Sonntagsbrief zum 11. Sonntag im Jahreskreis, 18. Juni 2017

13. Juni 2017 von Sigrid Grabmeier

Versöhnung durch Vor-Leben

Pablo Hannemann: Versöhnung.

Der Messias ist schon zu der Zeit, als wir noch kraftlos waren, für die gestorben, die Unrecht tun. Selten ist jemand für einen gerechten Menschen gestorben – möglicherweise nimmt jemand das Wagnis auf sich, für einen guten Menschen zu sterben. Gott schenkte uns dadurch Liebe, dass der Messias für uns starb, als wir noch der Sündenmacht dienten. Umso gewisser sind wir durch sein Blut jetzt! gerecht gesprochen und werden durch ihn vor dem Zorngericht gerettet. Denn wenn wir mit Gott durch den Tod des Sohnes versöhnt wurden, als wir noch verfeindet waren, so werden wir umso gewisser als Versöhnte durch Christi Lebensmacht gerettet werden. Aber nicht nur dies allein: Wir können uns Gottes glücklich preisen durch Jesus, den Messias, dem wir gehören, durch den wir jetzt! Versöhnung empfangen.

Röm 5, 6-11 Bibel in gerechter Sprache

 

Nein, ich widerspreche. Es sind diese Stellen in der Bibel, die mir immer schon Probleme bereiten: Jesus, Sohn Gottes, Messias, hat uns durch seinen Tod erlöst. Nein. Durch sein Leben. Mit seinem Vor-Leben, mit seiner Botschaft hat er uns den Weg zur Befreiung aufgezeigt. Systematisch wurde dieses Leben in der Kirchengeschichte aus der Verkündigung gedrängt. Es hat keinen Platz im Glaubensbekenntnis, es wurde erst mit der Reformation zu einem relevanten Thema der Bildkunst, in den Hochgebeten spielt es selten eine Rolle. Er musste mit seinem Tod nicht unsere Sünden sühnen. Nein. Er hat uns mit seinem Leben gezeigt, wie wir leben, mit einander umgehen sollen, wie wir nicht aneinander schuldig werden, uns zu unseren Fehlern bekennen, wie Umkehr, Versöhnung und Neuanfang gelingen. Er hat die Liebe Gottes so unverschämt verkündet, die Ungerechtigkeit der Welt angeprangert, das Unterste zu oberst gekehrt und ist so anstößig geworden, dass er das auch mit seinem Leben bezahlen musste. Er ist anstößig geworden, damit wir uns anstoßen lassen. Er stößt uns an, damit wir Versöhnung untereinander und mit Gott leben.

Sigrid Grabmeier

 

Bild © Axel Mauruszat

Pablo Hannemann: Versöhnung. Bronze, 1979. Rathaus Wilmersdorf, Fehrbelliner Platz 4

Die ca. 1m hohe Bronzeskulptur stammt von dem deutsch-jüdischen in Berlin 1908 geborenen und 1938 nach Argentinien emigrierten Bildhauer Pablo Hannemann. Er hat sie 1978 der Stadt Berlin als Geschenk angeboten. 1979 entschied der damalige Regierende Bürgermeister Dietrich Stobbe anlässlich des zehnjährigen Bestehens des Besuchsprogramms für ehemalige verfolgte Berliner, dass dieses Werk einen Standort im damaligen Bezirk Wilmersdorf bekommen sollte. Es wurde auf Wunsch und in Abstimmung mit dem Künstler im Juli 1979 im Rundhof des Rathauses Wilmersdorf aufgestellt. Am 22.01.2004 wurde der Beschluss gefasst, die Skulptur ab November 2004 zwischen den beiden Gedenktafeln für die Opfer von Willkür und Gewalt aufzustellen.  

 

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