Sonntagsbrief zum 13. Sonntag im Jahreskreis, 2. Juli

1. Juli 2023 von Sigrid Grabmeier

Gastfreundschaft

Die ihren Vater oder ihre Mutter mehr lieben als mich, passen nicht zu mir, und auch die, die ihre Söhne und Töchter mehr lieben als mich, passen nicht zu mir. Wer das eigene Kreuz nicht aufnimmt und mir nachfolgt, passt nicht zu mir. Wer das eigene Leben findet, wird es verlieren, und wer das eigene Leben meinetwegen verloren hat, wird es finden. 

Die euch aufnehmen, nehmen mich auf, und die mich aufnehmen, nehmen die Macht auf, die mich gesandt hat. Diejenigen, die einen Propheten oder eine Prophetin aufnehmen, weil sie prophetisch leben, empfangen Prophetenlohn, und die Gerechte aufnehmen, weil sie gerecht leben, empfangen den Lohn der Gerechten. Diejenigen, die einem dieser Geringen auch nur einen Becher mit frischem Wasser geben, weil diese Geringen leben wie Jünger und Jüngerinnen Jesu, wahrhaftig, ich sage euch, sie werden nicht um ihren Lohn kommen.

 

Mt 10, 37-42 Bibel in gerechter Sprache

 

Gastfreundschaft 

Dies ist aller Gastfreundschaft tiefster Sinn, 
dass ein Mensch dem andern Rast gibt 
auf der großen Wanderschaft zum ewigen Zuhause. 
                                        Romano Guardini

 

 

Dieser Satz beeindruckte mich, als ich zum ersten Mal im Haus meiner späteren Schwiegereltern zu Gast war. Er hing neben der Eingangstür. Sie hatten ihn von Pater Leppich als Geschenk erhalten, der öfter bei Ihnen übernachtet hatte. Natürlich kannte ich damals als junge Frau das Wort Gastfreundschaft schon, aber weder gehörte es zu meinem aktiven Wortschatz noch hatte ich je tiefer darüber nachgedacht. Als Kind hatte ich sie tatsächlich oft erfahren, bei Nachbarn, bei meinen „Adoptivgroßeltern“, bei den Eltern von Freundinnen, in der Familie meines Onkels. 

 

Dieses Geschenk der Gastfreundschaft wurde mir mit diesem Satz mehr und mehr bewusst. Das lateinische Wort für Gast heißt conviva, im Portugiesischen bedeutet conviva Zusammenleben. Zu Gast sein oder Gastgeberin zu sein bedeutet für mich, aneinander Anteil zu nehmen, die anderen zu würdigen, etwas von mir selbst herzugeben. 

 

In meiner Kirchengemeinde gibt es ein Projekt, einmal im Monat gibt es ein „Gemeinsames Essen“, das von einigen Frauen und Männern vorbereitet wird und zu dem auf verschiedenen Kanälen eingeladen wird. Es kommen einsame, finanziell schlecht gestellte, psychisch belastete, körperlich beeinträchtigte, alte und junge Menschen verschiedener Herkunft. Einige sind seit Anfang an dabei und helfen engagiert mit, manche sind schüchtern, einige blühen richtig auf. Das Essen wird oft gespendet, die übrigen Kosten trägt die Pfarrgemeinde. Für uns Helfer und Helferinnen ist das jedesmal ein große Freude, ein kleines Fest. Für mich ist das der schönste Gottesdienst.

 

Wir selbst sind alle, wie das Kirchenlied sagt, nur Gast auf Erden, und so sollen wir uns auch benehmen. Gastfreundschaft ist ein Angebot, ein Geschenk, wenn wir es annehmen, müssen wir sorgsam damit umgehen, dankbar sein. Gott schenkt uns Gastfreundschaft, die wir selbst weitergeben können. 

 

Ich wünschen Ihnen allen eine gastfreundliche Zeit.

Sigrid Grabmeier

 

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