Samstag der dritten Adventwoche, 21. Dezember 2024
Sende dein Licht und deine Wahrhaftigkeit!
Sie sollen mich leiten und mich zu deinem heiligen Berg bringen,
zu den Orten deiner Gegenwart.
Psalm 43,3 Bibel in gerechter Sprache
Heiliges Vertrauen
Konstitutiv für die Demokratie ist, dass dieses Grundvertrauen in der gesamten Gesellschaft bei allen Beteiligten funktioniert, dass in diesen Mechanismen von Macht, Gegenmacht, Konkurrenz und Kontrolle im Prinzip die Menschen, die Macht in den Händen haben, dazu gezwungen, aufgerufen oder genötigt werden, Macht nach den vorgesehenen Regeln und Verfahren auszuüben. In diesem Grundvertrauen schwingt das mit, was der Staatsrechtler Ernst-Wolfgang Böckenförde gesagt hat: Die Demokratie beruht auf Voraussetzungen, die sie selber nicht schaffen kann. Diese Aussage wird manchmal etwas zu eng ausgelegt, wenn davon ausgegangen wird, dass Böckenförde damit Religion und Kirche meint. Es sind jedoch noch ganz andere Dinge gemeint: Werte wie Anstand, Solidarität, Familiarität usw. Der Vertrauensbegriff hat also etwas Unbestimmtes, er ist aber auch auf dieses Unbestimmte angewiesen, damit das Grundvertrauen in der Gesellschaft funktioniert.
Ich möchte das Vertrauen in der Gesellschaft in einen Grundzusammenhang einordnen, weil für mich Politik und Kommunikation zwar zusammengehören, aber die Kommunikation nicht von politischen Prozessen abgetrennt werden kann. Sie ist Teil von Politik. Aber ein Teil von Politik ist immer auch der Stoff, den sie überarbeitet. Den großen Vertrauensverlust in unserer Gesellschaft möchte ich grundsätzlich so erklären: ich vertrete die These, dass der harte Kern der seit zwei Jahrzehnten um sich greifenden Politikverdrossenheit auf das Unvermögen der Politik zurückzuführen ist, das Gerechtigkeitsversprechen des demokratischen sozialen Staates einzulösen. Die Globalisierung hat alte Fragen des vordemokratischen Kapitalismus wieder auf die Tagesordnung gesetzt, und zwar vor allem die Privilegierung der Wirtschaft vor anderen sozialen Gruppen, die Bedeutung der Herkunft für den Lebenserfolg und die sich immer mehr öffnende schere zwischen ganz oben und ganz unten. Es ist ein neuer Status der Ungleichheit in unseren Gesellschaften feststellbar. sehr vereinfacht will ich es so beschreiben: wir haben die obersten Klassen unserer Gesellschaft in die Verantwortungslosigkeit entlassen. wir werden ihrer nicht mehr habhaft, wenn sie die Demokratieprinzipien der Haftung, der Verantwortung und Selbstbegrenzung brechen. In den unteren Schichten existieren andere Parallelgesellschaften. Sie fühlen sich abgehängt, nicht mehr an der Demokratie beteiligt und haben jede Erwartung an die Demokratie verloren. alle, die dazwischen stecken, tragen die Lasten dieser auseinandergehenden Schere.
Tissy Bruns Die Medien – Vermittlung oder Störfaktoren bei der Vertrauensbildung
Friedrich Ebert Stiftung Denkwerkstatt Politik und Vertrauen 2011
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