Sonntagsbrief zum 02. April 2015, Gründonnerstag

1. April 2015 von Eva-Maria Kiklas

„Das Sich-Kümmern, das Behüten verlangt Güte, es verlangt danach, mit Zärtlichkeit gelebt zu werden“ (Papst Franziskus am 19. 3. 2013)

Zum Gründonnerstag

Vor dem Pessachfest wusste Jesus, dass seine Zeit gekommen war und er aus dieser Welt weg und zu Gott, seinem Ursprung, gehen würde. Und wie er alle, die in der Welt zu ihm gehören, immer geliebt hatte, liebte er sie bis zum Ende. Bei einem Essen, als die teuflische Macht schon Judas, dem Sohn von Simon Iskariot, eingegeben hatte, Jesus auszuliefern, wusste Jesus, dass Gott ihm alles anvertraut hatte, und dass er von Gott hergekommen war und wieder zu Gott gehen würde. Da stand er vom Essen auf, zog seine Kleider aus, nahm eine Schürze und band sie sich um. Dann goss er Wasser in die Schüssel und begann die Füße der Jüngerinnen und Jünger zu waschen und sie mit der Schürze, die er umgebunden hatte, abzutrocknen. Als er zu Simon Petrus kam, sagte der zu ihm: »Rabbi, du willst mir die Füße waschen?« Jesus antwortete und sagte zu ihm: »Was ich mache, verstehst du jetzt nicht, du wirst es aber später begreifen.« Petrus sagte zu ihm: »Du sollst mir bestimmt niemals die Füße waschen!« Jesus antwortete ihm: »Wenn ich dich nicht wasche, gehörst du nicht zu mir.« Simon Petrus sagte zu ihm: »Rabbi, wasche nicht nur meine Füße, sondern auch die Hände und den Kopf!« Jesus sagte ihm: »Wer gewaschen ist, braucht nichts – außer dass die Füße gewaschen werden –, sondern ist ganz rein. Ihr seid rein, aber nicht alle.« Denn er wusste, wer ihn ausliefern würde. Deshalb sagte er: »Ihr seid nicht alle rein.«

Als er ihnen die Füße gewaschen hatte, nahm er seine Kleider und legte sich wieder hin. Er sagte zu ihnen: »Versteht ihr, was ich für euch getan habe? Ihr habt euch mir angeschlossen und lernt von mir, ihr verehrt mich und gehorcht mir, und das ist gut und angemessen. Ich bin euer Lehrer und Herr – wenn nun ich euch die Füße gewaschen habe, dann seid auch ihr verpflichtet, einander die Füße zu waschen. Denn ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr füreinander tut, was ich für euch getan habe.

Joh13, 1-15
Bibel in gerechter Sprache

Warum wohl hat Jesus das Zeichen einer Fußwaschung gewählt, als er seinen Jüngerinnen und Jüngern sein letztes Vermächtnis übergeben hat? Um Demut und Dienst – Bereitschaft darzustellen, wären auch andere von Sklaven auszuführende „Dienste“ möglich gewesen. Warum diese sehr intime Geste? Sicher wollte er Machtverhältnisse auf den Kopf stellen, aber vielleicht ging es auch darum, w i e das geschehen könnte. Auf diesen Gedanken brachten mich zwei Bilder von „Fußwaschungen“: einmal die Szene, in der Papst Franziskus am ersten Gründonnerstag seiner Amtszeit in einem Gefängnis den Insassen die Füße nicht nur wusch, sondern auch küsste. Die zweite Szene erlebte ich beim diesjährigen Weltgebetstag. Auch dort berührte mich , w i e dies geschah. Es war nicht nur Demut in diesen Handlungen, sondern auch Zärtlichkeit.

Papst Franziskus verwendete nach seinem Amtsantritt oft dieses Wort – sehr ungewöhnlich für einen Papst. So sagt er in seiner Predigt am 19.3.2013: „Wir dürfen keine Angst haben vor der Güte, ja, nicht einmal vor der Zärtlichkeit“. Jesus hatte keine Angst, als er sich von der sog. „Sünderin“ die Füße mit ihren Tränen waschen und mit ihren Haaren trocknen ließ. Vielleicht beruht die Faszination dieses Jesus darin, dass er Menschen heilte, in dem er ihnen mit Zärtlichkeit begegnete? Zärtlichkeit erfordert Berührung, sowohl körperlich als auch gefühlsmäßig.Vielleicht ist das im Zeitalter der Handys, Smartphones und virtuellen Kontakte genau das, was vielen Menschen fehlt, was sie gewalttätig und hasserfüllt sein lässt? Auf Kirchentagen und in Fußgängerzonen bieten junge Leute manchmal Umarmungen an. Haben sie damit eine Marktlücke entdeckt?

„Das Sich-Kümmern, das Behüten verlangt Güte, es verlangt danach, mit Zärtlichkeit gelebt zu werden.“ (Franziskus am 19. 3. 2013)

Eva-Maria Kiklas, Dresden

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