderen aufgefressen.“ - Das erleben wir doch in der aktuellen politischen Situation fast täglich. Wie leicht ist es, das Angebot der Polarisierung anzunehmen anstatt im Gegner den Menschen zu sehen und die mühsame Arbeit der Differenzierung auf sich zu nehmen. Wie leicht ist es, sich den eigenen Ängsten hinzugeben und nicht mehr genau hinzuschauen. Wie leicht ist es, den lauten Parolen Glauben zu schenken, auf jedweder Seite, und nicht mehr auf die leisen Töne zu achten.

Oder wir erleben es, wenn ohne Sinn und Verstand wertvolle Urwälder in Asien und Südamerika abgeholzt werden um Land für Palmplantagen, Sojaanbau oder Kohleabbau zu gewinnen. Menschen werden um ihren Lebensraum gebracht, arbeiten unter menschenunwürdigen Bedingungen und sensible Ökosysteme werden zerstört, für einen kurzfristigen Gewinn, zum Wohle der Stärkeren, zum Schaden der Allgemeinheit und der zukünftigen Generationen.

Und wir erleben es in Akten des Terrors und der Vernichtung, wenn Menschen sich anmaßen, als Herren über Leben und Tod zu agieren, anderen das Recht auf Leben absprechen. Der Satz „Sonst werdet ihr am Ende noch einer vom anderen aufgefressen.“ macht es deutlich: Jeder Akt der Gewalt hat Konsequenzen, es bleibt nicht bei einer einseitigen Handlung.

Im übernächsten Satz finden wir die Begründung:

„Denn die menschliche Natur richtet sich mit ihrem Begehren gegen den Geist ´Gottes`, und der Geist ´Gottes` richtet sich mit seinem Begehren gegen die menschliche Natur.“ oder wie es in der Bibel in gerechter Sprache übersetzt ist:

„Denn der herrschaftshörige Impuls begehrt gegen die Geistkraft auf; die Geistkraft aber gegen die Herrschafts-Hörigkeit: Diese beiden sind das wirkliche Gegensatzpaar, und deswegen tut ihr nicht, was ihr eigentlich tun wollt.“ - Um so mehr müssen wir uns den Anfang dieser Textstelle wieder vor Augen führen: `Geschwister, wir sind zur Freiheit berufen! Lasst uns unsere Freiheit nicht als Vorwand gebrauchen, um die Wünsche unserer selbstsüchtigen Natur zu befriedigen, sondern einander dienen in Liebe.´

Einen Segens-reichen, Geist-vollen Sonntag wünsche ich Euch und Ihnen allen
Sigrid Grabmeier

Bildnachweis: Am Ufer des Tejo in Lissabon, Foto: © Sigrid Grabmeier

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