Sonntagsbrief zum 13. Sonntag im Jahreskreis, 1. Juli 2018

29. Juni 2018 von Sigrid Grabmeier

Berührung im Vertrauen

The Creation Michelangelo Italy Vatican - Creative Commons by gnuckx

Als Jesus mit dem Boot ans andere Ufer übersetzte, versammelte sich wieder eine große Menschenmenge um ihn, und er blieb dicht am See stehen. Da kam Jaïrus, vom Vorstand der Synagoge, sah ihn und fiel vor seinen Füßen nieder. Jaïrus bat ihn eindringlich: „Meine Tochter liegt im Sterben. Komm doch und lege die Hände auf sie, damit sie gesund wird und lebt.“ Da ging Jesus mit ihm.

Eine große Menschenmenge folgte Jesus nach und drängte sich um ihn. Da gab es eine Frau, die seit zwölf Jahren an Blutungen litt und von vielen Ärzten vieles erlitten hatte. Sie hatte ihr ganzes Hab und Gut eingesetzt und ihr war doch nicht geholfen worden. Stattdessen wurde ihre Krankheit immer schlimmer. Die hörte von Jesus, näherte sich in der Menschenmenge und berührte von hinten sein Gewand. Denn sie sagte sich: „Wenn ich ihn berühre, und sei es nur sein Gewand, werde ich gesund werden.“ Im gleichen Augenblick hörte ihr Blut auf zu fließen, und sie spürte an ihrem Körper, dass sie von ihrem Leiden befreit war. Gleichzeitig fühlte auch Jesus an sich, wie die Kraft aus ihm herausfloss, drehte sich in der Menschenmenge um und fragte: „Wer hat mich am Gewand berührt?“ Da sagten seine Jüngerinnen und Jünger zu ihm: „Du siehst doch, wie die Menschenmenge sich um dich drängt, und du fragst: Wer hat mich berührt?“ Jesus blickte sich weiter nach der um, die dies getan hatte. 33Die Frau fürchtete sich und bebte, denn sie hatte begriffen, was mit ihr geschehen war. Sie trat vor, warf sich vor ihm nieder und sagte ihm die ganze Wahrheit. Da antwortete er ihr: „Tochter Gottes, dein Vertrauen hat dich gesund gemacht. Gehe hin in Frieden, und sei dauerhaft von deinem Leiden geheilt.“

Als er noch redete, kamen ihnen Bedienstete aus dem Haus des Synagogenvorstehers entgegen und riefen: „Deine Tochter ist gestorben. Was behelligst du den Lehrer noch?“ Jesus hörte das Gesagte und sprach zu Jaïrus: „Fürchte dich nicht, hab nur Vertrauen!“ Und niemand durfte ihm folgen außer Petrus, Jakobus und dessen Bruder Johannes. Als sie ins Haus des Synagogenvorstehers kamen, hörte Jesus lauten Tumult und wie Leute heftig weinten und klagten. Da ging er hinein und sagte zu ihnen: „Warum macht ihr solchen Lärm und weint? Das Kind ist nicht gestorben, es schläft nur.“ Da lachten sie Jesus aus. Er aber warf alle hinaus, nahm den Vater und die Mutter des Kindes und die bei ihm waren und trat ins Zimmer, wo das Mädchen lag. Jesus ergriff die Hand des Mädchens und sagte zu ihr: „Talitha kumi!“, das heißt übersetzt: „Junge Frau, ich sage dir, steh auf von deiner Krankheit!“ Die junge Frau – sie war nämlich schon zwölf Jahre alt – stand sogleich auf und ging umher. Die Menschen gerieten völlig außer sich vor Begeisterung und Entsetzen. Doch Jesus trug ihnen eindringlich auf: „Niemand soll von meinem Tun erfahren. – Und gebt der jungen Frau gleich etwas zu essen.“

Mk 5, 21-43 Bibel in gerechter Sprache

 

Berührung im Vertrauen

Zwei Gedanken kamen mir beim Lesen dieser Perikope:

Da ist einmal das Geschehen um die Frau, die schon so viele Jahre an Blutungen litt. Indem sie  Jesus berührte, wurde sie geheilt, was vorher keinem der Ärzte gelang. Das ließ mich wieder an den Ausspruch von Dorothee Sölle in einem Vortrag denken, dass Menschen die Liebe Gottes durch Menschen erfahren, in denen Gottes Kraft - die Liebe - wohnt; so auch in dem Menschen Jesu in der Begegnung, der Berührung dieser Frau, die als unrein galt, sowie in der Auferweckung der tot geglaubten Tochter des Jairus, in dem er sie an der Hand nimmt und ins Leben holt. Wenn wir uns berühren lassen vom Leid und der Not anderer Menschen, dann fließt Gottes Kraft in uns und gibt uns die Möglichkeit, Heil zu bringen, auch wenn wir dabei Traditionen und Gesetze außer Acht lassen. Wir Menschen sind der verlängerte Arm Gottes, so wie es Jesus war.

Mein zweiter Gedanke kam mir, als ich, wie ich immer, den Text in der Einheitsübersetzung mit dem der Bibel in gerechter Sprache verglich. Während in den anderen Übersetzungen Jesus der Frau sagte, ihr Glaube habe sie gerettet und dem Synagogenvorsteher auffordert zu "glauben", steht in der Bibel in gerechter Sprache das Wort „Vertrauen“. Ich finde, es ist ein noch stärkeres Wort als das Wort „Glaube“, weil es eine Beziehung bedeutet. Ein Du steht gegenüber, ein Mensch, der mich berührt und umarmt, durch den Gott wirken kann.

Und müsste sich nicht unsere Kirche auch berühren lassen von dem Leid so vieler konfessionsverbindender Ehepaare, die sich so sehnlichst wünschen, gemeinsam Eucharistie feiern zu können, dem Sakrament der Liebe und der Gemeinschaft mit Jesus und untereinander? Welche Kraft könnte freigesetzt werden für die Ökumene und für unsere Kirche?! Publikforum titelt: „Der Ökumene droht der Totalschaden.“ Ich fürchte, nicht nur der Ökumene.

„ Ecclesia , quo vadis“!

Vergessen Sie nicht, die Petition zur Rettung der Ökumene an den Papst zu unterschreiben!

Es grüßt Sie alle

Eva-Maria Kiklas

Postskriptum: Nachdem ich meinen Text abgeliefert hatte, kam die Nachricht, dass die DBK nun doch die Handreichung herausgegeben hat. Ein Hoffnungszeichen! Ganz im Sinne von Wir-sind-Kirche: Tun, was der Geist den Gemeinden sagt.

Bildnachweis:

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