Sonntagsbrief zu Allerheiligen, 1. November 2015

31. Oktober 2015 von Eva-Maria Kiklas

Seligmachende Gerechtigkeit für die Heiligen Gottes

Sonntagsbrief zu Allerheiligen, 1. November 2015

Bild zum Sonntagsbrief - AusgrenzungJesus sah die Volksmenge an und stieg auf den Berg. Als er sich hingesetzt hatte, kamen seine Jüngerinnen und Jünger zu ihm. Und er begann feierlich zu reden und lehrte sie: „Selig sind die Armen, denen sogar das Gottvertrauen genommen wurde, denn ihnen gehört Gottes Welt. Selig sind die Trauernden, denn sie werden getröstet werden. Selig sind die Sanftmütigen, denn sie werden das Land erben. Selig sind die, die nach Gerechtigkeit hungern und dürsten, denn sie werden satt werden. Selig sind die Barmherzigen, denn sie werden Barmherzigkeit erfahren. Selig sind die, die reinen Herzens sind, denn sie werden Gott sehen. Selig sind die, die für den Frieden arbeiten, denn sie werden Töchter und Söhne Gottes heißen. Selig sind die, die verfolgt werden, weil sie die Gerechtigkeit lieben, denn ihnen gehört Gottes Welt. Selig seid ihr, wenn sie euch um meinetwillen beschimpfen, verfolgen und böse Lügen über euch verbreiten. Freut euch und singt laut, weil euer Lohn bei Gott groß ist.“

Matth 5, 1-12a
Bibel in gerechter Sprache

Als ich mir in Vorbereitung des Sonntagsbriefes diese Stelle bei Matthäus durchlas, verblüffte mich die Aktualität dieser Frohen Botschaft. Sie scheint mir in die politische Situation unserer Zeit hinein gesprochen zu sein. Die Bergpredigt und die Abschiedsreden Jesu sind für mich die zentralen Aussagen des Neuen Testamentes. Geht es in den Abschiedsreden um meine Beziehung zum Nächsten, in dem uns Jesus begegnet, so behandelt die Bergpredigt unsere Beziehung zu unserer Gesellschaft und zu unserer Welt, in der wir leben, und um unsere Aufgabe, am Aufbau des Reiches Gottes mitzuarbeiten.

Aufgefallen ist mir an dieser Textstelle, dass zweimal das Wort Gerechtigkeit auftaucht: einmal aus der Sicht derer, die unter Ungerechtigkeit leiden und das andere Mal als Aufforderung, Gerechtigkeit zu schaffen. Dass das eine schwierige und gefährliche Aufgabe ist, das stellt Jesus den Menschen seiner Zeit vor Augen. Diese Realität gilt heute noch immer. Denken wir an die vielen Regimekritiker, die in den Gefängnissen sitzen oder umgebracht wurden und werden. Es steht wohl außer Zweifel, dass die Krisen, die uns in letzter Zeit heimgesucht haben, die Folgen von Ungerechtigkeiten sind. Wenn etwa 20% der Menschheit 80% des Reichtums besitzen, dann ist das eine eklatante Ungerechtigkeit, deren Folgen wir jetzt in der Flüchtlingswelle und in den Kriegen in den Kriesengebieten der Welt zu spüren bekommen.

Auch die Krise der katholischen Kirche hat mit Ungerechtigkeiten zu tun, unter denen besonders die Frauen zu leiden haben, Ungerechtigkeiten, die durch Klerikalismus und Zentralismus die Gewissensfreiheit der Gläubigen einschränken und das Wehen des heiligen Geistes behindern. Angesichts der Weltlage sollte die Kirche weniger um sich selbst kreisen sondern die Aufgabe, Wegbereiterin für Frieden und Gerechtigkeit zu sein, wahrnehmen. Das ist ja offenbar auch das Anliegen von Papst Franziskus. Und denen, die sich um Gerechtigkeit bemühen, gilt die Verheißung: „Ihnen gehört Gottes Welt.“

In dieser Hoffnung wünsche ich allen einen gesegneten Sonntag.
Eva-Maria Kiklas

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