Sonntagsbrief zu Allerheiligen 1. November 2016

31. Oktober 2016 von Barbara Dominguez

Blick in den Himmel

Blick in den Himmel © (2011) Barbara DominguezJesus sah die Volksmenge an und stieg auf den Berg. Als er sich hingesetzt hatte, kamen seine Jüngerinnen und Jünger zu ihm. Und er begann feierlich zu reden und lehrte sie: „Selig sind die Armen, denen sogar das Gottvertrauen genommen wurde, denn ihnen gehört Gottes Welt. Selig sind die Trauernden, denn sie werden getröstet werden. Selig sind die Sanftmütigen, denn sie werden das Land erben. Selig sind die, die nach Gerechtigkeit hungern und dürsten, denn sie werden satt werden. Selig sind die Barmherzigen, denn sie werden Barmherzigkeit erfahren. Selig sind die, die reinen Herzens sind, denn sie werden Gott sehen. Selig sind die, die für den Frieden arbeiten, denn sie werden Töchter und Söhne Gottes heißen. Selig sind die, die verfolgt werden, weil sie die Gerechtigkeit lieben, denn ihnen gehört Gottes Welt. Selig seid ihr, wenn sie euch um meinetwillen beschimpfen, verfolgen und böse Lügen über euch verbreiten. Freut euch und singt laut, weil euer Lohn bei Gott groß ist.“

Mt 5, 1-12a
Bibel in gerechter Sprache

O when the saints go marching in, o Lord, I want to be in that number! Wie lange das schon her ist, dass wir solche Lieder gesungen haben. Und ich kann mich gut an mein Gefühl erinnern: ja, da möchte ich dabei sein, wenn die Heiligen auferstehn. Als junge Menschen damals nahmen wir das einfach als selbstverständliche Tatsache hin, dass es einmal so sein wird, ganz unbefangen. Und heute?

Im Glaubensbekenntnis sprechen wir es immer wieder aus: Ich glaube an die Gemeinschaft der Heiligen, ich glaube an die Aufersteheung der Toten und das ewige Leben. Ein ganz schwieriges, intimes Thema, zu dem wir alle unseren eigenen, persönlichen Zugang suchen sollten. Ob wir Antworten finden?

Die Suche nach dem Glauben an die Auferstehung reicht weit zurück ins Alte Testament. Israel lebte ungefähr 1000 Jahre ohne Jenseitshoffnung. Jahrhundertelang aber hat es die bedingungslose Liebe und Treue Jahwes erfahren und so zum Glauben an die Auferstehung gefunden: mit Moses befreite Gott die Israeliten aus der Knechtschaft Ägyptens und führte sie später aus dem Babylonischen Exil. Durch die Propheten war Gott in Zeiten politischer und religiöser Orientierungslosigkeit den Menschen nahe. Immer wieder begegnete Israel also seinem Gott Jahwe. Der Glaube, dass dieser Gott wirklich das Leben und die Menschen liebt und ihnen treu bleibt, konnte sich so festigen. Das war die Voraussetzung, dass sich ab dem 3. Jahrhundert vor Christus die Hoffnung auf die Auferstehung entwickeln konnte. Der liebende, treue Gott wird auch über den Tod hinaus der Freund der Menschen bleiben und die Verstorbenen zum Leben erwecken.. Die Liebe ist stärker als der Tod.

Der jüdisch-christliche Auferstehungsglaube ist also nicht aufgrund eines Wunsches nach Unsterblichkeit entstanden. Er ist nicht das Resultat oder die Projektion menschlicher Sehnsüchte. Der Mensch ist vielmehr durch die Erfahrungen mit Gott in einer extrem schwierigen und lebensbedrohlichen Zeit zu dieser Hoffnung gekommen. Auferstehung hat also von ihrem Ursprung her immer auch etwas mit „Aufstehen“ gegen Ungerechtigkeit und Unheil in der Geschichte zu tun.

Mir gefallen die schlichten Aussagen von Kurt Marti (* 31. Januar 1921, Schweiz, Pfarrer und Schriftsteller) so gut, weil sie nicht kompliziert theologisieren, aber trotzdem ausdrücken, dass Auferstehung ein Geheimnis bleibt und unsere Vorstellungskraft einfach übersteigt:

Auferstehung
Ihr fragt, wie ist die Auferstehung der Toten? Ich weiß es nicht.
Ihr fragt, wann ist die Auferstehung der Toten? Ich weiß es nicht.
Ihr fragt, gibt´s eine Auferstehung der Toten? Ich weiß es nicht.
Ihr fragt, gibt´s keine Auferstehung der Toten? Ich weiß es nicht.
Ich weiß nur, wonach ihr nicht fragt: Die Auferstehung derer die leben.
Ich weiß nur, wozu er uns ruft: Zur Auferstehung heute und jetzt.

Allerheiligen ist ein Fest!
Barbara Dominguez

Bildnachweis: Blick in den Himmel © (2011) Barbara Dominguez

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